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Автор книги: Наталья Евгеньева


Жанр: Учебная литература, Детские книги


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1 Der Sohn von Erich Kästner wurde 1957 geboren. Das vorliegende Gedicht wurde 1931 verfasst. Stellen Sie Vermutungen an: Was erwartet der Autor von seinem Sohn, der noch nicht geboren ist? Welche Eigenschaften soll das Kind besitzen?

2 Lesen Sie das Gedicht und prüfen Sie, ob sich Ihre Hypothesen bestätigt haben.

E. Kästner
Brief an meinen Sohn
Lesehilfen

entgeistert – unangenehm überrascht, verstört

Vaux und Ypern – Orte, wo im ersten Weltkrieg verheerende Schlachten stattfanden

der Prophet – j-d, der sagt, er könne die Zukunft vorhersehen

über einen Leisten – nach ein und demselben Maßstab

 
Ich möchte endlich einen Jungen haben,
so klug und stark, wie Kinder heute sind.
Nur etwas fehlt mir noch zu diesem Knaben.
Mir fehlt nur noch die Mutter zu dem Kind.
 
 
Nicht jedes Fräulein kommt dafür in Frage.
Seit vielen langen Jahren such ich schon.
Das Glück ist seltner als die Feiertage.
Und deine Mutter weiß noch nichts von uns, mein Sohn.
 
 
Doch eines schönen Tages wird’s dich geben.
Ich freue mich schon heute sehr darauf.
Dann lernst du laufen, und dann lernst du leben,
und was daraus entsteht, heißt Lebenslauf.
 
 
Zu Anfang schreist du bloß und machst Gebärden,
bis du zu andern Taten übergehst,
bis du und deine Augen größer werden
und bis du das, was man verstehen muss, verstehst.
 
 
Wer zu verstehn beginnt, versteht nichts mehr.
Er starrt entgeistert auf das Welttheater.
Zu Anfang braucht ein Kind die Mutter sehr.
Doch wenn du größer wirst, brauchst du den Vater.
 
 
Ich will mit dir durch Kohlengruben gehen.
Ich will dir Parks mit Marmorvillen zeigen.
Du wirst mich anschaun und es nicht verstehn.
Ich werde dich belehren, Kind, und schweigen.
 
 
Ich will mit dir nach Vaux und Ypern reisen
und auf das Meer von weißen Kreuzen blicken.
Ich werde still sein und dir nichts beweisen.
Doch wenn du weinen wirst, mein Kind, dann will ich nicken.
 
 
Ich will nicht reden, wie die Dinge liegen.
Ich will dir zeigen, wie die Sache steht.
Denn die Vernunft muss ganz von selber siegen.
Ich will dein Vater sein und kein Prophet.
 
 
Wenn du trotzdem ein Mensch wirst wie die meisten,
all dem, was ich dich schauen ließ, zum Hohn,
ein Kerl wie alle, über einen Leisten,
dann wirst du nie, was du sein sollst: mein Sohn!
 

Anmerkung: Da der Autor, nach dem Erscheinen des Gedichts in einer Zeitschrift, Briefe von Frauen und Mädchen erhielt, erklärt er, vorsichtig geworden, hiermit: Schriftliche Angebote dieser Art werden nicht berücksichtigt.

(1931)

3 Erklären Sie die Widersprüchlichkeit der letzten Strophe.

4 Nennen und kommentieren Sie die Grundidee des Erziehungskonzepts von Erich Kästner.

5 Legen Sie die Grundideen Ihres eigenen Erziehungskonzepts dar.

1 Das Problem der Generationenverhältnisse ist das ewige Problem des menschlichen Daseins. Die maximalistische Weltanschauung von den Jugendlichen lässt sie hohe Forderungen an die Erwachsenen stellen.

2 Im vorliegenden Text wird die ältere Generation von der jüngeren zur Auseinandersetzung aufgefordert.

E. Kästner
Die Jugend hat das Wort
Lesehilfen

j-m etw. predigen – gespr; j-m immer wieder sagen, wie er sich verhalten soll

das Gehalt – das Geld, das ein Angestellter für seine Arbeit (mst jeden Monat) bekommt

mitunter – geschr; manchmal

j-n (zu etw.) bekehren – j-n dazu bringen, seine Weltanschauung zu ändern

 
1
Ihr seid die Ält’ren. Wir sind jünger.
Ihr steht am Weg mit gutem Rat.
Mit scharf gespitztem Zeigefinger
weist ihr uns auf den neuen Pfad.
 
 
Ihr habt das wundervoll erledigt.
Vor einem Jahr schriet ihr noch „Heil!“.
Man staunt, wenn ihr jetzt „Freiheit“ predigt
wie kurz vorher das Gegenteil.
 
 
Wir sind die Jüng’ren. Ihr seid älter.
Doch das sieht auch das kleinste Kind:
Ihr sprecht von Zukunft, meint Gehälter
und hängt die Barte nach dem Wind!
 
 
Nun kommt ihr gar, euch zu beschweren,
dass ihr bei uns nichts Recht’s erreicht?
O, schweigt mit euren guten Lehren!
Es heißt: Das Alter soll man ehren…
Das ist mitunter, das ist mitunter,
das ist mitunter gar nicht leicht.
 
 
2
Wir wuchsen auf in eurem Zwinger.
Wir wurden groß mit eurem Kult.
Ihr seid die Ält’ren. Wir sind jünger.
Wer älter ist, hat länger Schuld.
 
 
Wir hatten falsche Ideale?
Das mag schon stimmen, bitte sehr.
Doch was ist nun? Mit einem Male
besitzen wir selbst die nicht mehr!
 
 
Um unser Herz wird’s kalt und kälter.
Wir sind so müd und ohn Entschluss.
Wir sind die Jüng’ren. Ihr seid älter.
Ob man euch wirklich – lieben muss?
 
 
Ihr wollt erklären und bekehren.
Wir aber denken ungefähr:
„Wenn wir doch nie geboren wären!“
Es heißt: Das Alter soll man ehren…
Das ist mitunter, das ist mitunter,
das ist mitunter furchtbar schwer.
 
(1946)

3 Das Gedicht stammt aus dem Jahre 1946. Was würden heute die Jungen den Älteren vorwerfen?

4 Verfassen Sie eine Antwort an Stelle der Älteren, in dichterischer Form oder in Prosaform. Übernehmen Sie dazu den Bauplan des Kästner-Textes.

1.4 Kleine Kinder, ?kleine Sorgen … …

1 Was assoziieren Sie mit der Wortverbindung „ein ideales Kind“? Gibt es viele solche Kinder auf der Welt? Waren sie einst selbst „ein ideales Kind“? Möchten Sie ideale Kinder haben?

2 Lesen Sie das Gedicht von G. Jatzek. Wie könnte der Autor die Fragen der Aufgabe 1 beantworten?

G. Jatzek
Die Kinder mit dem Plus-Effekt
Lesehilfen

etw. knittert – etw. bekommt Falten; knitterfrei – so (weich), das es nicht knittert

stillhalten – nicht protestieren, sich nicht wehren

widerborstig – nur schwer glatt zu machen

kuschelweich – so weich (und warm), dass man die Berührung gern hat

etw. abdrehen – gespr; etw. stoppen, indem man einen Hahn schließt oder einen Schalter betätigt; abschalten, abstellen

 
Auf einer Haushaltsmesse wurden kürzlich
die idealen Kinder vorgestellt:
Sie sind mit Garantie sehr leicht zu pflegen,
knitterfrei und waschmaschinenfest.
 
 
Sie tragen immer blütenweiße Kleider,
wie man sie aus den Werbefilmen kennt.
Sie reißen in die Strümpfe keine Löcher,
das kommt von ihrem Stillhaltetalent.
 
 
Sie schreien nicht, sie flüstern stets bescheiden,
statt widerborstig sind sie kuschelweich.
Ihr Lieblingswort ist selbstverständlich „danke“,
wenn man sie ruft, dann kommen sie stets gleich.
 
 
Sie spielen nicht, sie üben auf der Geige,
sie trocknen das Geschirr mit Freude ab.
Wenn man sie streichelt, schnurren sie nur leise,
und hat man keine Zeit – dreht man sie ab:
 
 
Denn sie sind ziemlich einfach zu ernähren,
am Rücken ist ein Stecker angebracht.
Den schließt man mittels Kabel an den Stromkreis,
das lädt die Batterien auf über Nacht.
 

3 Lesen Sie einen Auszug aus der Erzählung von I. Keun über ein neunjähriges Mädchen, das ganz und gar kein ideales Kind ist. Das kleine Bengelmädchen wird aber von der Umgebung sehr oft als „göttliches Werkzeug“ wahrgenommen, weil seine übermütigen Streiche gegen die Ungerechtigkeit und Heuchelei der Erwachsenenwelt gerichtet sind.

I. Keun
Das Mädchen, mit dem die Kinder nicht verkehren durften
Auszug
Lesehilfen

der Hort – eine Einrichtung, in der Kinder betreut werden, während die Eltern tagsüber arbeiten

der Klimmzug – eine Turnübung, bei der man an einer Stange hängt, sich mit den Händen hält und den Körper langsam hochzieht

sich um j-n reißen – alles versuchen, um j-n zu bekommen

Ich möchte sterben. Wir haben ein neues Kind bekommen. Sie wollen mir erzählen, es käme vom Storch. Aber das glaube ich natürlich nicht, obwohl ich mir sage: irgendwo muss so ein Kind ja her sein. Vielleicht wissen die Erwachsenen es selbst nicht genau.

Alles ist dunkel und kalt. Wir haben einen heißen Sommer, aber ich habe einen hässlichen Winter ohne Schnee. Keiner liebt mich, und keiner verbietet mir was – ich darf alles tun, was ich will. Meine Mutter ist krank. Sie hat auch schon mal Influenza gehabt, da war ich noch kleiner und habe neben ihrem Bett gesessen und ihr alle Bilder aus meinem Bilderbuch vorgelesen und Geschichten erzählt von der Bernsteinfee und den Pferden, die treppauf und treppab liefen und im Richmodishaus aus dem Fenster guckten. Ich durfte meine Mutter lieben, und sie hat mich auch geliebt. Wenn sie im Bett liegt und hat so ein langes Nachthemd an mit weißen Spitzen, dann ist mir meine Mutter ein Christkind. Aber jetzt hat sie ein neues Kind und küsst es immerzu, und ich darf ihr nichts vorlesen. Tante Millie sagt, ich dürfte nicht, weil meine Mutter zu krank und zu schwach wäre. Aber ich weiß genau, dass sie mich forthaben wollen, weil sie jetzt ein neues Kind haben. Sie haben ja immer gesagt, sie wollten ein artigeres Kind als mich. Ach, wenn ich doch immer artig gewesen wäre. Aber ich habe doch nie gedacht, dass so eine furchtbare Strafe über mich kommen würde. […]

Mein Vater hat gerufen: „Gott sei Dank, endlich ein Junge.“ Ich wollte wissen, wie das alles so plötzlich gekommen ist. Als der Stammtisch von meinem Vater angerufen hat, hat mein Vater laut ins Telefon geatmet: „Ja, ein Junge, jawohl, ein Junge“ – so mit ganz heißer Stimme. Ich dachte, das Telefon würde angezündet sein von der Stimme und brennen. Und er hat gesagt, er hätte sich ja schon immer einen Jungen gewünscht. Warum haben sie denn nur mich erst angeschafft, wenn sie lieber einen Jungen haben, und ich bin ein Mädchen? Vielleicht kaufen sie die Kinder in einem Hort und Mädchen sind billiger, und mein Vater hat mich damals nur gekauft, weil er noch nicht genug verdiente, um einen Jungen bezahlen zu können? […]

Ich weiß auch nicht, warum sie nun ausgerechnet einen Jungen haben wollten. Ich kenne Jungen wie Hubert Bulle, der niedlichen kleinen Schmetterlingen die Flügel ausreißt und keinen einzigen Klimmzug machen kann und vor Angst schreit und in den Stadtwaldgraben fällt, wenn ich ihn mal eben reinschubse. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass so ein Junge mehr wert sein soll als ein Mädchen. Alles ist ein Geheimnis, aber ich werde bestimmt noch mal dahinter kommen.

Mädchen sind weiblich. Aus der Naturkunde weiß ich, dass Tiere immer weiblich sind, wenn sie etwas Wertvolles vollbringen. Wenn sie weiblich sind, können sie Junge kriegen und Milch geben und Eier legen. Hähne sind männlich und können nur sehr bunt aussehen und Kikeriki machen und den Hennen auf ganz gemeine Art die Federn zerhacken. Bei Tieren ist überhaupt eigentlich alles besser. Wenn ich Eier legen könnte, würden sie sich um mich reißen, ich könnte die ganze Familie ernähren, wir brauchten gar kein Geld mehr ausgeben. Vor der Schule würde ich immer schnell ein paar Eier legen und auf dem Markt verkaufen, um eigenes Geld zu haben. Schließlich wären es ja meine Eier, und ich könnte damit machen, was ich wollte. Die meisten würde ich aber doch zu Hause abgeben.

4 Die Eifersucht der Heldin der Geschichte auf das neugeborene Kind verspricht neue Probleme in der Familie. Haben Sie auch Geschwister? Verstehen Sie sich gut miteinander?

5 Welche Beispiele von idealen Verhältnissen zwischen den Geschwistern kann man in der deutschen und russischen Folklore finden? Kennen Sie ähnliche Beispiele auch in der Wirklichkeit?

6 Verfassen Sie ein modernes Märchen über die Verhältnisse zwischen Geschwistern.

2 Friede auf Erden

Friede ernährt, Unfriede verzehrt.

Zwang währt nicht lang.

Krieg ernährt den Krieg. (F. Schiller, „Die Piccolomini“)

Krieg sät Krieg.

Ein schlechter Friede ist besser als ein gerechter (guter) Krieg.

Unbilliger Frieden ist besser als gerechter Krieg.

Besser offener Krieg als vermummter Friede.

Krieg ist leichter angefangen als beendet.

Gute Hut macht guten Frieden.

Krieg ist kein Kinderspiel.

Stillstand ist kein Friedensband.

Wer Krieg predigt, ist des Teufels Feldprediger.

Wenn die Buben Soldaten spielen, so gibt's Krieg.

Krieg ist süß, den Unerfahrnen.

Friede macht Reichtum, Reichtum macht Übermut, Übermut bringt Krieg, Krieg bringt Armut, Armut macht Demut, Demut macht wieder Frieden.

Im Dorfe Frieden ist besser als Krieg in der Stadt.

Krieg ist ein golden Netz: wer damit fängt, hat mehr Schaden als Nutzen.

Krieg verzehrt, was Friede beschert.

Zum Krieg gehört Geld, Geld und wieder Geld.

Besser ein Ei im Frieden als ein Ochs im Kriege.

Eine Kuh im Frieden ist besser als drei im Kriege.

Soldaten, Wasser und Feuer, wo die überhand nehmen, da machen sie wüste Plätze.

Krieg hat viel Gaukelei.

Kriegsknecht und Bäckerschwein wollen stets gefüttert sein.

Die Husaren beten um Krieg und der Doktor ums Fieber.

Soldaten im Frieden sind Öfen im Sommer.

2.1 Wer Krieg predigt, ist des Teufels Feldprediger

1 Was assoziieren Sie mit dem Begriff „Krieg“?

2 Wie würden Sie über die Einstellung von E.M. Remarque zum Begriff „Krieg“ urteilen?

Im Westen nichts Neues
E.M. Remarque
(Auszug)
Lesehilfen

der Appell – Mil; eine Veranstaltung, bei der sich die Soldaten aufstellen, um gezählt zu werden und Befehle zu erhalten

etw. revidieren – etw. (noch einmal) prüfen, um es zu verbessern oder zu korrigieren

etw. sickert durch – hier: etw. wird allmählich bekannt, obwohl es geheim bleiben soll

verdrossen – voller Unzufriedenheit, missmutig

etw. ausbrüten – gespr; sich etw. ausdenken

die Latrine – eine Toilette im Freien

Darauf kannst du Gift nehmen. – gespr; darauf kannst du dich verlassen, das ist ganz bestimmt so

dickfellig – gespr pej; <ein Typ> so gleichgültig, dass er kaum auf Kritik, Ablehnung usw. reagiert

dämlich – bes nordd, gespr pej; sehr dumm, einfältig

der Muskote (Muschkote) – ein Soldat, ein Mitglied einer Armee

Es wird mächtig geputzt. Ein Appell jagt den andern. Von allen Seiten werden wir revidiert. Was zerrissen ist, wird umgetauscht gegen gute Sachen. Ich erwische dabei einen tadellosen neuen Rock, Kat natürlich sogar eine volle Montur. Das Gerücht taucht auf, es gäbe Frieden, doch die andere Ansicht ist wahrscheinlicher: dass wir nach Russland verladen werden. Aber wozu brauchen wir in Russland bessere Sachen? Endlich sickert es durch: der Kaiser kommt zur Besichtigung. Deshalb die vielen Musterungen.

Acht Tage lang könnte man glauben, in einer Rekrutenkaserne zu sitzen, so wird gearbeitet und exerziert. Alles ist verdrossen und nervös, denn übermäßiges Putzen ist nichts für uns und Parademarsch noch weniger. Gerade solche Sachen verärgern den Soldaten mehr als der Schützengraben. Endlich ist der Augenblick da. Wir stehen stramm, und der Kaiser erscheint. Wir sind neugierig, wie er aussehen mag. Er schreitet die Front entlang, und ich bin eigentlich etwas enttäuscht: nach den Bildern hatte ich ihn mir größer und mächtiger vorgestellt, vor allen Dingen mit einer donnernderen Stimme.

Er verteilt Eiserne Kreuze und spricht diesen und jenen an. Dann ziehen wir ab.

Nachher unterhalten wir uns. Tjaden sagt staunend: „Das ist nun der Alleroberste, den es gibt. Davor muss dann doch jeder strammstehen, jeder überhaupt!“ Er überlegt: „Davor muss doch auch Hindenburg strammstehen, was?“

„Jawoll“, bestätigt Kat.

Tjaden ist noch nicht fertig. Er denkt eine Zeitlang nach und fragt: „Muss ein König vor einem Kaiser auch strammstehen?“

Keiner weiß das genau, aber wir glauben es nicht. Die sind beide schon so hoch, dass es da sicher kein richtiges Strammstehen mehr gibt.

„Was du dir für einen Quatsch ausbrütest“, sagt Kat. „Die Hauptsache ist, dass du selber strammstehst.“

Aber Tjaden ist völlig fasziniert. Seine sonst sehr trockene Phantasie arbeitet sich Blasen.

„Sieh mal“, verkündet er, „ich kann einfach nicht begreifen, dass ein Kaiser auch genauso zur Latrine muss wie ich.“ 38

„Darauf kannst du Gift nehmen“, lacht Kropp.

„Verrückt und drei sind sieben“, ergänzt Kat, „du hast Läuse im Schädel, Tjaden, geh du nur selbst rasch los zur Latrine, damit du einen klaren Kopp kriegst und nicht wie ein Wickelkind redest.“

Tjaden verschwindet.

„Eins möchte ich aber doch noch wissen“, sagt Albert, „ob es Krieg gegeben hätte, wenn der Kaiser nein gesagt hätte.“

„Das glaube ich sicher“, werfe ich ein, „er soll ja sowieso erst gar nicht gewollt haben.“

„Na, wenn er allein nicht, dann vielleicht doch, wenn so zwanzig, dreißig Leute in der Welt nein gesagt hätten.“

„Das wohl“, gebe ich zu, „aber die haben ja gerade gewollt.“

„Es ist komisch, wenn man sich das überlegt“, fährt Kropp fort, „wir sind doch hier, um unser Vaterland zu verteidigen. Aber die Franzosen sind doch auch da, um ihr Vaterland zu verteidigen. Wer hat nun recht?“

„Vielleicht beide“, sage ich, ohne es zu glauben.

„Ja, nun“, meint Albert, und ich sehe ihm an, dass er mich in die Enge treiben will, „aber unsere Professoren und Pastöre und Zeitungen sagen, nur wir hätten recht, und das wird ja hoffentlich auch so sein; – aber die französischen Professoren und Pastöre und Zeitungen behaupten, nur sie hätten recht, wie steht es denn damit?“

„Das weiß ich nicht“, sage ich, „auf jeden Fall ist Krieg, und jeden Monat kommen mehr Länder dazu.“

Tjaden erscheint wieder. Er ist noch immer angeregt und greift sofort wieder in das Gespräch ein, indem er sich erkundigt, wie eigentlich ein Krieg entstehe.

„Meistens so, dass ein Land ein anderes schwer beleidigt“, gibt Albert mit einer gewissen Überlegenheit zur Antwort.

Doch Tjaden stellt sich dickfellig. „Ein Land? Das verstehe ich nicht. Ein Berg in Deutschland kann doch einen Berg in Frankreich nicht beleidigen. Oder ein Fluss oder ein Wald oder ein Weizenfeld.“

„Bist du so dämlich oder tust du nur so?“ knurrt Kropp. „So meine ich das doch nicht. Ein Volk beleidigt das andere –“

„Dann habe ich hier nichts zu suchen“, erwidert Tjaden, „ich fühle mich nicht beleidigt.“

„Dir soll man nun was erklären“, sagt Albert ärgerlich, „auf dich Dorfdeubel kommt es doch dabei nicht an.“

„Dann kann ich ja erst recht nach Hause gehen“, beharrt Tjaden, und alles lacht.

„Ach, Mensch, es ist doch das Volk als Gesamtheit, also der Staat –“, ruft Müller.

„Staat, Staat“ – Tjaden schnippt schlau mit den Fingern –,

„Feldgendarmen, Polizei, Steuer, das ist euer Staat. Wenn du damit zu tun hast, danke schön.“

„Das stimmt“, sagt Kat, „da hast du zum ersten Male etwas Richtiges gesagt, Tjaden, Staat und Heimat, da ist wahrhaftig ein Unterschied.“

„Aber sie gehören doch zusammen“, überlegt Kropp, „eine Heimat ohne Staat gibt es nicht.“

„Richtig, aber bedenk doch mal, dass wir fast alle einfache Leute sind. Und in Frankreich sind die meisten Menschen doch auch Arbeiter, Handwerker oder kleine Beamte. Weshalb soll nun wohl ein französischer Schlosser oder Schuhmacher uns angreifen wollen? Nein, das sind nur die Regierungen. Ich habe nie einen Franzosen gesehen, bevor ich hierherkam, und den meisten Franzosen wird es ähnlich mit uns gehen. Die sind ebenso wenig gefragt wie wir.“

„Weshalb ist dann überhaupt Krieg?“ fragt Tjaden.

Kat zuckt die Achseln. „Es muss Leute geben, denen der Krieg nützt.“

„Na, ich gehöre nicht dazu“, grinst Tjaden. „Du nicht, und keiner hier.“

„Wer denn nur?“ beharrte Tjaden. „Dem Kaiser nützt er doch auch nicht. Der hat doch alles, was er braucht.“

„Das sag nicht“, entgegnet Kat, „einen Krieg hat er bis jetzt noch nicht gehabt. Und jeder größere Kaiser braucht mindestens einen Krieg, sonst wird er nicht berühmt. Sieh mal in deinen Schulbüchern nach.“

„Generäle werden auch berühmt durch den Krieg“, sagt Detering. „Noch berühmter als Kaiser“, bestätigt Kat.

„Sicher stecken andere Leute, die am Krieg verdienen wollen, dahinter“, brummt Detering.

„Ich glaube, es ist mehr eine Art Fieber“, sagt Albert. „Keiner will es eigentlich, und mit einem Male ist es da. Wir haben den Krieg nicht gewollt, die andern behaupten dasselbe – und trotzdem ist die halbe Welt feste dabei.“

„Drüben wird aber mehr gelogen als bei uns“, erwidere ich, „denkt mal an die Flugblätter der Gefangenen, in denen stand, dass wir belgische Kinder fräßen. Die Kerle, die so was schreiben, sollten sie aufhängen. Das sind die wahren Schuldigen.“

Müller steht auf. „Besser auf jeden Fall, der Krieg ist hier als in Deutschland. Seht euch mal die Trichterfelder an!“

„Das stimmt“, pflichtet selbst Tjaden bei, „aber noch besser ist gar kein Krieg.“

Er geht stolz davon, denn er hat es uns Einjährigen nun mal gegeben. Und seine Meinung ist tatsächlich typisch hier, man begegnet ihr immer wieder und kann auch nichts Rechtes darauf entgegnen, weil mit ihr gleichzeitig das Verständnis für andere Zusammenhänge aufhört. Das Nationalgefühl des Muskoten besteht darin, dass er hier ist. Aber damit ist es auch zu Ende, alles andere beurteilt er praktisch und aus seiner Einstellung heraus.

Albert legt sich ärgerlich ins Gras. „Besser ist, über den ganzen Kram nicht zu reden.“

„Wird ja auch nicht anders dadurch“, bestätigt Kat.

Zum Überfluss müssen wir die neu empfangenen Sachen fast alle wieder abgeben und erhalten unsere alten Brocken wieder. Die guten waren nur zur Parade da.

3 „Ich sehe, dass Völker gegeneinander getrieben werden und sich schweigend, unwissend, töricht, gehorsam, unschuldig töten. Ich sehe, dass die klügsten Gehirne der Welt Waffen und Worte erfinden, um das alles noch raffinierter und längerdauernd zu machen.“

Gelten die Worte des Haupthelden des Romans Paul Bäumer für alle Kriege in der Geschichte der Menschheit? Charakterisieren Sie aus dieser Perspektive einen beliebigen Krieg nach folgenden Stichpunkten: Anlass – wahre Ursache – wer profitiert – Gefallene.

4 Erinnern Sie sich an die Charakteristik des Kriegsggeschehens im Roman von L.N. Tolstoi „Krieg und Frieden“?

5 Wer von den russischen Künstlern hat die von L.N. Tolstoi in der Literatur geschaffene Gestalt des Krieges in der Malerei nachgeschaffen? Durch welche malerischen Mittel wird in den Werken des Meisters die pazifistische Weltsicht zum Ausdruck gebracht?

Внимание! Это не конец книги.

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