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Текст книги "Mein Leben und Streben"


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Автор книги: Karl May


Жанр: Классическая проза, Классика


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Und doch gab es in dieser Schankwirtschaft ein noch viel schlimmeres Gift als Bier und Branntwein und ähnliche böse Sachen, nämlich eine Leihbibliothek, und zwar was für eine! Niemals habe ich eine so schmutzige, innerlich und äußerlich geradezu ruppige, äußerst gefährliche Büchersammlung, wie diese war, nochmals gesehen! Sie rentierte sich außerordentlich, denn sie war die einzige, die es in den beiden Städtchen gab. Hinzugekauft wurde nichts. Die einzige Veränderung, die sie erlitt, war die, daß die Einbände immer schmutziger und die Blätter immer schmieriger und abgegriffener wurden. Der Inhalt aber wurde von den Lesern immer wieder von neuem verschlungen, und ich muß der Wahrheit die Ehre geben und zu meiner Schande gestehen, daß auch ich, nachdem ich einmal gekostet hatte, dem Teufel, der in diesen Bänden steckte, gänzlich verfiel. Was für ein Teufel das war, mögen einige Titel zeigen: Rinaldo Rinaldini, der Räuberhauptmann, von Vulpius, Goethes Schwager. Sallo Sallini, der edle Räuberhauptmann. Himlo Himlini, der wohltätige Räuberhauptmann. Die Räuberhöhle auf dem Monte Viso. Bellini, der bewunderswürdige [sic] Bandit. Die schöne Räuberbraut oder das Opfer des ungerechten Richters. Der Hungerturm oder die Grausamkeit der Gesetze. Bruno von Löweneck, der Pfaffenvertilger. Hans von Hunsrück oder der Raubritter als Beschützer der Armen. Emilia, die eingemauerte Nonne. Botho von Tollenfels, der Retter der Unschuldigen. Die Braut am Hochgericht. Der König als Mörder. Die Sünden des Erzbischofs u. s. w. u. s. w.

Wenn ich zum Kegelaufsetzen kam und noch keine Spieler da waren, gab mir der Wirt eines dieser Bücher, einstweilen darin zu lesen. Später sagte er mir, ich könne sie alle lesen, ohne dafür bezahlen zu müssen. Und ich las sie; ich verschlang sie; ich las sie drei– und viermal durch! Ich nahm sie mit nach Haus. Ich saß ganze Nächte lang, glühenden Auges über sie gebeugt. Vater hatte nichts dagegen. Niemand warnte mich, auch die nicht, die gar wohl verpflichtet gewesen wären, mich zu warnen. Sie wußten gar wohl, was ich las; ich machte kein Hehl daraus. Und welche Wirkung das hatte! Ich ahnte nicht, was dabei in mir geschah. Was da alles in mir zusammenbrach. Daß die wenigen Stützen, die ich, der seelisch in der Luft schwebende Knabe, noch hatte, nun auch noch fielen, eine einzige ausgenommen, nämlich mein Glaube an Gott und mein Vertrauen zu ihm.

Die Psychologie ist gegenwärtig in einer Umwandlung begriffen. Man beginnt immer mehr, zwischen Geist und Seele zu unterscheiden. Man versucht, sie beide auseinanderzuhalten, sie scharf zu definieren, ihre Unterschiede nachzuweisen. Man behauptet, daß der Mensch nicht Einzelwesen, sondern Drama sei. Soll ich mich dem anschließen, so darf ich das, was auf meinen kleinen, erst im Entstehen begriffenen Geist und das, was auf meine kindliche Seele wirkte, nicht miteinander verwechseln. Die ganze Vielleserei, zu der ich bisher gezwungen gewesen war, hatte meiner Seele nichts, gar nichts gebracht; nur das winzige Geisterlein hatte die Wirkung davon gehabt, aber was für eine Wirkung! Es war zu einem kleinen, monströs dicken, wasserköpfigen Ungeheuer aufgestopft und aufgenudelt worden. Der sehr gut, ja vielleicht außergewöhnlich veranlagte Knabe hatte sich zu einer unartikulierten geistigen Mißgestalt verwandelt, die nichts Wirkliches besaß als nur ihre Hilflosigkeit. Und seelisch war ich ohne Heimat, ohne Jugend, hing nach oben nur an dem erwähnten starken, unzerreißbaren Tau und wurde nach unten nur dadurch an der Erde festgehalten, daß ich für König und Vaterland, Gesetz und Gerechtigkeit diejenige mehr poetisch als materielle Hochachtung empfand, die aus den Tagen stammte, an denen die elf Heldenkompagnieen Ernsttals sich gebildet hatten, den schwer bedrängten Monarchen Sachsens und seine Regierung von dem Untergange zu erretten. Nun aber wurde mir auch dieser Halt genommen, und zwar durch die Lektüre dieser schändlichen Leihbibliothek. Alle die Räuberhauptleute, Banditen und Raubritter, von denen ich da las, waren edle Menschen. Was sie jetzt waren, das waren sie durch schlechte Menschen, besonders durch ungerechte Richter und durch die grausame Obrigkeit geworden. Sie besaßen wahre Frömmigkeit, glühende Vaterlandsliebe, eine grenzenlose Wohltätigkeit und warfen sich zum Ritter und Retter aller Armen, aller Bedrückten und Bedrängten auf. Sie zwangen die Leser zur Hochachtung und Bewunderung; alle Gegner dieser herrlichen Männer aber waren zu verachten, also besonders die Obrigkeit, der Schnippchen auf Schnippchen geschlagen wurde. Und vor allen Dingen die Fülle des Lebens, der Tätigkeit, der Bewegung, die in diesen Büchern herrschte! Auf jeder Seite geschah etwas, und zwar etwas Hochinteressantes, irgend eine große, schwere, kühne Tat, die man zu bewundern hatte. Was dagegen war in all den Büchern geschehen, die ich bisher gelesen hatte? Was geschah in den Traktätchen des Pfarrers? In seinen langweiligen, nichtssagenden Jugendschriften? Und was geschah in den sonst ganz guten und brauchbaren Büchern des Herrn Rektors? Da waren große, weite und ferne Länder beschrieben, aber es ereignete sich nichts dabei. Da wurden fremde Menschen und Völker geschildert; aber sie bewegten sich nicht, sie taten nichts. Das war alles nur Geographie, nur Geographie, weiter nichts; jede Handlung fehlte. Und nur Ethnographie, nur Ethnographie; aber die Puppen standen still. Es war kein Gott, kein Mensch und auch kein Teufel da, das Kreuz mit den Fäden in die Hand zu nehmen und die toten Figuren zu beleben! Und es gibt doch Einen, der diese Belebung ganz unbedingt verlangt, nämlich der Leser. Und auf den kommt doch alles an, weil er allein es ist, für den die Bücher geschrieben werden. Die Seele des Lesers wendet sich von jeder Bewegungslosigkeit ab, denn diese bedeutet für sie den Tod. Welch ein Reichtum des Lebens dagegen in dieser Leihbibliothek! Und welch ein Eingehen auf die Eigenheiten und Bedürfnisse dessen, der so ein Buch in die Hände nimmt! Kaum fühlt er während des Lesens einen Wunsch, so wird dieser auch schon erfüllt. Und welche bewundernswerte, unwandelbare Gerechtigkeit gibt es da. Jeder gute, ehrenhafte Mensch, mag er zehnmal Räuberhauptmann sein, wird unbedingt belohnt. Und jeder böse Mensch, jeder Sünder, mag er zehnmal König, Feldherr, Bischof oder Staatsanwalt sein, wird unbedingt bestraft. Das ist wirkliche Gerechtigkeit; das ist göttliche Gerechtigkeit! Mag Goethe noch so viel über die Herrlichkeit und Unumstößlichkeit der göttlichen und der menschlichen Gesetze dichten und schreiben, so hat er doch unrecht! Recht hat nur sein Schwager Vulpius, denn der hat den Rinaldo Rinaldini geschrieben!

Das Schlimmste an dieser Lektüre war, daß sie in meine spätere Knabenzeit fiel, wo alles, was sich in meiner Seele festsetzte, für immer festgehalten wurde. Hierzu kam die mir angeborene Naivität, die ich selbst heute noch in hohem Grade besitze. Ich glaubte an das, was ich da las, und Vater, Mutter und Geschwister glaubten es mit. Nur Großmutter schüttelte den Kopf, und zwar je länger, desto mehr; sie wurde aber von uns andern überstimmt. Es war uns in unserer Armut ein Hochgenuß, von »edlen« Menschen zu lesen, die immerfort Reichtümer verschenkten. Daß sie diese Reichtümer vorher andern abgestohlen und abgeraubt hatten, das war ihre Sache; uns irritierte das nicht! Wenn wir lasen, wieviel bedürftige Menschen durch so einen Räuberhauptmann unterstützt und gerettet worden seien, so freuten wir uns darüber und bildeten uns ein, wie schön es wäre, wenn so ein Himlo Himlini plötzlich hier bei uns zur Tür hereinträte, zehntausend blanke Taler auf den Tisch zählte und dabei sagte; »Das ist für euren Knaben; er mag studieren und ein Dichter werden, der Theaterstücke schreibt!« Das letztere war mir nämlich, seit ich den »Faust« gesehen hatte, zum Ideal geworden.

Ich muß bekennen, daß ich diese verderblichen Bücher nicht nur las, sondern auch vorlas, nämlich zunächst meinen Eltern und Geschwistern und sodann auch in anderen Familien, die ganz versessen darauf waren. Es ist gar nicht zu sagen, welchen unendlichen Schaden eine einzige solche Scharteke herbeiführen kann. Alles Positive geht verloren, und schließlich bleibt nur die traurige Negation zurück. Die Rechtsbegriffe und Rechtsanschauungen verändern sich; die Lüge wird zur Wahrheit, die Wahrheit zur Lüge. Das Gewissen stirbt. Die Unterscheidung zwischen gut und bös wird immer unzuverlässiger! das führt schließlich zur Bewunderung der verbotenen Tat, die scheinbar Hilfe bringt. Damit ist man aber nicht etwa schon ganz unten im Abgrunde angelangt, sondern es geht noch tiefer, immer tiefer, bis zum äußersten Verbrechertum.

Das war zur Zeit, als bestimmt werden mußte, was nach der Konfirmation aus mir zu werden hatte. Ich wollte so unendlich gern auf das Gymnasium, dann auf die Universität. Aber hierzu fehlten nicht mehr als alle Mittel. Ich mußte mit meinen Wünschen weit herunter und kam zuletzt beim Volksschullehrer an. Aber auch hierzu waren wir zu arm. Wir sahen uns nach Hilfe um. Der Herr Kaufmann Friedrich Wilhelm Layritz, mit dem Herrn Stadtrichter gleichen Namens, aber nicht mit ihm verwandt, war ein sehr reicher und sehr frommer Mann. Man hatte ihm zwar noch keine Wohltat nachweisen können, aber er versäumte keinen Kirchgang, sprach gern von Humanität und Nächstenliebe und war unser Gevatter. Wir hatten uns nach allem erkundigt und uns einen Ueberschlag gemacht. Wenn wir recht arbeiteten, recht sparten, recht hungerten und ich auf dem Seminar keinen Pfennig unnütz ausgab, so bedurften wir nur eines Zuschusses von fünf bis zehn Talern pro Jahr. Das hatten wir ausgerechnet. Freilich stimmte es nicht; aber wir glaubten, daß es stimme. Meine Eltern hatten nie auch nur einen Pfennig geborgt; jetzt waren sie mir zu Liebe zu einer Anleihe entschlossen. Mutter ging zum Herrn Layritz. Er setzte sich in den Lehnstuhl, faltete die Hände und ließ sich ihr Anliegen vortragen. Sie schilderte ihm alles und bat, uns fünf Taler zu borgen, nicht gleich jetzt, sondern dann, wenn wir sie brauchten, also wenn ich die Aufnahmeprüfung bestanden haben würde. Bis dahin aber war noch lange, lange Zeit. Da antwortete er, ohne sich lange zu besinnen: »Meine liebe Frau Gevatter, es ist wahr, ich bin reich, und Sie sind arm, sehr arm. Aber Sie haben denselben Gott, den auch ich habe, und wie er mir bis hierher geholfen hat, wo wird er auch Ihnen weiterhelfen. Ich habe auch Kinder wie Sie und muß für sie sorgen. Ich kann Ihnen also die fünf Taler nicht leihen. Aber gehen Sie getrost nach Hause, und beten Sie recht fleißig, so wird sich ganz gewiß zur rechten Zeit jemand finden, der sie übrig hat und sie Ihnen gibt!«

Das war abends. Ich saß da und las in einem Räuberbuche. Da kam Mutter heim und erzählte, was Herr Layritz gesagt hatte. Sie weinte mehr aus Empörung über solche Art der Frömmigkeit, als über die Abweisung selbst. Vater saß lange Zeit still; dann stand er auf und ging. Unter der Tür aber sagte er: »Einen solchen Versuch machen wir nicht mehr! Karl geht auf das Seminar, und wenn ich mir die Hände blutig arbeiten soll!« Als er fort war, saßen wir andern noch lange Zeit traurig beisammen. Dann gingen wir schlafen. Ich schlief aber nicht, sondern ich wachte. Ich sann auf Hilfe. Ich rang nach einem Entschlusse. Das Buch, in dem ich gelesen hatte, führte den Titel »Die Räuberhöhle an der Sierra Morena oder der Engel aller Bedrängten.« Als Vater nach Hause gekommen und dann eingeschlafen war, stieg ich aus dem Bett schlich mich aus der Kammer und zog mich an. Dann schrieb ich einen Zettel: »Ihr sollt euch nicht die Hände blutig arbeiten; ich gehe nach Spanien; ich hole Hilfe!« Diesen Zettel legte ich auf den Tisch, steckte ein Stückchen trockenes Brot in die Tasche, dazu einige Groschen von meinem Kegelgeld, stieg die Treppe hinab, öffnete die Tür, atmete da noch einmal tief und schluchzend auf, aber leise, leise, damit ja niemand es höre, und ging dann gedämpften Schrittes den Marktplatz hinab und die Niedergasse hinaus, den Lungwitzer Weg, der über Lichtenstein nach Zwickau führte, nach Spanien zu, nach Spanien, dem Lande der edlen Räuber, der Helfer aus der Not. – – —

IV. Seminar– und Lehrerzeit

Keine Pflanze zieht das, was sie in ihren Zellen und in ihren Früchten aufzuspeichern hat, aus sich selbst heraus, sondern aus dem Boden, dem sie entsprossen ist, und aus der Atmosphäre, in der sie atmet. Pflanze ist in dieser Beziehung auch der Mensch. Körperlich ist er freilich nicht angewachsen, aber geistig und seelisch wurzelt er, und zwar tief, sehr tief, tiefer als mancher Baumriese in kalifornischer Erde. Darum ist kein Mensch für das, was er in seiner Entwicklungszeit tut, in vollem Maße verantwortlich zu machen. Ihm alle seine Fehler vollauf anzurechnen, würde ebenso falsch sein wie die Behauptung, daß er alle seine Vorzüge nur allein sich selbst verdanke. Nur wer den Heimatboden und die Jugendatmosphäre eines »Gewordenen« genau kennt und richtig zu beurteilen weiß, ist imstande, einigermaßen nachzuweisen, welche Teile eines Lebensschicksales aus den gegebenen Verhältnissen und welche Teile aus dem rein persönlichen Willen des Betreffenden geflossen sind. Es war eine der größten Grausamkeiten der Vergangenheit, jedem armen Teufel, den die Verhältnisse zur Verletzung der Gesetze führten, zu seiner eigenen, vielleicht geringen Schuld auch noch die ganze, schwere Last dieser Verhältnisse mit aufzubürden. Es gibt leider auch heute mehr als genug Menschen, welche diese Grausamkeit sogar jetzt noch begehen, ohne zu ahnen, daß sie selbst es sind, die, wenn es hier Gesetze gäbe, mit verantwortlich gemacht werden müßten. Und gewöhnlich sind es nicht etwa die Fernstehenden, sondern grad die lieben »Nächsten«, welche Stein um Stein auf den andern werfen, obgleich die Einflüsse, denen er unterlegen ist, besonders auch von ihnen mit ausgegangen sind. Sie tragen also an der Schuld, die sie auf ihn werfen, selbst mit Schuld.

Wenn ich es hier unternehme, die Verhältnisse, aus denen ich erwuchs, einer ungefärbten Prüfung zu unterwerfen, so geschieht das nicht etwa in der Absicht, irgend welchen Teil meiner eigenen Schuld von mir ab und auf andere zu werfen, sondern nur, um einmal durch ein laut sprechendes Beispiel zu zeigen, wie vorsichtig man sein muß, wenn man sich die Aufgabe stellt, eine menschliche Existenz nach ihrer Entstehung und Entwicklung hin genau zu untersuchen.

Hohenstein und Ernsttal waren damals zwei so nahe bei einander liegende Städtchen, daß sie stellenweise ihre Gäßchen wie die Finger zweier gefalteter Hände zwischen einander hineinschoben. In Hohenstein wurde der Naturphilosoph Gotthilf Heinrich von Schubert geboren, dessen Werke zunächst unter Schellingschem Einflusse entstanden, dann aber sich dem pietistisch-asketischen Mystizismus zuwendeten. Seine Vaterstadt hat ihm ein Denkmal gesetzt. Aus Ernsttal stammt der verdienstvolle Philosoph und Publizist Pölitz, dessen Bibliothek über 30 000 Bände zählte, die er der Stadt Leipzig vermachte. Ich habe es hier weniger mit Hohenstein als vielmehr mit Ernsttal zu tun, in dem ich, wie der Hobble-Frank sich auszudrücken pflegt, »das erste Licht der Welt erblickte«. Die ersten und ältesten Eindrücke meiner Kindheit sind diejenigen einer beklagenswerten Armut, und zwar nicht nur in materieller, sondern auch in anderer Beziehung. Niemals in meinem Leben habe ich so viel geistige Anspruchslosigkeit beisammen gesehen wie damals. Der Bürgermeister war ein unstudierter Mann. Es gab zwar einen Nachtwächter, aber die Bewohner hatten sich reihum an der Nachtwache zu beteiligen. Die Hauptbeschäftigung bildete die Weberei. Der Verdienst war kärglich, ja oft überkärglich zu nennen. Zu gewissen Zeiten gab es wochen-, zuweilen sogar monatelang wenig oder gar keine Arbeit. Da sah man Frauen in den Wald gehen und Körbe voll Reisig heimschleppen, um im Winter Feuerung zu haben. Des Nachts konnte man auf einsamen Pfaden Männern begegnen, welche Baumstämme nach Hause trugen, die noch während der Nacht zu Feuerholz zersägt und zerhackt werden mußten, damit, wenn die Haussuchung kam, nichts gefunden werden könne. Es galt für die armen Weber, fleißig zu sein, um den Hunger abzuwehren. Am Sonnabend war Zahltag. Da trug ein jeder sein »Stück zu Markte«. Für jeden Fehler, der sich zeigte, gab es einen bestimmten Lohnabzug. Da brachte gar mancher weniger heim, als er erwartet hatte. Dann wurde ausgeruht. Der Sonnabend Abend war der Heiterkeit und – – – dem Schnaps gewidmet. Man fand sich beim Nachbar ein. Da ging die Bulle rundum. Bulle ist Abkürzung von Bouteille. In einigen Familien sang man dazu, aber was für Lieder oft! In andern regierte die Karte. Da wurde »gelumpt«, »geschafkopft« oder gar »getippt«. Das letztere ist ein verbotenes Glücksspiel, dem mancher den Verdienst der ganzen Woche opferte. Man trank dazu aus einem einzigen Glas. Dieses ging von Hand zu Hand, von Mund zu Mund. Auch während der Sonntagsausgänge und überhaupt bei jedem Gang in das Freie war man mit Branntwein versehen. Da saß man im Grünen und trank. Schnaps war überall dabei; man mochte ihn nicht entbehren. Man betrachtete ihn als den einzigen Sorgenbrecher und nahm seine schlimmen Wirkungen hin, als ob sich das so ganz von selbst verstände.

Freilich gab es auch sogenannte bessere Familien, über die der Alkohol keine Macht besaß, aber die waren in ganz geringer Zahl. Patriziergeschlechter gab es in beiden Städtchen nicht. In Hohenstein wohnten einige Familien, die man höher schätzte als andere, in Ernsttal aber nicht. Die Pfarrer und die Aerzte waren die einzigen akademisch gebildeten Personen, hierzu kam vielleicht ein Rechtsanwalt, dessen Liquidationen absolut nicht das Geschick besaßen, sich in klingende Einnahmen zu verwandeln. So war die ganze Lebensführung überhaupt eine ungemein niedrige und der allgemeine Umgangston auf eine Note gestimmt, die man jetzt kaum mehr für möglich hält. Im persönlichen Verkehr waren Spitznamen oft gebräuchlicher als die wirklichen, richtigen Namen. Als einziges Beispiel, welches ich da anführe, diene der Name Wolf. Es gab einen Weißkopfwolf, einen Rotkopfwolf, einen Daniellobwolf, einen Schlagwolf und noch eine Menge andersgenannter Wölfe. Die Häuser waren klein, die Gassen eng. Ein jeder konnte in die Fenster des andern sehen und alles beobachten, was geschah. So wurde es fast zur Unmöglichkeit, Geheimnisse voreinander zu haben. Und da kein Mensch ohne Fehler ist, so hatte ein jeder seinen Nachbar im Sacke. Man wußte alles, aber man schwieg. Nur zuweilen, wenn man es für nötig hielt, ließ man ein Wörtchen fallen, und das war genug. Man kam dadurch zur immerwährenden, aber stillen Hechelei [sic], zur niedrigen Ironie, zu einem scheinbar gutmütigen Sarkasmus, welcher aber nichts Reelles an sich hatte. Das war ungesund und griff immer weiter um sich, ohne daß man es beachtete. Das ätzte; das wirkte wie Gift. So hatte sich aus den sonnabendlichen Kartenspielen ein lichtscheues Unternehmen gebildet, welches den Zweck verfolgte, verbotenes, ja sogar falsches, betrügerisches Kartenspiel zu pflegen. Die Betreffenden kamen zusammen, um sich in der Zubereitung und im Gebrauch von falschen Karten zu üben. Sie etablierten sich in einer vor der Stadt gelegenen Wirtschaft. Sie schickten Zubringer aus, um Opfer einzufangen. Da saß man nächtelang und spielte um hohe Einsätze. Mancher kam da mit vollen Taschen und ging mit leeren fort. Dieses Treiben war im Städtchen wohlbekannt. Man erzählte sich von jedem neuen Coup, der gemacht worden war. Man sprach von den erbeuteten Summen, und man freute sich darüber, anstatt daß man diese Betrügereien verwarf. Man verkehrte mit den Falschspielern wie mit ehrlichen Leuten. Man leistete ihnen Vorschub. Ja, man achtete, man rühmte ihre Pfiffigkeit, und man verriet nicht das geringste von allem, was man von ihnen wußte. Daß hierdurch eigentlich das ganze Städtchen an dem Betruge gegen die herbeigeschleppten Opfer beteiligt wurde und daß jedermann, der von diesen Gaunereien wußte, sich, streng genommen, als Hehler zu betrachten hatte, das leuchtete keinem Menschen ein. Wer damals gesagt hätte, daß dies einen beklagenswerten, allgemeinen moralischen Tiefstand bedeute, der wäre wohl ausgelacht worden, oder gar noch Schlimmeres. Das allgemeine Rechtsgefühl war irregeführt. Man bewunderte die Falschspieler, wie man die Rinaldo Rinaldini‘s und die Himlo Himlini‘s der alten Leihbibliothek bewunderte, deren Bände man verschlang, weil sie die einzige war, die es in den beiden Städtchen gab. Ich habe niemals gehört, daß der Bürgermeister, der Pfarrer oder ein sonst hierzu berufener Beamter einen dieser Falschspieler zu sich kommen ließ, um ihn zu verwarnen, und von dem bösen Beispiele, welches der ganzen Gemeinde gegeben wurde, abzulassen. Man duldete es. Man ging schweigend darüber hinweg. Die Jugend aber, die das alles mit ansah und mit anhörte, mußte den Eindruck gewinnen, daß diese Betrügereien bewundernswerte und sehr gut lohnende Taten seien, und so ein Eindruck wird nie wieder verwischt. Mir wurde einst von einem Juristen gesagt, ich sei in einem Sumpf geboren worden. Ob dieser Herr wohl recht gehabt hat oder nicht?

Zwei eigenartige Gewächse dieses Sumpfes waren die beiden Namen »Batzendorf« und die »Lügenschmiede«. Der erstere leitet sich auf die bekannte, alte süddeutsche und schweizer Scheidemünze, Batzen genannt, zurück. Batzendorf war eine fingierte Dorfgemeinde, der jeder Einwohner Ernsttals beitreten konnte. Es war ein Jux, aber ein Jux, der häufig zum Ausarten kam. Batzendorf hatte seinen eigenen Gemeindevorstand, seinen eigenen Pfarrer, seine eigene Gemeindeverwaltung, das alles aber von der heiter sein sollenden Seite genommen. Das allerkleinste Häuschen Ernsttals, das der alten Gemüsehändlerin Dore Wendelbrück, wurde zum Batzendorfer Rathause erhoben. Eines Morgens stand ein Turm darauf, den man aus Latten und Zigarrenkistchen gezimmert und der alten Dore auf das Dach gesetzt hatte, ohne sie zu fragen. Sie war aber sehr stolz darauf. Die Wirtin zum Meisterhaus war Dorfnachtwächter. Sie mußte die Stunden ansagen und tuten. Jede Behörde und jede Charge war vertreten, bis tief herunter zum Kartoffel– und zum Schotenwächter, auch das alles in das Komische gezogen. Des Sonnabends war Versammlungstag. Da kam die Gemeinde zusammen, und es wurden die tollsten Sachen ausgeheckt, um dann wirklich ausgeführt zu werden: Taufen fünfzigjähriger Säuglinge, Verheiratung zweier Witwen miteinander, eine Spritzenprobe ohne Wasser, Neuwahl einer Gemeindegans, öffentliche Prüfung eines neuen Bandwurmmittels und ähnliche tolle, oft sogar sehr tolle Sachen. Der Herr Stadtrichter Layritz war alt geworden und duldete das. Der Herr Pastor war noch älter und glaubte von allem das Beste. Er sagte immer: »Nur nicht übertreiben, nur nicht übertreiben!« Damit glaubte er, seiner Pflicht genügt zu haben. Der Herr Kantor schüttelte den Kopf. Er war zu bescheiden, öffentlich mit einem Tadel hervorzutreten. Aber unter vier Augen hatte er den Mut, meinen Vater zu warnen: »Machen Sie nicht mit, Herr Nachbar, machen Sie ja nicht mit! Es ist nicht gut für Sie und auch nicht gut für den Karl. Was man da treibt, ist alles weiter nichts als Persiflage, Ironie, Verhöhnung und Verspottung von Dingen, an deren Heiligkeit ja niemand rühren soll! Und zumal Kinder sollen so etwas nie zu sehen noch zu hören bekommen!«

Er hatte sehr, sehr Recht. Dieses »Batzendorf«, in dem man nur mit Batzengeld zahlen durfte, hat eine ganze Reihe von Jahren bestanden und manche stille, heimliche, doch um so bösere Wirkung gehabt. Da lockerten sich »die Bande frommer Scheu«. Da gab es wöchentlich etwas Neues. Wir Kinder verfolgten die Albernheiten der Erwachsenen mit riesigem Interesse und höhnten und persiflierten mit, freilich ohne uns dessen bewußt zu werden. Das ging so fort, bis ein neuer, strammer Zug in die Ortsverwaltung und in die Kirchenleitung kam, und Batzendorf an sich selbst zugrunde ging. Aber einen Nutzen hatte es keinem Menschen gebracht. Es war eine Versumpfung, in welche nicht nur die Alten gestiegen sind, sondern wir Jungen wurden auch mit hinein geführt und haben sehr viel von unserer Kindlichkeit drin stecken lassen müssen. Dem Unbegabten schadet das weniger; in dem Begabten aber wirkt es fort und nimmt in seinem Innern Dimensionen an, die später, wenn sie zutage treten, nicht mehr einzudämmen sind.

Die »Lügenschmiede« war etwas neueren Datums. Indem ich von ihr spreche, nenne ich absichtlich keine Namen. Ich will das, was ich sage, nur gegen die Sache selbst, nicht aber gegen Personen richten. Es gab in Ernsttal einige jüngere Leute, welche außerordentlich satirisch begabt waren. An sich sehr achtbare, liebenswürdige Menschen, hätten sie in andern, größeren Verhältnissen durch diese Begabung ihr Glück machen können, so aber blieben sie unten in den kleinen Verhältnissen hangen und konnten also auch nur Kleinliches und Gewöhnliches, oft sogar nur sehr Triviales leisten. Es war wirklich schade um sie!

Einer von ihnen, vielleicht der Unternehmendste und Witzigste, brachte es zum Hausbesitzer und hatte die Kühnheit, in diesem Ernsttal, wo so wenig Sinn und Mittel für Delikatessen vorhanden waren, ein Delikatessengeschäft zu errichten, aber natürlich mit Restauration, denn ohne diese wäre es ganz unmöglich gegangen. Diese Restauration hatte zunächst keinen besonderen Namen; aber nicht lange, so wurde ihr einer gegeben, und zwar ein sehr bezeichnender. Man nannte sie die Lügenschmiede und ihren Besitzer, den Wirt, den Lügenschmied. Weshalb? Sowohl dem Wirte als auch seinen Stammgästen saß allen der Schalk im Nacken. Ein Anderer konnte öfters dort verkehren, ohne daß er etwas davon bemerkte. Aber plötzlich brach es über ihn los, plötzlich, ganz unerwartet und mit einer Sicherheit, der nicht zu widerstehen war. Er wurde »gemacht«, wie man es nannte. Man hatte seine schwächste Seite und seinen stärksten Nagel entdeckt und hing an diesem irgend eine wohlausgedachte Lüge auf, die er glauben mußte, er mochte wollen oder nicht. An dieser Lüge blamierte er sich, mochte er sich noch so sehr dagegen sträuben und mochte er zehnmal und hundertmal klüger sein, als alle die, welche beschlossen hatten, ihn zum Falle zu bringen. Diese Lügenschmiede wurde weithin bekannt. Tausende von Fremden kamen, um da einzukehren, und ein jeder, dem es etwa einfiel, mit dem Wirt und seinen Stammgästen anzubinden, nahm seine Backpfeife mit und zog beschämt von dannen.

Gewöhnliche Gäste kaufte man sich billig. Verlangte einer ein Glas Bier, so bekam er einen Kognak. Begehrte er einen Schnaps, so erhielt er Limonade. Wollte er einen marinierten Hering essen, so setzte man ihm Kartoffeln in der Schale und Apfelmus vor. Und keiner weigerte sich, dies zu nehmen und zu bezahlen, denn Jeder wußte, die Blamage kommt dann hinterher. Bessere Gäste hatten keine so gewöhnlichen Witze zu befürchten. Die ließ man warten. »Der muß erst noch reif werden,« pflegte der Lügenschmied zu sagen. Und Jeder wurde reif, Jeder, mochte er sein, wer oder was er wollte, ob studiert oder nicht studiert, ob hochgestellt oder niedrig. Es gab da oft geradezu geniale Witze, immer aber mit einem Einschlag aus dem Gewöhnlichen heraus. Einem Gast, der sich rasieren lassen wollte, wurde gesagt, der Barbier sei nicht zu Hause, sondern er sitze grad hier neben ihm. Dieser war aber kein Barbier, sondern ein Bäckermeister. Er seifte den Betreffenden mit Anilinwasser ein und rasierte ihn, ohne daß einer der Anwesenden eine Miene dabei verzog. Der Rasierte bezahlte und ging dann vergnügt von dannen, vollständig blau im Gesicht. Er konnte sich wochenlang nicht sehen lassen, zur Strafe dafür, daß er in der Lügenschmiede behauptet hatte, er sei gescheiter als alle, ihn könne niemand foppen. Einem andern Gaste wurde weisgemacht, sein Bruder sei heut‘ Vormittag auf dem Jahrmarkt verunglückt. Er sei einem Riesenleierkasten zu nahe gekommen und mit dem rechten Bein in das Räderwerk geraten; man habe ihm infolgedessen das Bein unterhalb des Knies abnehmen müssen. Der Mann sprang erschrocken auf und rannte fort, kam aber sehr bald lachend und mit seinem vollständig gesunden Bruder zurück. Auch die Herren von der Behörde verkehrten sehr gern in der Lügenschmiede, doch nur zu Zeiten, in denen sie sich dort allein und unbeobachtet wußten. Sie ließen sich auch einen Ulk gefallen, und oft hatte der Lügenschmied es nur ihrem Einflusse zu verdanken, daß seine oft zu weitgehenden Witze ohne unangenehme Folgen blieben. Denn die Sache artete, wie Alles, was unten aus dem Niedrigen stammt, nach und nach aus. Die Witze wurden gewöhnlicher; sie verloren den Reiz. Man hatte sich verausgabt. Und ein Jeder, der die Lügenschmiede betrat, glaubte, Lügen machen und Unwahrheiten präsentieren zu dürfen. Der Geist ging aus. Was früher wirklicher Humor, wirkliche Schalkhaftigkeit und wirklicher Scherz und Schwank gewesen war, das wurde jetzt zur Zote, zur Zweideutigkeit, zur Unwahrheit, zur Fälschung, zur unvorsichtigen Klatscherei und Lüge. Die Lügenschmiede ist jetzt verschwunden. Das Haus wurde der Erde gleichgemacht. Leider aber sind die Folgen dieser unangebrachten Witzbolderei nicht auch verschwunden. Sie existieren noch heute. Sie wirken fort. Auch das war ein Sumpf, und zwar ein unter hellem Grün und winkenden Blumen verborgener Sumpf. Nicht nur die Ortsseele hat unter ihm gelitten, sondern seine Miasmen sind auch im weiten Umkreise rund über das Land gegangen, und leider, leider bin auch ich einer von denen, die sehr und schwer darunter zu leiden hatten und noch heutigen Tages leiden müssen. Daß meine Gegner es wagen konnten, den Karl May, der ich in Wirklichkeit und Wahrheit bin, in die verlogenste aller Karikaturen zu verwandeln und mich sogar als Marktweiberbandit und Räuberhauptmann durch alle Zeitungen zu schleppen, das wurde zum größten Teil durch die Lügenschmiede ermöglicht, deren Stammgäste gar nicht bedachten, was sie an mir begingen, als sie einander mit immer neuen Erfindungen über meine angeblichen Abenteuer und Missetaten traktierten. Ich komme hierauf an anderer Stelle zurück und habe hier noch ganz kurz zu sagen: Was ich über jene Falschspielergesellschaft, über »Batzendorf« und über die »Lügenschmiede« zu berichten hatte, sind nur einige kurze Einblicke in die damaligen Verhältnisse meiner Vaterstadt. Ich könnte diese Einblicke noch überaus erweitern und vertiefen, um nachzuweisen, daß es wirklich und wahrhaft ein sehr verseuchter Boden gewesen ist, in den meine Seele gezwungen war, ihre Wurzeln zu schlagen, will dies aber gern und mit Vergnügen unterlassen, weil ich kürzlich zu meiner Freude gesehen habe, wieviel sich dort verändert hat. Ich hatte meine Vaterstadt schon lange Zeit gemieden und wollte sie auch ferner meiden, als ich durch eine Rechtssache gezwungen wurde, sie noch einmal aufzusuchen. Ich wurde angenehm enttäuscht. Das meine ich nicht äußerlich, sondern innerlich. Ich habe der Städte und Orte genug gesehen; da kann mich nichts überraschen und auch nichts enttäuschen. Wie ich bei jeder Begegnung mit einem mir bisher fremden Menschen zunächst und vor allen Dingen seine Seele kennenzulernen suche, so auch die Seele eines jeden Ortes, den ich neu betrete. Und die Seele Hohenstein-Ernsttals war zwar noch die alte; das sah ich sofort; aber sie hatte sich gehoben; sie hatte sich gereinigt; sie hatte ein anderes, besseres und würdigeres Aussehen bekommen. Ich hatte Gelegenheit, sie einige Tage lang beobachten zu können, und darf wohl sagen, daß mir diese Beobachtungen Freude bereiteten. Ich fand Intelligenz, wo es früher keine gegeben hatte. Ich begegnete einem regen Rechtsgefühl, welches nicht so leicht wie früher irrezuleiten war. Es gab mehr Gemeindesinn, mehr Zusammenhangsgefühl. Ja, die materiellen Verhältnisse zeigten überall schon einen Aufblick hinauf in das Ideale. Der Boden, auf dem man lebte, hatte sich gehoben und zeigte die Fähigkeit, sich auch fernerhin und zusehends zu veredeln. Ich begegnete alten Bekannten, aus denen in Wirklichkeit »Etwas geworden« war. Das war mir eine Genugtuung, die ich nicht erwartet hatte. Da gab es nicht mehr jene alten, indolenten Gesichter mit dem Ausdruck unangenehmer Bauernpfiffigkeit, sondern die Züge sprachen von Einsicht und Fähigkeit, von gesunder Klugheit und überlegsamer Urteilskraft. War dies etwa nur eine Folge des Zuzuges von außen her? Gewiß nicht ausschließlich, obwohl nicht abgeleugnet werden kann, daß fremdes Blut auch im Gemeindeleben auffrischend, stärkend und verbessernd wirkt. Ich gestehe aufrichtig, daß ich seit jenem Besuche und seit jenen Beobachtungen mit meiner Vaterstadt wieder sympathisiere und von Herzen wünsche, daß der jetzt so deutlich sichtbare Fortschritt auch nach geistigen Zielen ein dauernder sein möge. Der Beweis ist erbracht, daß die alten Zeiten vorüber sind. Man hat sich aufgerafft und steigt mit jugendlicher Energie empor; das bringt Erfolg, und mit dem Erfolg kommt auch der Segen.


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