Автор книги: Эрнст Гофман
Жанр: Зарубежная классика, Зарубежная литература
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«O Muzius«, so hieß der Schwarze, rief ich,»ob ich ein Narr bin, ob ich sie liebe, die süße Verräterin! Ich bete sie an, mein ganzes Wesen gehört ihr! – Nein, sie kann mir das nicht tun, die treue Seele! – Muzius, schwarzer Verleumder, empfange den Lohn deiner Schandtat!«– Ich hob die gekrallte Pfote auf, Muzius blickte mich freundlich an und sprach sehr ruhig:»Ereifern Sie sich nicht, mein Guter, Sie teilen das Los vieler vortrefflichen Leute, überall ist schnöder Wankelmut zu Hause, und leider vorzüglich bei unserm Geschlecht. «Ich ließ die aufgehobene Pfote wieder sinken, sprang wie in voller Verzweiflung einigemal in die Höhe und schrie dann wütend:»Wär es möglich, wär es möglich! – O Himmel – Erde! – was noch sonst? – nenn' ich die Hölle mit! – Wer hat mir das getan, der schwarz grau gelbe Kater? – Und sie, die süße Gattin, treu und hold sonst, sie konnte, höllischen Trugs voll, den verachten, der oft, an ihrem Busen eingewiegt, in süßen Liebesträumen selig schwelgte? – O fließt, ihr Zähren, fließt der Undankbaren! – Himmel tausend sapperment, das geht nicht an, den bunten Kerl am Schornstein soll der Teufel holen!«
«Beruhigen Sie sich doch nur«, sprach Muzius,»Sie überlassen sich zu sehr der Wut des jähen Schmerzes. Als Ihr wahrer Freund mag ich Sie jetzt weiter nicht in Ihrer angenehmen Verzweiflung stören. Wollen Sie sich in Ihrer Trostlosigkeit ermorden, so könnte ich Ihnen zwar mit einem tüchtigen Rattenpulver aufwarten, ich will es aber nicht tun, da Sie sonst ein lieber charmanter Kater sind und es jammerschade wäre um Ihr junges Leben. Trösten Sie sich, lassen sie Miesmies laufen, es gibt der anmutigen Katzen noch viele in der Welt. – Adieu, Bester!«– Damit sprang Muzius fort durch die geöffnete Türe.
Sowie ich, still unter dem Ofen liegend, mehr nachsann über die Entdeckungen, die mir der Kater Muzius gemacht, fühlte ich wohl etwas in mir sich regen, wie heimliche Freude. Ich wußte nun, wie ich mit Miesmies daran war, und die Quälerei mit dem ungewissen Wesen war am Ende. Hatte ich aber anstandshalber erst die gehörige Verzweiflung geäußert, so glaubte ich, daß derselbe Anstand es erfordere, dem Schwarzgraugelben zu Leibe zu gehen. Ich belauschte zur Nachtzeit das Liebespaar hinter dem Schornstein, und fuhr mit den Worten:»Höllischer bestialischer Verräter«, auf meinen Nebenbuhler grimmig los. Der aber, an Stärke, wie ich leider zu spät bemerkte, mir weit überlegen, packte mich, ohrfeigte mich gräßlich ab, daß ich mehreres Pelzwerk einbüßte, und sprang dann schnell fort. Miesmies lag in Ohnmacht, als ich mich ihr aber näherte, sprang sie ebenso behende wie ihr Liebhaber auf, und ihm nach in den Dachboden hinein.
Lendenlahm, mit blutigen Ohren, schlich ich hinab zu meinem Meister, und verwünschte den Gedanken, meine Ehre konservieren zu wollen, hielt es auch für gar keine Schande, die Miesmies dem Schwarzgraugelben ganz und gar zu überlassen.
«Welch' ein feindliches Schicksal«, dacht' ich,»der himmlischromantischen Liebe halber werde ich in die Gosse geworfen, und das häusliche Glück verhilft mir zu nichts anderm, als zu gräßlichen Prügeln.«
Am andern Morgen erstaunte ich nicht wenig, als ich, aus dem Zimmer des Meisters heraustretend, Miesmies auf der Strohmatte fand.»Guter Murr«, sprach sie sanft und ruhig,»ich glaube zu fühlen, daß ich dich nicht mehr so liebe, als sonst, welches mich sehr schmerzt.«
«O teure Miesmies«, erwiderte ich zärtlich,»es zerschneidet mir das Herz, aber ich muß es gestehen, seit der Zeit, daß sich gewisse Dinge begeben, bist du mir auch gleichgültig geworden.«
«Nimm es nicht übel, sprach Miesmies weiter, süßer Freund, aber es ist mir so, als wärst du mir schon längst ganz unausstehlich gewesen.«
«Mächt'ger Himmel«, rief ich begeistert,»welche Sympathie der Seelen, mir geht es so, wie dir.«
Nachdem wir auf diese Weise einig geworden, daß wir uns einander ganz unausstehlich wären, und uns notwendigerweise trennen müßten auf ewig, umpfoteten wir uns auf das zärtlichste, und weinten heiße Tränen der Freude und des Entzückens!«—
Dann trennten wir uns, jeder war hinfort von der Vortrefflichkeit, von der Seelengröße des andern überzeugt, und pries sie jedem an, der davon hören mochte.
«Auch ich war in Arkadien«, rief ich, und legte mich auf die schönen Künste und Wissenschaften eifriger als jemals.
(Mak. Bl.) – Euch«, sprach Kreisler,»ja ich sag' es Euch aus tiefer Seele, diese Ruhe scheint mir bedrohlicher, als der wütendste Sturm. Es ist die dumpfe taube Schwüle vor dem zerstörenden Gewitter, in der sich jetzt alles an dem Hofe bewegt, den Fürst Irenäus im Duodezformat mit vergoldetem Schnitt, wie einen Almanach ans Tageslicht gebracht. Vergebens steckt der gnädigste Herr unaufhörlich glänzende Feste auf, wie Gewitterableiter, als zweiter Franklin, die Blitze werden doch einschlagen, und vielleicht sein eignes Staatskleid versengen. – Es ist wahr, Prinzessin Hedwiga gleicht jetzt in ihrem ganzen Wesen einer hell und klar hinströmenden Melodie, statt daß sonst wilde unruhige Akkorde durcheinander auffuhren aus ihrer wunden Brust, aber – Nun! und Hedwiga schreitet jetzt in verklärtem freundlichem Stolz an dem Arm des wackern Neapolitaner's daher, und Julia lächelt ihn an auf ihre holdselige Weise, und läßt sich seine Galanterien gefallen, die der Prinz, ohne ein Auge von der bestimmten Braut zu lassen, ihr so geschickt zuzuwenden weiß, daß sie ein junges unerfahrenes Gemüt wie Ricochett-Schüsse schärfer treffen müssen, als wenn das bedrohliche Geschütz geradezu darauf gerichtet! – Und doch glaubte sich, wie mir die Benzon erzählt, erst Hedwiga von dem mostro turchino erdrückt, und der sanften ruhigen Julia, dem Himmelskinde, wurde der schmucke General en chef zum schnöden Basilisk! – O ihr ahnenden Seelen, ihr hattet ja recht! – Teufel, hab ich denn nicht in Baumgartens Welthistorie gelesen, daß die Schlange, die uns um das Paradies gebracht, stolzierte in goldgleißendem Schuppenwams? – Das fällt mir ein, wenn ich den goldverbrämten Hektor sehe. – Hektor hieß übrigens sonst ein sehr würdiger Bullenbeißer, der unbeschreibliche Liebe und Treue zu mir hegte. – Ich wollt' er wär' bei mir, und ich könnt ihn dem fürstlichen Namensvetter in die Rockschöße hetzen, wenn er sich so recht spreizt zwischen dem holden Schwesterpaar! Oder sagt, Meister, da Ihr so manches Kunststück wisset, sagt mir, wie ich es anfange, mich bei schicklicher Gelegenheit in eine Wespe zu verwandeln, und den fürstlichen Hund dermaßen zu turbieren, daß er aus seinem verfluchten Konzept kommt!«—
«Ich habe Euch ausreden lassen, Kreisler«, nahm Meister Abraham das Wort,»und frage Euch nun, ob Ihr mich ruhig anhören wollt, wenn ich Euch gewisse Dinge entdecke, die Eure Ahnungen rechtfertigen?«
«Bin ich denn nicht«, erwiderte Kreisler,»ein gesetzter Kapellmeister – ich meine das nicht im philosophischen Sinn, daß ich mein Ich gesetzt als Kapellmeister; sondern beziehe das bloß auf die geistige Fähigkeit, in honetter Gesellschaft ruhig zu bleiben, wenn mich ein Floh sticht.«
«Nun also«, fuhr Meister Abraham fort,»wisset, Kreisler, daß ein seltsamer Zufall mir tiefe Blicke in des Prinzen Leben vergönnt hat. Ihr habt recht, wenn Ihr ihn mit der Schlange im Paradiese vergleicht. Unter der schönen Hülle – die werdet Ihr ihm nicht absprechen – liegt giftige Verderbtheit, ich möchte lieber sagen, Verruchtheit, verborgen. – Er führt Böses im Schilde – er hat, aus vielem was sich zugetragen weiß ich's – er hat es abgesehen auf die holde Julia.«—
«Hoho«, schrie Kreisler, indem er im Zimmer umhersprang,»blanker Vogel, sind das deine süßen Lieder? – Wetter, Wetter, der Prinz ist ein tüchtiger Kerl, er greift zu, mit beiden Krallen auf einmal, nach gebotenen und verbotenen Früchten! – Holla, süßer Neapolitaner, Du weißt nicht, daß Julien ein wackrer Kapellmeister, mit hinlänglicher Musik im Leibe, zur Seite steht, der hält Dich, sowie Du Dich ihr näherst, für einen verdammten Quartquinten-Akkord, der aufgelöst werden muß. Und der Kapellmeister tut, was seines Berufs ist, das heißt, er löst Dich auf, indem er Dir eine Kugel durch das Gehirn jagt, oder Dir gegenwärtigen Stockdegen durch den Leib rennt – Damit zog Kreisler seine Stockklinge heraus, setzte sich in Fechterpositur, und fragte den Meister, ob er Anstand genug besitze, einen fürstlichen Hund zu durchspießen. -»Seid doch nur ruhig, Kreisler«, erwiderte Meister Abraham,»es bedarf solcher Heldentaten gar nicht, um dem Prinzen das Spiel zu verderben. Es gibt andere Waffen für ihn, und die geb' ich Euch in die Hand. Gestern war ich im Fischerhäuschen, der Prinz kam mit seinem Adjutanten vorüber. Sie gewahrten mich nicht. ›Die Prinzessin ist schön‹, sprach der Prinz, ›aber die kleine Benzon ist göttlich! Mein ganzes Blut wallte siedend auf, als ich sie sah – ha, sie muß mein werden, noch ehe ich der Prinzessin die Hand reiche. – Glaubst Du, daß sie unerbittlich sein wird?‹ – ›Welches Weib hat Euch widerstanden, gnädigster Herr‹, erwiderte der Adjutant. – ›Aber, beim Teufel‹, fuhr der Prinz fort, ›sie scheint ein frommes Kind zu sein‹ – ›und ein argloses‹, fiel ihm der Adjutant lachend ins Wort, ›und die frommen arglosen Kindlein sind es ja eben, die überrascht von dem Angriff des sieggewohnten Mannes duldend unterliegen und dann alles für Gottes Fügung halten, wohl gar in ungemeine Liebe geraten zu dem Sieger! – Das kann Euch auch so gehen, gnädigster Herr!‹ – ›Das wäre toll genug‹, rief der Prinz. ›Aber könnte ich sie nur allein sehen – wie das anfangen?‹ – ›Nichts ist leichter als das«, erwiderte der Adjutant. ›Ich habe bemerkt, daß die Kleine oft allein lustwandelt in diesem Park. Wenn nun‹ – Jetzt verhallten die Stimmen in der Ferne, ich konnte nichts mehr verstehen! – Wahrscheinlich wird irgendein höllischer Plan schon heute ausgeführt, und der muß vereitelt werden. Ich könnte das selbst tun, aber aus gewissen Ursachen möchte ich mich zurzeit dem Prinzen nicht zeigen, daher müßt Ihr Kreisler gleich fort nach Sieghartshof, und aufpassen, wenn Julia etwa in der Dämmerung, wie sie zu tun pflegt, nach dem See lustwandelt, um den zahmen Schwan zu füttern. Diesen Gang hat wahrscheinlich der italienische Bösewicht erlauscht. – Doch empfangt die Waffe, Kreisler, und die höchst nötige Instruktion, damit Ihr im Kampf gegen den bedrohlichen Prinzen, als ein guter Feldherr Euch zeigen möget!«—
Der Biograph erschrickt abermals über das total Abrupte der Nachrichten, aus denen er gegenwärtige Geschichte zusammenstoppeln muß. – Wäre hier nicht schicklich einzurücken gewesen, welche Instruktion Meister Abraham dem Kapellmeister erteilte, denn zeigt sich auch später die Waffe selbst, so wird es Dir, geliebter Leser! doch unmöglich sein, einzusehen, was es damit für eine Bewandtnis hat. Doch kein einziges Wörtlein weiß der unglückliche Biograph zurzeit von jener Instruktion, mittels der (so viel scheint gewiß) der wackre Kreisler in ein ganz besonderes Geheimnis eingeweiht wurde. – Doch! gedulde Dich, günstiger Leser, noch ein wenig, bemeldeter Biograph setzt seinen Schreibedaumen zum Pfande, daß noch vor dem Schluß des Buches auch dieses Geheimnis an den Tag kommen soll. – Es ist nun zu erzählen, daß, sowie die Sonne zu sinken begann, Julia, ein Körbchen mit Weißbrot am Arm, singend durch den Park wandelte, zum See, und sich mitten auf die Brücke unweit des Fischerhäuschens stellte. Aber Kreisler lag im Hinterhalt des Gebüsches, und hatte einen tüchtigen Dollond vor den Augen, mit dem er scharf hinüberschaute durch die Sträucher, die ihn versteckten. Der Schwan plätscherte heran, und Julie warf ihm Brocken hinab, die er begierig wegnaschte. Julie fuhr fort im lauten Gesange, und so kam es, daß sie es nicht gewahrte, wie Prinz Hektor schnell heraneilte. Als er plötzlich bei ihr stand, fuhr sie zusammen wie im heftigen Schreck. Der Prinz faßte ihre Hand, drückte sie an die Brust, an die Lippen und legte sich dann dicht neben Julien über das Geländer der Brücke. Julia fütterte, indem der Prinz eifrig sprach, den Schwan, in den See hinabschauend. -»Schneide nicht solche infame süße Gesichter Potentat! merkst Du denn nicht, daß ich dicht vor Dir auf dem Geländer sitze und Dich erklecklich maulschellieren kann? – O Gott, warum färben sich Deine Wangen in immer höherem Purpur, Du holdes Himmelskind? – Warum blickst Du jetzt den Bösen so seltsam an? – Du lächelst? Ja es ist der glühende Gifthauch, vor dem sich Deine Brust öffnen muß, wie vor dem sengenden Sonnenstrahl sich die Knospe in den schönsten Blättern entfaltet, um desto jäher hinzusterben!«– So sprach Kreisler, das Paar beobachtend, das der gute Dollond ihm dicht herangerückt. – Der Prinz warf jetzt auch Brocken hinab, der Schwan verschmähte sie aber, und brach in ein lautes widriges Geschrei aus. Nun schlang der Prinz den Arm um Julia, und warf so die Brocken hinab, als sollte der Schwan glauben, daß es Julia sei, die ihn fütterte. Dabei berührte seine Wange beinahe die Wange Julia's. -»Recht so«, sprach Kreisler,»gnädigster Halunke, umkralle, würdiger Stoßvogel, nur Deine Beute recht fest, hier liegt aber einer im Busch, der schon auf Dich zielt, und sogleich Dir Deinen glänzenden Fittich lahmschießen wird, und es steht dann erbärmlich mit Dir und Deiner Freijagd!«
Nun faßte der Prinz Julias Arm, und beide schritten dem Fischerhäuschen zu. Dicht vor demselben trat aber Kreisler aus dem Gebüsch, schritt auf das Paar zu und sprach, indem er sich vor dem Prinzen tief bückte:»Ein herrlicher Abend, eine ungemein heitere Luft, ein erquickliches Aroma darin Sie müssen sich gnädigster Herr hier befinden, wie in dem schönen Neapolis.«—»Wer sind Sie mein Herr?«fuhr ihn der Prinz barsch an. Doch in demselben Augenblick machte sich auch Julia los von seinem Arm, trat freundlich auf Kreislern zu, reichte ihm die Hand und sprach:»O wie herrlich, lieber Kreisler, daß Sie wieder da sind. Wissen Sie wohl, daß ich mich recht herzlich nach Ihnen gesehnt habe? – In der Tat, die Mutter schilt, daß ich mich gebärde wie ein weinerliches ungezogenes Kind, wenn Sie nur einen einzigen Tag ausbleiben. Ich könnte krank werden vor Verdruß, wenn ich glaube, daß Sie mich, meinen Gesang aus der Acht lassen.»Ha«, rief der Prinz, giftige Blicke schießend, auf Julien, auf Kreislern,»ha, Sie sind Monsieur de Krösel. Der Fürst sprach sehr günstig von Ihnen!«—»Gesegnet«, sprach Kreisler, indem sein ganzes Gesicht in hundert Falten und Fältchen seltsam vibrierte,»gesegnet sei der gute Herr dafür, denn so wird es mir vielleicht gelingen, das zu erhalten, warum ich Sie gnädigster Prinz anflehen wollte, nämlich Ihre angenehme Protektion. – Ich habe die kühne Ahnung, daß Sie mir auf den ersten Blick Ihr Wohlwollen zuwandten, da Sie im Vorübergehen aus höchst eigner Bewegung, mich zum Hasenfuß zu kreieren geruhten, und da nun Hasenfüße zu allem nur Ersinnlichen taugen so«—»Sie sind, unterbrach ihn der Prinz, ein spaßhafter Mann.«—»Ganz und gar nicht«, fuhr Kreisler fort,»ich liebe zwar den Spaß, aber nur den schlechten, und der ist nun wieder nicht spaßhaft. Gegenwärtig wollt' ich gern nach Neapel gehen, und beim Molo einige gute Fischer– und Banditenlieder aufschreiben ad usum delphini. Sie sind, bester Prinz, ein gütiger kunstliebender Herr, sollten Sie mir vielleicht durch einige Empfehlungen.«—»Sie sind«, unterbrach ihn der Prinz auf's neue,»Sie sind ein spaßhafter Mann, Monsieur de Krösel, ich liebe das, ich liebe das in der Tat, aber jetzt mag ich Sie in Ihrem Spaziergange nicht aufhalten – Adieu!«—»Nein, gnädigster Herr«, rief Kreisler,»ich kann die Gelegenheit nicht vorüberlassen, ohne mich Ihnen in meinem vollsten Lüstre zu zeigen. Sie wollten in das Fischerhäuschen treten, dort steht ein kleines Pianoforte, Fräulein Julia ist gewiß so gütig, mit mir ein Duett zu singen!«—»Mit tausend Freuden«, rief Julia und hing sich an Kreislers Arm. Der Prinz biß die Zähne zusammen und schritt stolz voran. Im Gehen flüsterte Julia Kreislern ins Ohr:»Kreisler, welche seltsame Stimmung.«—»O Gott«, erwiderte Kreisler ebenso leise,»und Du liegst eingelullt in betörenden Träumen, wenn die Schlange sich naht, Dich zu töten mit giftigem Biß?«– Julia blickte ihn an im tiefsten Erstaunen. Nur ein einziges Mal, im Moment der höchsten musikalischen Begeisterung, hatte Kreisler sie Du genannt. – Als das Duett geendet, brach der Prinz, der schon während des Gesanges öfters Brava, bravissima gerufen, aus in stürmischen Beifall. Er bedeckte Julia's Hände mit feurigen Küssen, er schwor, daß kein Gesang jemals so sein ganzes Wesen durchdrungen, und bat Julien, es zu verstatten, daß er einen Kuß auf die Himmels-Lippen drücke, über die der Nektarstrom der Paradieseslaute geflossen.
Julia wich scheu zurück. Kreisler trat vor den Prinzen hin und sprach:»Da Sie mir, Gnädigster! auch nicht ein Wörtlein des Lobes zuwenden wollen, das ich als Komponist und wackerer Sänger ebensogut verdient zu haben vermeine, als Fräulein Julia, so merke ich schon, daß ich mit meinen schwachen musikalischen Kenntnissen nicht stark genug wirke. Aber auch in der Malerei bin ich erfahren, und werde die Ehre haben, Ihnen ein kleines Bildnis zu zeigen, das eine Person vorstellt, deren merkwürdiges Leben und seltsames Ende mir so bekannt ist, daß ich alles jedem erzählen kann, der es nur hören will.«—»Überlästiger Mensch!«murmelte der Prinz. Kreisler zog ein Kästchen aus der Tasche, nahm ein kleines Bildnis heraus, und hielt es dem Prinzen entgegen. Er blickte hin, alles Blut schwand von dem Antlitz, seine Augen starrten, seine Lippen bebten, zwischen den Zähnen murmelnd:»Maledetto!«stürzte er fort.
«Was ist das?«rief Julia zum Tode erschrocken,»um aller Heiligen willen, was ist das, Kreisler – sagen Sie mir alles!«
«Tolles Zeug«, erwiderte Kreisler,»lustige Streiche, Teufelsbannerei! Sehn Sie, teures Fräulein, wie der gütige Prinz mit den allerlängsten Schritten, deren seine gnädigsten Beine mächtig, über die Brücke läuft! – Gott! er verleugnet ganz seine süße idyllische Natur, er schaut nicht einmal in den See, er verlangt nicht mehr, den Schwan zu füttern, der liebe gute – Teufel!«
«Kreisler«, sprach Julia,»Ihr Ton geht eiskalt durch mein Inneres, ich ahne Unheil – was haben Sie mit dem Prinzen?«
Der Kapellmeister trat von dem Fenster weg, an dem er gestanden, schaute tief bewegt Julia an, die vor ihm stand, die Hände gefaltet, als wolle sie den guten Geist anflehen, daß er die Angst von ihr nehme, die ihr Tränen aus den Augen preßte.»Nein«, sprach Kreisler,»kein feindlicher Mißton soll den Wohllaut des Himmels verstören, der in Deinem Gemüt wohnt, du frommes Kind! – In gleisnerischer Verkappung gehen die Geister der Hölle durch die Welt, aber sie haben keine Macht über Dich, und Du darfst sie nicht erkennen in ihrem schwarzen Tun und Treiben! – Sein Sie ruhig, Julia! – lassen Sie mich schweigen, es ist nun alles vorüber!«—
In dem Augenblick trat die Benzon hinein in großer Bewegung.»Was ist geschehen«, rief sie,»was ist geschehen? – Wie rasend stürzt der Prinz dicht bei mir vorüber, ohne mich zu sehen. Dicht bei dem Schloß kommt ihm der Adjutant entgegen, sie sprechen beide heftig miteinander, dann gibt der Prinz, so glaubt' ich zu bemerken, dem Adjutanten irgendeinen wichtigen Auftrag, denn indem der Prinz in das Schloß schreitet, stürzt der Adjutant in größter Eil nach dem Pavillon, in dem er wohnt. – Der Gärtner sagte mir, Du hättest mit dem Prinzen auf der Brücke gestanden, da überfiel mich, selbst weiß ich nicht warum, die fürchterliche Ahnung irgend etwas Entsetzlichen, das sich begeben – ich eilte her, sagt, was ist geschehen?«– Julia erzählte alles.»Geheimnisse?«fragte die Benzon scharf, indem sie einen durchbohrenden Blick auf Kreislern warf.»Beste Rätin«, antwortete Kreisler,»es gibt Augenblicke – Lagen – Situationen vielmehr, mein' ich, in denen der Mensch durchaus das Maul halten muß, da er, sobald er es öffnet, nichts herausbringt, als konfuses Zeug, das die vernünftigen Leute irritiert!«– Dabei blieb es, unerachtet die Benzon verletzt schien durch Kreisler's Schweigen.
Der Kapellmeister begleitete die Rätin mit Julien bis an's Schloß, dann begab er sich auf den Rückweg nach Sieghartsweiler. Sowie er in den Laubgängen des Parkes verschwunden, trat der Adjutant des Prinzen aus dem Pavillon und verfolgte denselben Weg, den Kreisler genommen. Bald darauf fiel tief im Walde ein Schuß!
In derselben Nacht verließ der Prinz Sieghartsweiler, er hatte sich bei dem Fürsten schriftlich beurlaubt, und baldige Rückkehr versprochen. Als am andern Morgen der Gärtner mit seinen Leuten den Park durchsuchte, fand er Kreisler's Hut, an dem blutige Spuren befindlich. Er selbst war und blieb verschwunden. – Man —
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