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Автор книги: Иоганн Вольфганг Гёте


Жанр: Литература 19 века, Классика


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Trüber Tag
Feld

Faust. Mephistopheles.

Faust

Im Elend! Verzweifelnd! Erbärmlich auf der Erde lange verirrt und nun gefangen! Als Missethäterinn im Kerker zu entsetzlichen Qualen eingesperrt das holde unselige Geschöpf! Bis dahin! dahin! – Verräthrischer, nichtswürdiger Geist, und das hast du mir verheimlicht! – Steh nur, steh! wälze die teuflischen Augen ingrimmend im Kopf herum! Steh und trutze mir durch deine unerträgliche Gegenwart! Gefangen! Im unwiederbringlichen Elend! Bösen Geistern übergeben und der richtenden gefühllosen Menschheit! Und mich wiegst du indeß in abgeschmackten Zerstreuungen, verbirgst mir ihren wachsenden Jammer und lässest sie hülflos verderben!

Mephistopheles

Sie ist die erste nicht.

Faust

Hund! abscheuliches Unthier! – Wandle ihn, du unendlicher Geist! wandle den Wurm wieder in seine Hundsgestalt, wie er sich oft nächtlicher Weise gefiel vor mir herzutrotten, dem harmlosen Wandrer vor die Füße zu kollern und sich dem niederstürzenden auf die Schultern zu hängen. Wandl’ ihn wieder in seine Lieblingsbildung, daß er vor mir im Sand auf dem Bauch krieche, ich ihn mit Füßen trete, den Verworfnen! – die erste nicht! – Jammer! Jammer! von keiner Menschenseele zu fassen, daß mehr als ein Geschöpf in die Tiefe dieses Elendes versank, daß nicht das erste genugthat für die Schuld aller übrigen in seiner windenden Todesnoth vor den Augen des ewig Verzeihenden! Mir wühlt es Mark und Leben durch das Elend dieser einzigen, du grinsest gelassen über das Schicksal von Tausenden hin.

Mephistopheles

Nun sind wir schon wieder an der Gränze unsres Witzes, da wo euch Menschen der Sinn überschnappt. Warum machst du Gemeinschaft mit uns, wenn du sie nicht durchführen kannst? Willst fliegen und bist vorm Schwindel nicht sicher? Drangen wir uns dir auf, oder du dich uns?

Faust

Fletsche deine gefräßigen Zähne mir nicht so entgegen! Mir eckelts! – Großer herrlicher Geist, der du mir zu erscheinen würdigtest, der du mein Herz kennest und meine Seele, warum an den Schandgesellen mich schmieden? der sich am Schaden weidet und am Verderben sich letzt.

Mephistopheles

Endigst du?

Faust

Rette sie! oder weh dir! den gräßlichsten Fluch über dich auf Jahrtausende!

Mephistopheles

Ich kann die Bande des Rächers nicht lösen, seine Riegel nicht öffnen. – Rette sie! – Wer war’s, der sie ins Verderben stürzte? Ich oder du?


Faust blickt wild umher.

Mephistopheles

Greifst du nach dem Donner? Wohl, daß er euch elenden Sterblichen nicht gegeben ward! Den unschuldig entgegnenden zu zerschmettern, das ist so Tyrannen-Art sich in Verlegenheiten Luft zu machen.

Faust

Bringe mich hin! Sie soll frey seyn!

Mephistopheles

Und die Gefahr der du dich aussetzest? Wisse, noch liegt auf der Stadt Blutschuld von deiner Hand. Ueber des Erschlagenen Stätte schweben rächende Geister und lauern auf den wiederkehrenden Mörder.

Faust

Noch das von dir? Mord und Tod einer Welt über dich Ungeheuer! Führe mich hin, sag’ ich, und befrey sie!

Mephistopheles

Ich führe dich und was ich thun kann, höre! Habe ich alle Macht im Himmel und auf Erden? Des Thürners Sinne will ich umnebeln, bemächtige dich der Schlüssel und führe sie heraus mit Menschenhand. Ich wache! die Zauberpferde sind bereit, ich entführe euch. Das vermag ich!

Faust

Auf und davon!

Nacht, offen Feld

Faust, Mephistopheles auf schwarzen Pferden daher brausend.

Faust
 
Was weben die dort um den Rabenstein?
 
Mephistopheles
 
Weiß nicht was sie kochen und schaffen.
 
Faust
 
Schweben auf, schweben ab, neigen sich, beugen sich.
 
Mephistopheles
 
Eine Hexenzunft.
 
Faust
 
Sie streuen und weihen.
 
Mephistopheles
 
Vorbey! Vorbey!
 
Kerker

Faust, mit einem Bund Schlüssel und einer Lampe, vor einem eisernen Thürchen.

Faust
 
Mich faßt ein längst entwohnter Schauer,
Der Menschheit ganzer Jammer faßt mich an.
Hier wohnt sie hinter dieser feuchten Mauer,
Und ihr Verbrechen war ein guter Wahn!
Du zauderst zu ihr zu gehen!
Du fürchtest sie wieder zu sehen!
Fort! dein Zagen zögert den Tod heran.
 

er ergreift das Schloß. Es singt inwendig.

 
Meine Mutter, die Hur,
Die mich umgebracht hat!
Mein Vater, der Schelm,
Der mich gessen hat!
Mein Schwesterlein klein
Hub auf die Bein,
An einem kühlen Ort;
Da ward ich ein schönes Waldvögelein,
Fliege fort, fliege fort!
 
Faust aufschließend
 
Sie ahndet nicht, daß der Geliebte lauscht,
Die Ketten klirren hört, das Stroh das rauscht.
 

er tritt ein.

Margarete sich auf dem Lager verbergend
 
Weh! Weh! Sie kommen. Bittrer Tod!
 
Faust leise
 
Still! Still! ich komme dich zu befreyen.
 
Margarete sich vor ihn hinwälzend
 
Bist du ein Mensch, so fühle meine Noth.
 
Faust
 
Du wirst die Wächter aus dem Schlafe schreyen!
 

er faßt die Ketten, sie aufzuschließen.

Margarete auf den Knieen
 
Wer hat dir Henker diese Macht
Ueber mich gegeben!
Du holst mich schon um Mitternacht.
Erbarme dich und laß mich leben!
Ist’s morgen früh nicht zeitig genung?
 

sie steht auf.

 
Bin ich doch noch so jung, so jung!
Und soll schon sterben!
Schön war ich auch, und das war mein Verderben.
Nah war der Freund, nun ist er weit,
Zerrissen liegt der Kranz, die Blumen zerstreut.
Fasse mich nicht so gewaltsam an!
Schone mich! Was hab’ ich dir gethan?
Laß mich nicht vergebens flehen,
Hab’ ich dich doch mein Tage nicht gesehen!
 
Faust
 
Werd’ ich den Jammer überstehen!
 
Margarete
 
Ich bin nun ganz in deiner Macht.
Laß mich nur erst das Kind noch tränken.
Ich herzt’ es diese ganze Nacht;
Sie nahmen mir’s um mich zu kränken
Und sagen nun, ich hätt’ es umgebracht.
Und niemals werd’ ich wieder froh.
Sie singen Lieder auf mich! Es ist bös von den Leuten!
Ein altes Mährchen endigt so,
Wer heißt sie’s deuten?
 
Faust wirft sich nieder
 
Ein Liebender liegt dir zu Füßen
Die Jammerknechtschaft aufzuschließen.
 

Margarete wirft sich zu ihm

 
O laß uns knien die Heil’gen anzurufen!
Sieh! unter diesen Stufen,
Unter der Schwelle
Siedet die Hölle!
Der Böse,
Mit furchtbarem Grimme,
Macht ein Getöse!
 
Faust laut
 
Gretchen! Gretchen!
 
Margarete aufmerksam
 
Das war des Freundes Stimme!
 

Sie springt auf. Die Ketten fallen ab.

 
Wo ist er? ich hab’ ihn rufen hören.
Ich bin frey! mir soll niemand wehren.
An seinen Hals will ich fliegen,
An seinem Busen liegen!
Er rief Gretchen! Er stand auf der Schwelle.
Mitten durch’s Heulen und Klappen der Hölle,
Durch den grimmigen, teuflischen Hohn,
Erkannt’ ich den süßen, den liebenden Ton.
 
Faust
 
Ich bin’s!
 
Margarete
 
Du bist’s! O sag’ es noch einmal!
 

ihn fassend.

 
Er ist’s! Er ist’s! Wohin ist alle Qual?
Wohin die Angst des Kerkers? der Ketten?
Du bist’s! Kommst mich zu retten.
Ich bin gerettet! —
Schon ist die Straße wieder da,
Auf der ich dich zum erstenmale sah.
Und der heitere Garten,
Wo ich und Marthe deiner warten.
 
Faust fortstrebend
 
Komm mit! Komm mit!
 
Margarete
 
O weile!
Weil’ ich doch so gern wo du weilest.
 

liebkosend.

Faust
 
Eile!
Wenn du nicht eilest,
Werden wir’s theuer büßen müssen.
 
Margarete
 
Wie? du kannst nicht mehr küssen?
Mein Freund, so kurz von mir entfernt,
Und hast’s Küssen verlernt?
Warum wird mir an deinem Halse so bang?
Wenn sonst von deinen Worten, deinen Blicken
Ein ganzer Himmel mich überdrang,
Und du mich küßtest als wolltest du mich ersticken.
Küsse mich!
Sonst küss’ ich dich!
 

Sie umfaßt ihn.

 
O weh! deine Lippen sind kalt,
Sind stumm.
Wo ist dein Lieben
Geblieben?
Wer brachte mich drum?
 

sie wendet sich von ihm.

Faust
 
Komm! Folge mir! Liebchen fasse Muth!
Ich herze dich mit tausendfacher Glut,
Nur folge mir! Ich bitte dich nur dieß!
 
Margarete zu ihm gewendet
 
Und bist du’s denn? Und bist du’s auch gewiß.
 
Faust
 
Ich bin’s! Komm mit!
 
Margarete
 
Du machst die Fesseln los,
Nimmst wieder mich in deinen Schoos.
Wie kommt es, daß du dich vor mir nicht scheust? —
Und weißt du denn, mein Freund, wen du befreyst?
 
Faust
 
Komm! komm! schon weicht die tiefe Nacht.
 
Margarete
 
Meine Mutter hab’ ich umgebracht,
Mein Kind hab’ ich ertränkt.
War es nicht dir und mir geschenkt?
Dir auch – Du bist’s! ich glaub’ es kaum.
Gieb deine Hand! Es ist kein Traum!
Deine liebe Hand! – Ach aber sie ist feucht!
Wische sie ab! Wie mich däucht
Ist Blut dran.
Ach Gott! was hast du gethan!
Stecke den Degen ein,
Ich bitte dich drum!
 
Faust
 
Laß das Vergang’ne vergangen seyn,
Du bringst mich um.
 
Margarete
 
Nein, du mußt übrig bleiben!
Ich will dir die Gräber beschreiben,
Für die mußt du sorgen
Gleich morgen;
Der Mutter den besten Platz geben,
Meinen Bruder sogleich darneben,
Mich ein wenig bey Seit’,
Nur nicht gar zu weit!
Und das Kleine mir an die rechte Brust.
Niemand wird sonst bey mir liegen! —
Mich an deine Seite zu schmiegen
Das war ein süßes, ein holdes Glück!
Aber es will mir nicht mehr gelingen,
Mir ist’s als müßt’ ich mich zu dir zwingen,
Als stießest du mich von dir zurück.
Und doch bist du’s und blickst so gut, so fromm.
 
Faust
 
Fühlst du daß ich es bin, so komm!
 
Margarete
 
Dahinaus?
 
Faust
 
In’s Freye.
 
Margarete
 
Ist das Grab drauß’,
Lauert der Tod; so komm!
Von hier in’s ewige Ruhebett
Und weiter keinen Schritt —
Du gehst nun fort? O Heinrich könnt’ ich mit!
 
Faust
 
Du kannst! So wolle nur! die Thür steht offen.
 
Margarete.
 
Ich darf nicht fort; für mich ist nichts zu hoffen.
Was hilft es fliehn? sie lauern doch mir auf.
Es ist so elend betteln zu müssen,
Und noch dazu mit bösem Gewissen!
Es ist so elend in der Fremde schweifen
Und sie werden mich doch ergreifen!
 
Faust
 
Ich bleibe bey dir.
 
Margarete
 
Geschwind! Geschwind!
Rette dein armes Kind.
Fort! immer den Weg
Am Bach hinauf,
Ueber den Steg,
In den Wald hinein,
Links wo die Planke steht,
Im Teich.
Faß es nur gleich!
Es will sich heben,
Es zappelt noch,
Rette! rette!
 
Faust
 
Besinne dich doch!
Nur Einen Schritt, so bist du frey!
 
Margarete
 
Wären wir nur den Berg vorbey!
Da sitzt meine Mutter auf einem Stein,
Es faßt mich kalt beym Schopfe!
Da sizt meine Mutter auf einem Stein
Und wackelt mit dem Kopfe;
Sie winkt nicht, sie nickt nicht, der Kopf ist ihr schwer,
Sie schlief so lange, sie wacht nicht mehr.
Sie schlief damit wir uns freuten.
Es waren glückliche Zeiten!
 
Faust
 
Hilft hier kein Flehen, hilft kein Sagen;
So wag’ ich’s dich hinweg zu tragen.
 
Margarete
 
Laß mich! Nein, ich leide keine Gewalt!
Fasse mich nicht so mörderisch an!
Sonst hab’ ich dir ja alles zu lieb gethan.
 
Faust
 
Der Tag graut! Liebchen! Liebchen!
 
Margarete
 
Tag! Ja es wird Tag! der letzte Tag dringt herein!
Mein Hochzeittag sollt’ es seyn!
Sag Niemand daß du schon bey Gretchen warst.
Weh meinem Kranze!
Es ist eben geschehn!
Wir werden uns wiedersehn;
Aber nicht beym Tanze.
Die Menge drängt sich, man hört sie nicht.
Der Platz, die Gassen
Können sie nicht fassen.
Die Glocke ruft, das Stäbchen bricht.
Wie sie mich binden und packen!
Zum Blutstuhl bin ich schon entrückt.
Schon zuckt nach jedem Nacken
Die Schärfe die nach meinem zückt.
Stumm liegt die Welt wie das Grab!
 
Faust
 
O wär’ ich nie geboren!
 
Mephistopheles erscheint draußen
 
Auf! oder ihr seyd verloren.
Unnützes Zagen! Zaudern und Plaudern!
Meine Pferde schaudern,
Der Morgen dämmert auf.
 
Margarete
 
Was steigt aus dem Boden herauf?
Der! der! Schicke ihn fort!
Was will der an dem heiligen Ort?
Er will mich!
 
Faust
 
Du sollst leben!
 
Margarete
 
Gericht Gottes! dir hab’ ich mich übergeben!
 
Mephistopheles zu Faust
 
Komm! komm! Ich lasse dich mit ihr im Stich.
 
Margarete
 
Dein bin ich, Vater! Rette mich!
Ihr Engel! Ihr heiligen Schaaren,
Lagert euch umher, mich zu bewahren!
Heinrich! Mir graut’s vor dir.
 
Mephistopheles
 
Sie ist gerichtet!
 
Stimme von oben
 
Ist gerettet!
 
Mephistopheles zu Faust
 
Her zu mir!
 

verschwindet mit Faust.

Stimme von innen,
verhallend
 
Heinrich! Heinrich!
 
Zweyter Theil

Erster ActAnmuthige Gegend

Faust auf blumigen Rasen gebettet, ermüdet, unruhig, schlafsuchend.

Dämmerung. Geister-Kreis schwebend bewegt, anmuthige kleine Gestalten.

Ariel

(Gesang von Aeolsharfen begleitet.)

 
Wenn der Blüthen Frühlings-Regen
Ueber Alle schwebend sinkt,
Wenn der Felder grüner Segen
Allen Erdgebornen blinkt,
Kleiner Elfen Geistergröße
Eilet wo sie helfen kann,
Ob er heilig? ob er böse?
Jammert sie der Unglücksmann.
Die ihr dieß Haupt umschwebt im luft’gen Kreise,
Erzeigt euch hier nach edler Elfen Weise,
Besänftiget des Herzens grimmen Strauß;
Entfernt des Vorwurfs glühend bittre Pfeile,
Sein Innres reinigt von erlebtem Graus.
Vier sind die Pausen nächtiger Weile,
Nun ohne Säumen füllt sie freundlich aus.
Erst senkt sein Haupt auf’s kühle Polster nieder,
Dann badet ihn im Thau aus Lethe’s Fluth;
Gelenk sind bald die krampferstarrten Glieder,
Wenn er gestärkt dem Tag entgegen ruht.
Vollbringt der Elfen schönste Pflicht,
Gebt ihn zurück dem heiligen Licht.
 
Chor

(Einzeln, zu zweyen und vielen, abwechselnd und gesammelt.)

 
Wenn sich lau die Lüfte füllen
Um den grünumschränkten Plan,
Süße Düfte, Nebelhüllen
Senkt die Dämmerung heran;
Lispelt leise süßen Frieden,
Wiegt das Herz in Kindesruh,
Und den Augen dieses Müden
Schließt des Tages Pforte zu.
 
 
Nacht ist schon hereingesunken,
Schließt sich heilig Stern an Stern;
Große Lichter, kleine Funken,
Glitzern nah und glänzen fern;
 
 
Glitzern hier im See sich spiegelnd,
Glänzen droben klarer Nacht;
Tiefsten Ruhens Glück besiegelnd
Herrscht des Mondes volle Pracht.
 
 
Schon verloschen sind die Stunden,
Hingeschwunden Schmerz und Glück;
Fühl’ es vor! Du wirst gesunden;
Traue neuem Tagesblick.
Thäler grünen, Hügel schwellen,
Buschen sich zu Schatten-Ruh;
Und in schwanken Silberwellen
Wogt die Saat der Ernte zu.
 
 
Wunsch um Wünsche zu erlangen
Schaue nach dem Glanze dort!
Leise bist du nur umfangen,
Schlaf ist Schale, wirf sie fort!
Säume nicht dich zu erdreisten
Wenn die Menge zaudernd schweift;
Alles kann der Edle leisten,
Der versteht und rasch ergreift.
 

(Ungeheures Getöse verkündet das Herannahen der Sonne.)

Ariel
 
Horchet! horcht! dem Sturm der Horen,
Tönend wird für Geistes-Ohren
Schon der neue Tag geboren.
Felsenthore knarren rasselnd,
Phöbus Räder rollen prasselnd;
Welch Getöse bringt das Licht!
Es trommetet, es posaunet,
Auge blinzt und Ohr erstaunet,
Unerhörtes hört sich nicht.
Schlüpfet zu den Blumenkronen,
Tiefer tiefer, still zu wohnen,
In die Felsen, unter’s Laub;
Trifft es euch so seyd ihr taub.
 
Faust
 
Des Lebens Pulse schlagen frisch lebendig,
Aetherische Dämm’rung milde zu begrüßen;
Du Erde warst auch diese Nacht beständig,
Und athmest neu erquickt zu meinen Füßen,
Beginnest schon mit Lust mich zu umgeben,
Du regst und rührst ein kräftiges Beschließen,
Zum höchsten Daseyn immerfort zu streben. —
In Dämmerschein liegt schon die Welt erschlossen,
Der Wald ertönt von tausendstimmigem Leben,
Thal aus, Thal ein ist Nebelstreif ergossen;
Doch senkt sich Himmelsklarheit in die Tiefen,
Und Zweig und Aeste, frisch erquickt, entsprossen
Dem duft’gen Abgrund wo versenkt sie schliefen;
Auch Farb’ an Farbe klärt sich los vom Grunde,
Wo Blum’ und Blatt von Zitterperle triefen,
Ein Paradies wird um mich her die Runde.
 
 
Hinaufgeschaut! – Der Berge Gipfelriesen
Verkünden schon die feierlichste Stunde;
Sie dürfen früh des ewigen Lichts genießen
Das später sich zu uns hernieder wendet.
Jetzt zu der Alpe grüngesenkten Wiesen
Wird neuer Glanz und Deutlichkeit gespendet,
Und stufenweis herab ist es gelungen; —
Sie tritt hervor! – und, leider schon geblendet,
Kehr’ ich mich weg, vom Augenschmerz durchdrungen.
 
 
So ist es also, wenn ein sehnend Hoffen
Dem höchsten Wunsch sich traulich zugerungen,
Erfüllungspforten findet flügeloffen;
Nun aber bricht aus jenen ewigen Gründen
Ein Flammen-Uebermaß, wir stehn betroffen;
Des Lebens Fackel wollten wir entzünden,
Ein Feuermeer umschlingt uns, welch’ ein Feuer!
Ist’s Lieb? Ist’s Haß? die glühend uns umwinden,
Mit Schmerz und Freuden wechselnd ungeheuer,
So daß wir wieder nach der Erde blicken,
Zu bergen uns in jugendlichstem Schleier.
 
 
So bleibe denn die Sonne mir im Rücken!
Der Wassersturz, das Felsenriff durchbrausend,
Ihn schau’ ich an mit wachsendem Entzücken.
Von Sturz zu Sturzen wälzt er jetzt in tausend
Dann aber tausend Strömen sich ergießend,
Hoch in die Lüfte Schaum an Schäume sausend.
Allein wie herrlich diesem Sturm ersprießend,
Wölbt sich des bunten Bogens Wechsel-Dauer,
Bald rein gezeichnet, bald in Luft zerfließend,
Umher verbreitend duftig kühle Schauer.
Der spiegelt ab das menschliche Bestreben.
Ihm sinne nach und du begreifst genauer:
Am farbigen Abglanz haben wir das Leben.
 
Kaiserliche Pfalz

Saal des Thrones. Staatsrath in Erwartung des Kaisers. Trompeten. Hofgesinde (aller Art prächtig gekleidet tritt ein).

Der Kaiser (gelangt auf den Thron; zu seiner Rechten der Astrolog).

Kaiser
 
Ich grüße die Getreuen, Lieben,
Versammelt aus der Näh’ und Weite; —
Den Weisen seh’ ich mir zur Seite,
Allein wo ist der Narr geblieben?
 
Junker
 
Gleich hinter deiner Mantel-Schleppe
Stürzt’ er zusammen auf der Treppe,
Man trug hinweg das Fett-Gewicht,
Todt oder trunken? weiß man nicht.
 
Zweyter Junker
 
Sogleich mit wunderbarer Schnelle
Drängt sich ein andrer an die Stelle;
Gar köstlich ist er aufgeputzt,
Doch fratzenhaft daß jeder stutzt;
Die Wache hält ihm an der Schwelle
Kreuzweis die Hellebarden vor —
Da ist er doch der kühne Thor!
 
Mephistopheles

(am Throne knieend).

 
Was ist verwünscht und stets willkommen?
Was ist ersehnt und stets verjagt?
Was immerfort in Schutz genommen?
Was hart gescholten und verklagt?
Wen darfst du nicht herbeiberufen?
Wen höret jeder gern genannt?
Was naht sich deines Thrones Stufen?
Was hat sich selbst hinweggebannt?
 
Kaiser
 
Für dießmal spare deine Worte!
Hier sind die Räthsel nicht am Orte,
Das ist die Sache dieser Herrn. —
Da löse du! das hört’ ich gern.
Mein alter Narr ging, fürcht’ ich, weit in’s Weite;
Nimm seinen Platz und komm an meine Seite.
 

Mephistopheles steigt hinauf und stellt sich zur Linken.

Gemurmel der Menge
 
Ein neuer Narr – Zu neuer Pein —
Wo kommt er her – Wie kam er ein —
Der alte fiel – der hat verthan —
Es war ein Faß – Nun ist’s ein Span —
 
Kaiser
 
Und also ihr Getreuen, Lieben,
Willkommen aus der Näh’ und Ferne;
Ihr sammelt euch mit günstigem Sterne;
Da droben ist uns Glück und Heil geschrieben.
Doch sagt warum in diesen Tagen,
Wo wir der Sorgen uns entschlagen,
Schönbärte mummenschänzlich tragen
Und Heitres nur genießen wollten,
Warum wir uns rathschlagend quälen sollten?
Doch weil ihr meint es ging nicht anders an,
Geschehen ist’s, so sey’s gethan.
 
Canzler
 
Die höchste Tugend, wie ein Heiligen-Schein,
Umgibt des Kaisers Haupt, nur er allein
Vermag sie gültig auszuüben:
Gerechtigkeit! – Was alle Menschen lieben,
Was alle fordern, wünschen, schwer entbehren,
Es liegt an ihm dem Volk‘ es zu gewähren.
Doch ach! Was hilft dem Menschengeist Verstand,
Dem Herzen Güte, Willigkeit der Hand,
Wenn’s fieberhaft durchaus im Staate wüthet,
Und Uebel sich in Uebeln überbrütet.
Wer schaut hinab von diesem hohen Raum
In’s weite Reich, ihm scheint’s ein schwerer Traum,
Wo Mißgestalt in Mißgestalten schaltet,
Das Ungesetz gesetzlich überwaltet,
Und eine Welt des Irrthums sich entfaltet.
 
 
Der raubt sich Heerden, der ein Weib,
Kelch, Kreuz und Leuchter vom Altare,
Berühmt sich dessen manche Jahre
Mit heiler Haut, mit unverletztem Leib.
Jetzt drängen Kläger sich zur Halle,
Der Richter prunkt auf hohem Pfühl,
Indessen wogt, in grimmigem Schwalle
Des Aufruhrs wachsendes Gewühl.
Der darf auf Schand’ und Frevel pochen
Der auf Mitschuldigste sich stützt,
Und: Schuldig! hörst du ausgesprochen
Wo Unschuld nur sich selber schützt.
So will sich alle Welt zerstückeln,
Vernichtigen was sich gebührt;
Wie soll sich da der Sinn entwickeln
Der einzig uns zum Rechten führt?
Zuletzt ein wohlgesinnter Mann
Neigt sich dem Schmeichler, dem Bestecher;
Ein Richter, der nicht strafen kann,
Gesellt sich endlich zum Verbrecher;
Ich malte schwarz, doch dichtern Flor
Zög ich dem Bilde lieber vor.
 

(Pause.)

 
Entschlüsse sind nicht zu vermeiden,
Wenn alle schädigen, alle leiden,
Geht selbst die Majestät zu Raub.
 
Heermeister
 
Wie tobt’s in diesen wilden Tagen!
Ein jeder schlägt und wird erschlagen,
Und für’s Commando bleibt man taub.
Der Bürger hinter seinen Mauern,
Der Ritter auf dem Felsennest,
Verschwuren sich uns auszudauern
Und halten ihre Kräfte fest.
Der Miethsoldat wird ungeduldig,
Mit Ungestüm verlangt er seinen Lohn,
Und wären wir ihm nichts mehr schuldig
Er liefe ganz und gar davon.
Verbiete wer was Alle wollten,
Der hat ins Wespennest gestört;
Das Reich das sie beschützen sollten,
Es liegt geplündert und verheert.
Man läßt ihr Toben, wüthend Hausen,
Schon ist die halbe Welt verthan;
Es sind noch Könige da draußen,
Doch keiner denkt es ging’ ihn irgend an.
 
Schatzmeister
 
Wer wird auf Bundsgenossen pochen!
Subsidien die man uns versprochen,
Wie Röhrenwasser bleiben aus.
Auch Herr, in deinen weiten Staaten
An wen ist der Besitz gerathen?
Wohin man kommt da hält ein Neuer Haus,
Und unabhängig will er leben;
Zusehen muß man wie er’s treibt;
Wir haben so viel Rechte hingegeben,
Daß uns auf nichts ein Recht mehr übrig bleibt.
Auch auf Parteyen, wie sie heißen,
Ist heut zu Tage kein Verlaß;
Sie mögen schelten oder preisen,
Gleichgültig wurden Lieb und Haß.
Die Ghibellinen wie die Guelfen
Verbergen sich um auszuruhn;
Wer jetzt will seinem Nachbar helfen?
Ein jeder hat für sich zu thun.
Die Goldespforten sind verrammelt,
Ein jeder kratzt und scharrt und sammelt
Und unsre Cassen bleiben leer.
 
Marschalk
 
elch Unheil muß auch ich erfahren;
Wir wollen alle Tage sparen
Und brauchen alle Tage mehr.
Und täglich wächs’t mir neue Pein.
Den Köchen thut kein Mangel wehe;
Wildschweine, Hirsche, Hasen, Rehe,
Welschhühner, Hühner, Gäns’ und Enten,
Die Deputate, sichre Renten,
Sie gehen noch so ziemlich ein.
Jedoch am Ende fehlt’s an Wein.
Wenn sonst im Keller Faß an Faß sich häufte,
Der besten Berg’ und Jahresläufte,
So schlürft unendliches Gesäufte
Der edlen Herrn den letzten Tropfen aus.
Der Stadtrath muß sein Lager auch verzapfen,
Man greift zu Humpen, greift zu Napfen,
Und unterm Tische liegt der Schmaus.
Nun soll ich zahlen, alle lohnen;
Der Jude wird mich nicht verschonen,
Der schafft Anticipationen,
Die speisen Jahr um Jahr voraus.
Die Schweine kommen nicht zu Fette,
Verpfändet ist der Pfühl im Bette,
Und auf den Tisch kommt vorgegessen Brod.
 
Kaiser

(nach einigem Nachdenken zu Mephistopheles).

 
Sag, weißt du Narr nicht auch noch eine Noth?
 
Mephistopheles
 
Ich keineswegs. Den Glanz umherzuschauen,
Dich und die deinen! – Mangelte Vertrauen,
Wo Majestät unweigerlich gebeut?
Bereite Macht Feindseliges zerstreut,
Wo guter Wille, kräftig durch Verstand
Und Thätigkeit, vielfältige, zur Hand?
Was könnte da zum Unheil sich vereinen,
Zur Finsterniß, wo solche Sterne scheinen?
 
Gemurmel
 
Das ist ein Schalk – der’s wohl versteht —
Er lügt sich ein – So lang’ es geht —
Ich weiß schon – was dahinter steckt —
Und was denn weiter? – Ein Project —
 
Mephistopheles
 
Wo fehlt’s nicht irgendwo auf dieser Welt?
Dem dieß, dem das, hier aber fehlt das Geld.
Vom Estrich zwar ist es nicht aufzuraffen;
Doch Weisheit weiß das Tiefste herzuschaffen.
In Bergesadern, Mauergründen
Ist Gold gemünzt und ungemünzt zu finden,
Und fragt ihr mich wer es zu Tage schafft:
Begabten Mann‘s Natur– und Geisteskraft.
 
Canzler
 
Natur und Geist – so spricht man nicht zu Christen.
Deßhalb verbrennt man Atheisten
Weil solche Reden höchst gefährlich sind.
Natur ist Sünde, Geist ist Teufel;
Sie hegen zwischen sich den Zweifel,
Ihr mißgestaltet Zwitterkind.
Uns nicht so! – Kaisers alten Landen
Sind zwey Geschlechter nur entstanden,
Sie stützen würdig seinen Thron:
Die Heiligen sind es und die Ritter;
Sie stehen jedem Ungewitter
Und nehmen Kirch’ und Staat zum Lohn.
Dem Pöbelsinn verworr’ner Geister
Entwickelt sich ein Widerstand,
Die Ketzer sind’s! die Hexenmeister!
Und sie verderben Stadt und Land.
Die willst du nun mit frechen Scherzen
In diese hohen Kreise schwärzen,
Ihr hegt euch an verderbtem Herzen,
Dem Narren sind sie nah verwandt.
 
Mephistopheles
 
Daran erkenn’ ich den gelehrten Herrn!
Was ihr nicht tastet, steht euch meilenfern;
Was ihr nicht faßt, das fehlt euch ganz und gar;
Was ihr nicht rechnet, glaubt ihr sey nicht wahr;
Was ihr nicht wägt, hat für euch kein Gewicht;
Was ihr nicht münzt, das, meint ihr, gelte nicht.
 
Kaiser
 
Dadurch sind unsre Mängel nicht erledigt,
Was willst du jetzt mit deiner Fastenpredigt?
Ich habe satt das ewige Wie und Wenn;
Es fehlt an Geld, nun gut, so schaff’ es denn!
 
Mephistopheles
 
Ich schaffe was ihr wollt und schaffe mehr;
Zwar ist es leicht, doch ist das Leichte schwer.
Es liegt schon da, doch um es zu erlangen
Das ist die Kunst, wer weiß es anzufangen?
Bedenkt doch nur: in jenen Schreckensläuften,
Wo Menschenfluthen Land und Volk ersäuften,
Wie der und der, so sehr es ihn erschreckte,
Sein Liebstes da– und dortwohin versteckte;
So war’s von je in mächtiger Römer Zeit,
Und so fortan bis gestern, ja bis heut.
Das alles liegt im Boden still begraben,
Der Boden ist des Kaisers, der soll’s haben.
 
Schatzmeister
 
Für einen Narren spricht er gar nicht schlecht,
Das ist fürwahr des alten Kaisers Recht.
 
Canzler
 
Der Satan legt euch goldgewirkte Schlingen,
Es geht nicht zu mit frommen rechten Dingen.
 
Marschalk
 
Schafft er uns nur zu Hof willkommne Gaben,
Ich wollte gern ein bißchen Unrecht haben.
 
Heermeister
 
Der Narr ist klug, verspricht was jedem frommt;
Fragt der Soldat doch nicht woher es kommt.
 
Mephistopheles
 
Und glaubt ihr euch vielleicht durch mich betrogen;
Hier steht ein Mann! da! fragt den Astrologen.
In Kreis’ um Kreise kennt er Stund’ und Haus,
So sage denn: wie sieht’s am Himmel aus?
 
Gemurmel
 
Zwey Schelme sind’s – Verstehn sich schon —
Narr und Phantast – So nah dem Thron —
Ein mattgesungen – alt Gedicht —
Der Thor bläs‘t ein – der Weise spricht —
 
Astrolog

(spricht, Mephistopheles bläs’t ein).

 
Die Sonne selbst sie ist ein lautres Gold,
Mercur der Bote dient um Gunst und Sold,
Frau Venus hat’s euch allen angethan,
So früh als spat blickt sie euch lieblich an;
Die keusche Luna launet grillenhaft,
Mars trifft er nicht, so dräut euch seine Kraft.
Und Jupiter bleibt doch der schönste Schein,
Saturn ist groß, dem Auge fern und klein,
Ihn als Metall verehren wir nicht sehr,
An Werth gering, doch im Gewichte schwer.
Ja! wenn zu Sol sich Luna fein gesellt,
Zum Silber Gold, dann ist es heitre Welt;
Das Uebrige ist alles zu erlangen:
Paläste, Gärten, Brüstlein, rothe Wangen,
Das alles schafft der hochgelahrte Mann,
Der das vermag was unser keiner kann.
 
Kaiser
 
Ich höre doppelt was er spricht,
Und dennoch überzeugt’s mich nicht.
 
Gemurmel
 
Was soll uns das – Gedroschner Spaß —
Calenderey – Chymisterey —
Das hört’ ich oft – Und falsch gehofft —
Und kommt er auch – So ist’s ein Gauch —
 
Mephistopheles
 
Da stehen sie umher und staunen,
Vertrauen nicht dem hohen Fund;
Der eine faselt von Alraunen,
Der andre von dem schwarzen Hund.
Was soll es daß der eine witzelt,
Ein andrer Zauberey verklagt,
Wenn ihm doch auch einmal die Sohle kitzelt,
Wenn ihm der sichre Schritt versagt.
Ihr alle fühlt geheimes Wirken
Der ewig waltenden Natur,
Und aus den untersten Bezirken
Schmiegt sich herauf lebend’ge Spur.
Wenn es in allen Gliedern zwackt,
Wenn es unheimlich wird am Platz,
Nur gleich entschlossen grabt und hackt,
Da liegt der Spielmann, liegt der Schatz!
 
Gemurmel
 
Mir liegt’s im Fuß wie Bleigewicht —
Mir krampft’s im Arme – das ist Gicht —
Mir krabbelt’s an der großen Zeh’ —
Mir thut der ganze Rücken weh —
Nach solchen Zeichen wäre hier
Das allerreichste Schatzrevier.
 
Kaiser
 
Nur eilig! du entschlüpfst nicht wieder,
Erprobe deine Lügenschäume,
Und zeig uns gleich die edeln Räume.
Ich lege Schwert und Scepter nieder,
Und will mit eignen hohen Händen,
Wenn du nicht lügst, das Werk vollenden,
Dich, wenn du lügst, zur Hölle senden!
 
Mephistopheles
 
Den Weg dahin wüßt’ allenfalls zu finden —
Doch kann ich nicht genug verkünden
Was überall besitzlos harrend liegt.
Der Bauer, der die Furche pflügt,
Hebt einen Goldtopf mit der Scholle,
Salpeter hofft er von der Leimenwand
Und findet golden-goldne Rolle,
Erschreckt, erfreut in kümmerlicher Hand.
Was für Gewölbe sind zu sprengen,
In welchen Klüften, welchen Gängen
Muß sich der Schatzbewußte drängen,
Zur Nachbarschaft der Unterwelt!
In weiten, allverwahrten Kellern,
Von goldnen Humpen, Schüsseln, Tellern,
Sieht er sich Reihen aufgestellt;
Pokale stehen aus Rubinen,
Und will er deren sich bedienen
Daneben liegt uraltes Naß.
Doch – werdet ihr dem Kundigen glauben —
Verfault ist längst das Holz der Dauben,
Der Weinstein schuf dem Wein ein Faß.
Essenzen solcher edlen Weine,
Gold und Juwelen nicht alleine,
Umhüllen sich mit Nacht und Graus.
Der Weise forscht hier unverdrossen,
Am Tag’ erkennen das sind Possen,
Im Finstern sind Mysterien zu Haus.
 
Kaiser
 
Die laß ich dir! Was will das Düstre frommen?
Hat etwas Werth, es muß zu Tage kommen.
Wer kennt den Schelm in tiefer Nacht genau?
Schwarz sind die Kühe, so die Katzen grau.
Die Töpfe drunten, voll von Goldgewicht;
Zieh’ deinen Pflug, und ack’re sie an’s Licht.
 
Mephistopheles
 
Nimm Hack’ und Spaten, grabe selber,
Die Bauernarbeit macht dich groß,
Und eine Heerde goldner Kälber
Sie reißen sich vom Boden los.
Dann ohne Zaudern, mit Entzücken,
Kannst du dich selbst, wirst die Geliebte schmücken;
Ein leuchtend Farb– und Glanzgestein erhöht
Die Schönheit wie die Majestät.
 
Kaiser
 
Nur gleich, nur gleich! Wie lange soll es währen!
 
Astrolog (wie oben)
 
Herr, mäßige solch dringendes Begehren!
Laß erst vorbei das bunte Freudenspiel;
Zerstreutes Wesen führt uns nicht zum Ziel.
Erst müssen wir in Fassung uns versühnen,
Das Untre durch das Obere verdienen.
Wer Gutes will, der sey erst gut;
Wer Freude will, besänftige sein Blut;
Wer Wein verlangt, der keltre reife Trauben;
Wer Wunder hofft, der stärke seinen Glauben.
 
Kaiser
 
So sey die Zeit in Fröhlichkeit verthan!
Und ganz erwünscht kommt Aschermittwoch an.
Indessen feiern wir, auf jeden Fall,
Nur lustiger das wilde Carneval.
 

Trompeten. Exeunt.

Mephistopheles
 
Wie sich Verdienst und Glück verketten
Das fällt den Thoren niemals ein;
Wenn sie den Stein der Weisen hätten
Der Weise mangelte dem Stein.
 

Weitläufiger Saal, mit Nebengemächern, verziert und aufgeputzt zur Mummenschanz.

Herold
 
Denkt nicht ihr seyd in deutschen Gränzen
Von Teufels-, Narren– und Todtentänzen;
Ein heitres Fest erwartet euch.
Der Herr, auf seinen Römerzügen,
Hat, sich zu Nutz, euch zum Vergnügen,
Die hohen Alpen überstiegen,
Gewonnen sich ein heitres Reich.
Der Kaiser, er, an heiligen Solen
Erbat sich erst das Recht zur Macht,
Und als er ging die Krone sich zu holen,
Hat er uns auch die Kappe mitgebracht.
Nun sind wir alle neugeboren;
Ein jeder weltgewandte Mann
Zieht sie behaglich über Kopf und Ohren;
Sie ähnelt ihn verrückten Thoren,
Er ist darunter weise wie er kann.
Ich sehe schon wie sie sich schaaren,
Sich schwankend sondern, traulich paaren;
Zudringlich schließt sich Chor an Chor.
Herein, hinaus, nur unverdrossen;
Es bleibt doch endlich nach wie vor,
Mit ihren hunderttausend Possen,
Die Welt ein einz’ger großer Thor.
 
Gärtnerinnen

(Gesang begleitet von Mandolinen.).

 
Euren Beifall zu gewinnen
Schmückten wir uns diese Nacht,
Junge Florentinerinnen,
Folgten deutschen Hofes Pracht;
 
 
Tragen wir in braunen Locken
Mancher heitern Blume Zier;
Seidenfäden, Seidenflocken
Spielen ihre Rolle hier.
 
 
Denn wir halten es verdienstlich,
Lobenswürdig ganz und gar;
Unsere Blumen, glänzend künstlich,
Blühen fort das ganze Jahr.
 
 
Allerlei gefärbten Schnitzeln
Ward symmetrisch Recht gethan;
Mögt ihr Stück für Stück bewitzeln,
Doch das Ganze zieht euch an.
 
 
Niedlich sind wir anzuschauen,
Gärtnerinnen und galant;
Denn das Naturell der Frauen
Ist so nah mit Kunst verwandt.
 
Herold
 
Laß die reichen Körbe sehen
Die ihr auf den Häupten traget,
Die sich bunt am Arme blähen;
Jeder wähle was behaget.
Eilig! daß in Laub und Gängen
Sich ein Garten offenbare,
Würdig sind sie zu umdrängen
Krämerinnen wie die Waare.
 
Gärtnerinnen
 
Feilschet nun am heitern Orte,
Doch kein Markten finde statt!
Und mit sinnig kurzem Worte
Wisse jeder was er hat.
 
Olivenzweig mit Früchten
 
Keinen Blumenflor beneid’ ich,
Allen Widerstreit vermeid’ ich;
Mir ist’s gegen die Natur:
Bin ich doch das Mark der Lande,
Und, zum sichern Unterpfande,
Friedenszeichen jeder Flur,
Heute, hoff’ ich, soll mir’s glücken
Würdig schönes Haupt zu schmücken.
 
Aehrenkranz (golden)
 
Ceres Gaben, euch zu putzen,
Werden hold und lieblich stehn:
Das Erwünschteste dem Nutzen
Sey als eure Zierde schön.
 
Phantasiekranz
 
Bunte Blumen, Malven ähnlich,
Aus dem Moos ein Wunderflor!
Der Natur ist’s nicht gewöhnlich,
Doch die Mode bringt’s hervor.
 
Phantasiestrauß
 
Meinen Namen euch zu sagen
Würde Theophrast nicht wagen.
Und doch hoff’ ich, wo nicht allen,
Aber mancher zu gefallen,
Der ich mich wohl eignen möchte,
Wenn sie mich in’s Haar verflöchte,
Wenn sie sich entschließen könnte,
Mir am Herzen Platz vergönnte.
 
Ausfoderung
 
Mögen bunte Phantasien
Für des Tages Mode blühen,
Wunder seltsam seyn gestaltet
Wie Natur sich nie entfaltet;
Grüne Stiele, goldne Glocken
Blickt hervor aus reichen Locken! —
Doch wir
 
Rosenknospen
 
halten uns versteckt,
Glücklich, wer uns frisch entdeckt.
Wenn der Sommer sich verkündet
Rosenknospe sich entzündet,
Wer mag solches Glück entbehren?
Das Versprechen, das Gewähren,
Das beherrscht, in Florens Reich,
Blick und Sinn und Herz zugleich.
 

Unter grünen Laubgängen putzen die Gärtnerinnen zierlich ihren Kram auf.


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