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Текст книги "Durch die Wüste"


  • Текст добавлен: 28 августа 2016, 01:13


Автор книги: Karl May


Жанр: Классическая проза, Классика


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»Das muß man zu erraten suchen, Effendi. Er sagte, daß er auch während der Nacht fahren werde. Warum tut er es nicht?«

Da unterbrach der Steuermann unser Gespräch. Er trat herzu und fragte:

»Wo wirst du schlafen, Effendi?«

»Ich werde mich in den Tachta-perde[46]46
  Verschlag.


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legen.«

»Das geht nicht.«

»Warum?«

»Weil dort das Geld aufbewahrt wird.«

»So wirst du uns Teppiche besorgen, um uns hinein zu hüllen, und wir schlafen hier auf dem Verdeck.«

»Du sollst sie haben, Sihdi. Was würdest du tun, wenn Feinde zu dem Schiffe heran kämen?«

»Welche Feinde meinst du?«

»Räuber.«

»Gibt es hier Räuber?«

»Die Dscheheïne wohnen hier in der Nähe. Sie sind berüchtigt als die größten Chirsizler[47]47
  Spitzbuben.


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weit und breit, und kein Schiff, kein Mensch ist vor ihnen sicher.«

»Ich denke, Euer Herr, der Wergi-Baschi Muhrad Ibrahim, ist ein Held, ein tapferer Mann, der sich vor keinem Menschen fürchtet, auch vor keinem Räuber, vor keinem Dscheheïne?«

»Das ist er; aber was vermag er, und was vermögen wir alle gegen Abu-Seïf, den »Vater des Säbels«, der gefährlicher und schrecklicher ist, als der Löwe in den Bergen oder der Haifisch im Meere?«

»Abu-Seïf? Ich kenne ihn nicht; ich habe noch niemals von ihm gehört.«

»Weil du ein Fremdling bist. Zur Weidezeit bringen die Dscheheïne ihre Herden nach den beiden Inseln Libnah und Dschebel Hassan und lassen nur wenig Männer bei ihnen. Die andern aber gehen auf Raub und Diebstahl aus. Sie überfallen die Barken und nehmen entweder alles, was sie darauf finden, oder erpressen sich ein schweres Lösegeld, und Abu-Seïf ist ihr Anführer.«

»Und was tut die Regierung dagegen?«

»Welche?«

»Steht ihr denn nicht im Giölgeda padischahnün?«

»Der reicht nicht bis zu den Dscheheïne. Dies sind freie Araber, welche der Großscherif von Mekka beschützt.«

»So helft euch selbst! Fangt die Räuber!«

»Effendi, du sprichst, wie ein Franke redet, der dies nicht versteht. Wer kann Abu-Seïf fangen und töten?«

»Er ist doch nur ein Mensch.«

»Aber er besitzt die Hilfe des Scheitan[48]48
  Teufels.


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. Er kann sich unsichtbar machen; er kann die Luft und das Meer durchfliegen; er wird weder durch einen Säbel, noch durch ein Messer, noch durch eine Kugel verwundet, aber sein Säbel ist faldschymisch[49]49
  Verhext, bezaubert.


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; er dringt durch Türen und Mauern und schneidet mit einem Hiebe gleich hundert und noch mehr Feinden Leib und Seele auseinander.«

»Den möchte ich sehen!«

»O wehe, wünsche das nicht, Effendi! Der Teufel sagt es ihm, daß du ihn sehen willst, und dann kannst du dich darauf verlassen, daß er kommen wird. Ich gehe, um dir die Teppiche zu holen; dann lege dich schlafen und bete vorher zu deinem Gott, daß er dich bewahre vor allen Gefahren, die dir drohen.«

»Ich danke für deinen Rat, aber ich bete gewöhnlich vor dem Schlafengehen.«

Er brachte uns die Decken, in welche wir uns hüllten, und wir schliefen sehr bald ein, da wir von unserem Ritt ermüdet waren.

Während der Nacht hatten einige Matrosen sowohl am Lande die Schlafenden als auch an Bord das Geld bewacht. Am Morgen versammelten sich alle auf dem Schiffe. Der Anker wurde gehoben, das Seil gelöst; man stellte die Segel, und der Sambuk steuerte südwärts.

Wir waren ungefähr drei Viertelstunden lang unter Segel gewesen, als wir ein Boot erblickten, welches in der gleichen Richtung vor uns ruderte. Als wir näher an dasselbe herankamen, sahen wir zwei Männer und zwei völlig verschleierte Frauen darin.

Das Boot hielt bald an, und die Männer gaben ein Zeichen, daß sie den Sambuk anzureden gedächten. Der Steuermann ließ das Segel abfallen und hemmte so den Lauf unsers Fahrzeuges. Einer der beiden Ruderer erhob sich und rief:

»Sambuk, wohin?«

»Nach Tor.«

»Wir auch. Wollt ihr uns mitnehmen?«

»Bezahlt ihr?«

»Gern.«

»So kommt an Bord.«

Das Schiff legte bei, und die vier Personen stiegen an Bord, während das Boot ins Schlepptau genommen wurde. Dann setzte der Sambuk seine Fahrt fort.

Der Wergi-Baschi begab sich in die Kajüte, jedenfalls um für die Frauen Platz zu machen; dann wurden dieselben den Blicken der Männer entzogen. Sie mußten an mir vorüber. Als Europäer brauchte ich mich nicht abzuwenden, und so bemerkte ich zu meiner Verwunderung, daß keine Atmosphäre von Parfüm sie umgab; denn die Frauen des Morgenlandes pflegen sich so zu parfümieren, daß man den Geruch bereits aus einer beträchtlichen Entfernung verspürt. Ein Odeur allerdings fiel mir auf, ein Odeur, der sich wie ein unsichtbarer Schweif hinter ihnen herzog, nämlich jener jedem Orientalen bekannte Geruch, welcher halb vom Kamele und halb von dem unfermentierten Rasr-Tabak stammt, den viele Beduinen zu rauchen pflegen, und welcher auf die Geruchs– und Geschmacksnerven ganz dieselbe Wirkung hat wie weiland der Inhalt der französischen Seegrasmatrazen, den aus Mangel an Besserem während des letzten Krieges so mancher deutsche Held in seine Pfeife stopfte. Ich empfand den Eindruck, als seien zwei Kameltreiber an mir vorüber gegangen; wenigstens war es gewiß, daß der berühmte persische Dichter Hafis Schems-ed-Din Mohammed auf diese beiden Grazien nicht seine Verse:

»Wenn deiner Locken WohlgerücheUms Grab mir wehn,Dann sprießen tausend BlumenAus meinem Hügel auf —«

gesungen hätte. Ich sah ihnen auch sehr aufmerksam nach, bis sie hinter der Türe des Verschlages verschwunden waren, konnte aber weiter nichts Besonderes bemerken. Vielleicht hatten sie eine lange Kamelreise hinter sich, so daß die Ausdünstungen des »Wüstenschiffes« nicht leicht aus ihren Kleidern zu bringen waren.

Ihre beiden Begleiter sprachen erst längere Zeit mit dem Steuermanne und dem Baschi; dann suchte der eine mich zu entern.

»Ich höre, daß du ein Franke bist, Effendi?« fragte er mich.

»Ja.«

»So bist du hier unbekannt?«

»Ja.«

»Du bist ein Nemtsche?«

»Ja.«

»Haben die Nemsi auch einen Padischa?«

»Ja.«

»Und Paschas?«

»Ja.«

»Du bist wohl kein Pascha?«

»Nein.«

»Aber ein berühmter Mann?«

»Pek, billahi – bei Gott, sehr!«

»Du kannst schreiben?«

»Peh ne güzel – und wie schön!«

»Auch schießen?«

»Daha ei – noch besser!«

»Du wirst wohl mit diesem Sambuk nach Tor fahren?«

»Ja.«

»Du gehst noch weiter nach dem Süden?«

»Ja.«

»Bist du mit den Ingli bekannt?«

»Ja.«

»Hast du Freunde unter ihnen?«

»Ja.«

»Das ist sehr gut. Bist du stark?«

»Korkulu – fürchterlich, arslandscha – wie ein Löwe! Soll ich es dir beweisen?«

»Nein, Effendi.«

»Und doch, denn deine Neugierde ist größer als die Geduld eines Menschen sein kann. Packe dich, und komme nicht wieder!«

Ich faßte ihn, drehte ihn in die passende Richtung und gab ihm einen Stoß, daß er weit über das Deck hin schoß und dann dasselbe mit seinem Bauche begrüßte. Aber im Nu war er wieder auf.

»Wai sana – wehe dir, du hast einen Gläubigen beleidigt; du mußt sterben!«

Er riß seinen Handschar heraus und stürzte auf mich zu. Sein Begleiter folgte ihm mit gezückter Waffe. Schnell zog ich Halef die harte Nilpeitsche aus dem Gürtel, um mit derselben die Angreifer zu salutieren; aber es sollte gar nicht so weit kommen, denn in diesem Augenblick öffnete sich die Tür des Verschlages, und es erschien eine der Frauen. Sie erhob stumm die Hand und zog sich dann zurück. Die beiden Araber hemmten ihre Schritte und gingen lautlos beiseite; aber ihre Blicke sagten mir, daß ich von ihnen nichts Gutes zu erwarten habe.

Die Türken hatten dem Vorgang mit großem Gleichmute zugesehen. Wäre auf dem Schiffe jemand getötet worden, so hätte es ja sein Kismet[50]50
  Schicksal, Vorausbestimmung.


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nicht anders mit sich gebracht.

Was mich betrifft, so hatten mich die unnützen Fragen dieses Menschen sehr in Harnisch gebracht. Aber, waren sie wirklich so unnütz? Hatten sie nicht vielleicht einen verborgenen Zweck? Der Orientale ist kein Schwätzer, am allerwenigsten aber verliert er seine Worte an einen Unbekannten, von dem er sogar nur das weiß, daß er ein Giaur ist.

Ich hatte mich im Humor des Aergers für einen berühmten Mann und für einen großen Schützen ausgegeben. Warum wollte er wissen, ob ich ein »Pascha«, ein berühmter Mann, ein Schreiber, ein guter Schütze sei? Was konnte es ihm nützen, zu wissen, ob ich weiter nach Süden wolle und unter den Engländern Freunde habe? Warum hatte er bei der Bejahung dieser letzten Frage gesagt: »Das ist sehr gut«, und zu was konnte es ihm dienen, zu erfahren, ob ich stark und kräftig sei? Und überdies hatte er seine Fragen in der Weise an mich gerichtet, wie sie ein Oberer an seinen Untergebenen, ein Untersuchungsbeamter an einen Angeschuldigten richtet. Am auffälligsten dabei war aber der augenblickliche Gehorsam, den sowohl er als sein Begleiter dem Winke des Weibes leisteten. Das war hier, wo die Frau tief unter dem Manne steht und für das öffentliche Leben nicht die mindeste Selbstbestimmung besitzt, gewiß sehr ungewöhnlich, vielleicht sogar verdächtig.

»Sihdi,« meinte Halef, welcher nicht von meiner Seite gewichen war, »hast du ihn gesehen?«

»Wen oder was?«

»Den Bart.«

»Den Bart! Welchen Bart?«

»Den das Weib hatte – —«

»Das Weib? Hatte das Weib einen Bart?«

»Sie hatte den Jaschmak[51]51
  Schleier.


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nicht doppelt, wie vorher, sondern einfach über dem Gesichte, und so habe ich den Bart gesehen.«

»Schnurrbart?«

»Vollbart. Sie ist kein Weib, sondern ein Mann. Soll ich es dem Baschi sagen?«

»Ja, aber so, daß es niemand hört.«

Er ging. Jedenfalls hatte er sich nicht geirrt; denn ich wußte, daß ich seinen scharfen Augen trauen könne, und unwillkürlich brachte ich diesen neuen Umstand mit dem Derwisch in Verbindung. Ich sah Halef mit dem Baschi reden; dieser schüttelte den Kopf und lachte; er glaubte es nicht. Darauf wandte sich Halef mit einer höchst aufgebrachten Miene von ihm ab und kehrte zu mir zurück.

»Sihdi, dieser Baschi ist so dumm, daß er sogar mich für dumm hält.«

»Wie so?«

»Und dich für noch dümmer als mich.«

»Ah!«

»Er sagt, daß ein Weib niemals einen Bart habe, und daß ein Mann niemals die Kleidung eines Weibes anlegen werde. Sihdi, was hältst du von diesen Frauen, welche Vollbärte tragen? Vielleicht sind es Dscheheïne?«

»Ich vermute es.«

»So müssen wir die Augen offen halten, Sihdi!«

»Das ist das Einzige, was wir tun werden, und dazu gehört vor allen Dingen, daß wir unser Mißtrauen und unsere Aufmerksamkeit zu verbergen suchen. Halte dich abseits von mir, aber so, daß wir einander stets beispringen können!«

Er entfernte sich eine ziemliche Strecke, und ich ließ mich auf den Teppich nieder. Dann beschäftigte ich mich mit Einträgen in mein Tagebuch, behielt aber dabei sowohl den Verschlag, als auch die beiden Araber immer im Auge. Es war mir, als hätte ich alle Augenblicke ein unangenehmes Ereignis zu erwarten; dennoch aber verging der Tag, ohne daß irgend etwas Bedenkliches eingetreten wäre.

Der Abend dämmerte bereits, als wir in einer kleinen Bucht vor Anker gingen, welche gebildet wird durch eine hufeisenförmige Krümmung des Dschebel Nayazet, der zur großen Granitkette des Sinai gehört.

Die Küste war sehr schmal, denn nur wenige Schritte vom Ufer entfernt stiegen die tief zerklüfteten Felsen steil zum Himmel empor. Der Ankerplatz bot aus diesem Grunde vollständige Sicherheit gegen die Winde, ob aber heute auch gegen andere Störungen – —? Ich hätte gern einige der nächsten Klüfte und Felsenspalten untersucht, leider aber war der Abend bereits da, ehe die Türken das Land betreten hatten, um, wie gewöhnlich, Feuer anzuzünden.

El Mogreb und eine Stunde später el Aschia, die beiden Abendgebete, hallten feierlich die steilen Bergwände empor. Wer hier vielleicht verborgen war, mußte unsere Anwesenheit hören, selbst wenn er unser Feuer nicht gesehen hätte. Wie gestern, so hatte ich es auch heute vorgezogen, die Nacht auf dem Fahrzeuge zuzubringen, und mit Halef ausgemacht, daß wir abwechselnd wachen wollten. Später kamen einige der Matrosen wieder an Bord, um die Wache zu übernehmen, und da traten auch die beiden Frauen aus dem Verschlage, um an Deck die frische Abendluft zu genießen. Sie hatten sich auch jetzt doppelt verschleiert; das konnte ich bemerken, weil die Sterne des Südens einen solchen Glanz verbreiteten, daß es nicht schwer war, das ganze Verdeck zu überblicken. Sie kehrten aber bald wieder zu ihrem Verschlage zurück, dessen Türe ich mit meinen Augen beobachten konnte, obgleich ich diesmal im Vorderteile des Fahrzeuges lag.

Halef schlief ungefähr fünf Schritte von mir entfernt. Als Mitternacht herankam, weckte ich ihn heimlich und flüsterte:

»Hast du geschlafen?«

»Ja, Sihdi. Jetzt schlafe du!«

»Ich kann mich auf dich verlassen?«

»Wie auf dich selbst!«

»Wecke mich bei der geringsten Ursache zum Verdachte!«

»Das werde ich tun, Sihdi!«

Ich hüllte mich fester in den Teppich und schloß die Augen. Ich wollte schlafen, aber es gelang mir nicht. Ich sagte in Gedanken das Einmaleins auf – es half nicht. Da griff ich zu dem Mittel, welches sicher stets den Schlaf bringt. Ich verdrehte die geschlossenen Augen so, daß die Pupillen ganz nach oben zu stehen kamen, und bemühte mich, an gar nichts zu denken. Der Schlummer kam und – – halt, was war das?

Ich wickelte den Kopf aus der Decke und spähte zu Halef hinüber. Auch er mußte aufmerksam geworden sein, denn er hatte sich, wie horchend, halb emporgerichtet. Ich hörte jetzt nichts mehr, aber als ich das Ohr wieder auf das Deck legte, welches einen besseren Schallleiter als die Luft bildete, vernahm ich das seltsame Geräusch wieder, welches mich aufgeweckt hatte, trotzdem es überaus leise war.

»Hörst du etwas, Halef?« flüsterte ich.

»Ja, Sihdi. Was ist es?«

»Ich weiß es nicht.«

»Ich auch nicht. Horch!«

Ein leises, ganz leises Plätschern ertönte jetzt vom Hinterteile her. Draußen am Lande war das Feuer erloschen.

»Halef, ich gehe jetzt auf einige Minuten nach dem Hinterdeck; bewache meine Waffen und Kleider!«

Von den drei Türken, welche wieder an Bord gekommen waren, lagen zwei schlafend am Boden; der dritte hatte sich niedergekauert und – schlief jedenfalls auch. Es war denkbar, daß ich von der Kajüte aus beobachtet wurde; daher mußte ich die möglichste Vorsicht anwenden. Ich ließ die Büchse und den Stutzen liegen und legte sowohl den Turban als auch den Haïk[52]52
  Beduinischer Mantel.


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ab, welche mich durch ihre weiße Farbe verraten hätten. Dann schmiegte ich mich hart an den Boden, gewann den Rand des Deckes und kroch langsam an demselben hin, bis ich die Stelle erreichte, wo am äußersten Backbord eine Art Hühnersteige auf die Decke des Verschlages und zum Steuerruder führte. Ich stieg hinauf, katzenartig leise, darauf kam‘s ja an.

Es gelang, und nun kroch ich bis hinter an den Ruderwinkel. Ah – – das sonderbare Geräusch war erklärt. Das Boot, welches die beiden Frauen gebracht, und welches der Sambuk ins Schlepptau genommen hatte, war von dem Innern des Verschlages aus so scharf angeholt worden, daß es grad unter dem einen Fenster lag, welches sich am breiten Hinterteile des Fahrzeuges befand. Durch diese Fensterluke wurde soeben, als ich vorsichtig von oben herablugte, ein kleiner, aber nicht leichter Gegenstand an einem Seile herabgelassen, dessen Reibung an dem Lukenrande jenen Ton hervorbrachte, den man allerdings nur dann wahrnehmen konnte, wenn man das Ohr hart auf die Bretter des Verdeckes legte. Unten in dem Boote befanden sich drei Männer, welche den Gegenstand in Empfang nahmen und dann warteten, bis das Seil wieder emporgezogen und ein zweites Paket herabgelassen wurde.

Die Sache war mir natürlich sofort klar. Was in dem Boote aufgestaut wurde, war das Geld des Wergi-Baschi, d¨ h¨ der Ertrag der Steuer, welche er eingesammelt hatte, und – – – ich hatte keine Zeit, weiter zu vermuten.

»Alargha, iz chijanisch – aufgeschaut, wir sind verraten!« rief eine tiefe Stimme vom hohen Ufer her, wo man das Verdeck überblicken konnte; zu gleicher Zeit krachte ein Schuß, und eine Kugel bohrte sich hart neben mir in die Planke. Ein zweiter Schuß blitzte drüben auf, ein dritter; die Kugeln flogen glücklicherweise an mir vorüber, und ich durfte mich ihnen nicht länger aussetzen. Ich sah nur noch, daß das Tau unten gekappt und das Boot fortgerudert wurde; dann sprang ich vom Verschlage gleich auf das Deck hinab.

In demselben Augenblick öffnete sich die Türe der Kajüte, und ich bemerkte zweierlei, nämlich daß an der hinteren Seite derselben zwei Bretter entfernt und daß durch diese Lücke eine Anzahl Männer unbemerkt vom Wasser aus eingestiegen waren. Die Frauen sah ich nicht, aber neun Männer stürzten sofort auf mich los.

»Halef, herbei!« rief ich laut.

Ich hatte gar keine Zeit gehabt, eine Waffe zu ziehen. Drei hatten mich um den Leib gefaßt und sorgten dafür, daß ich nicht in den Gürtel langen konnte. Drei sprangen Halef entgegen, und die andern gaben sich Mühe, die Fäuste zu erhaschen, mit denen ich mich verteidigte. Draußen am Lande krachten Schüsse, und ertönten Flüche und Hilferufe, und dazwischen hörte man die Kommandos jener tiefen Baßstimme, welche ich vorhin wieder erkannt hatte: – es war die Stimme des Derwischs.

»Es ist der Nemtsche. Tötet ihn nicht, sondern fangt ihn!« gebot einer von denen, welche mich umfaßt hielten.

Ich suchte mich loszureißen: es ging nicht. Sechs gegen einen! Da krachte ein Pistolenschuß nicht weit von mir.

»Zu Hilfe, Sihdi; ich bin verwundet!« rief Halef.

Ich machte einen gewaltigen Ruck und riß meine Dränger einige Schritte mit mir fort.

»Betäubt ihn!« erscholl eine keuchende Stimme.

Ich wurde wieder fester gepackt und erhielt trotz meiner verzweifelten Gegenwehr einige Schläge über den Kopf, die mich niederstreckten. Es toste mir in den Ohren wie eine wilde Brandung. Mitten durch den Donner derselben hörte ich Gewehre knallen und Stimmen erschallen; dann war es mir, als würde ich an Händen und Füßen zusammengeschnürt und fortgeschleift, und endlich empfand ich gar nichts mehr.

Als ich erwachte, fühlte ich einen wüsten, pochenden Schmerz in meinem Hinterkopfe, und es dauerte eine geraume Zeit, bis es mir gelang, mich auf das Vorgefallene zu besinnen. Um mich her war es völlig dunkel, aber ein laut vernehmliches Sog[53]53
  Das Geräusch, welches das Wasser am Kiele eines fahrenden Schiffes verursacht.


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ließ mich vermuten, daß ich mich in dem Kielraume eines Fahrzeugs befände, welches in schneller Fahrt begriffen war. Die Hände und die Beine waren mir so fest gebunden, daß ich kein Glied rühren konnte. Zwar schnitten mir die Fesseln nicht in das Fleisch, denn sie bestanden nicht aus Stricken oder Riemen, sondern aus Tüchern; aber sie verhinderten mich, die Schiffsratten von mir abzuwehren, welche meine Person einer sehr genauen Untersuchung unterwarfen.

Es verging eine lange, lange Zeit, ohne daß sich in meiner Lage etwas änderte. Endlich hörte ich das Geräusch von Schritten, konnte aber nichts sehen. Meine Fesseln wurden gelöst, und eine Stimme gebot mir:

»Stehe auf, und geh‘ mit uns!«

Ich erhob mich. Sie führten mich aus dem Kielraum durch ein halbdunkles Zwischendeck nach oben. Unterwegs untersuchte ich meine Kleider und fand ebenso zu meiner Ueberraschung wie Beruhigung, daß man mir außer den Waffen nicht das mindeste abgenommen hatte.

Als ich das Verdeck betrat, bemerkte ich, daß ich mich auf einer kleinen, sehr scharf auf den Kiel gebauten Barke befand, welche zwei dreieckige und ein trapezisches Segel hatte. Diese Takelung erforderte auf diesem an Stürmen, Böen, Riffen und Untiefen reichen Meere einen Kapitän, der seine Sache aus dem Grund verstand und ebensoviel Mut wie Kaltblütigkeit besitzen mußte. Das Fahrzeug war um das Dreifache bemannt, als notwendig gewesen wäre, und hatte auf dem Vorderdecke eine Kanone, welche aber so von Kisten, Ballen und Fässern maskiert war, daß sie von einem anderen Schiffe aus gar nicht bemerkt werden konnte. Die Mannschaft bestand aus lauter wettergebräunten Männern, von denen jeder seinen Gürtel mit Schuß-, Hieb– und Stichwaffen gespickt hatte. Auf dem Hinterdecke saß ein Mann in roten Hosen, grünem Turban und blauem Kaftan. Seine lange Weste war reich mit Gold gestickt, und in dem Bassora-Shawl, der ihm als Gürtel diente, funkelten kostbare Waffen. Ich erkannte in ihm sofort den Derwisch. Neben ihm stand der Araber, welchen ich auf dem Sambuk zu Boden geschleudert hatte. Ich wurde vor die beiden geführt. Der Araber musterte mich mit rachgierigem, der Derwisch mit verächtlichem Blick.

»Weißt du, wer ich bin?« fragte mich der Derwisch.

»Nein, aber ich vermute es.«

»Nun, wer bin ich?«

»Du bist Abu Seïf.«

»Ich bin es. Knie nieder vor mir, Giaur!«

»Was fällt dir ein! Steht nicht im Kuran geschrieben, daß man nur Allah allein anbeten soll?«

»Das gilt nicht für dich, denn du bist ein Ungläubiger. Ich befehle dir, niederzuknien, um deine Demut zu bezeugen.«

»Noch weiß ich nicht, ob du Ehrfurcht verdienst, und selbst wenn ich es erfahren hätte, würde ich dir meine Achtung auf eine andere Weise bezeigen.«

»Giaur, du kniest, oder ich schlage dir den Kopf ab!«

Er hatte sich erhoben und faßte seinen krummen Säbel. Ich trat noch einen Schritt näher an ihn heran.

»Meinen Kopf? Bist du wirklich Abu Seïf, oder bist du ein Henker?«

»Ich bin Abu Seïf und halte mein Wort. Nieder mit dir, oder ich lege dir den Kopf vor die Füße!«

»Wahre deinen eigenen Kopf!«

»Giaur!«

»Korkakdschi!«

»Was!« zischte er. »Einen Korkakdschi, einen Feigling nennst du mich!«

»Warum griffst du den Sambuk des Nachts an? Warum hülltest du deine Dschasusler[54]54
  Spione.


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in Weiberkleider? Warum zeigst du hier Mut, wo du von den Deinen umgeben und beschützt wirst? Ständest du allein mir gegenüber, so würdest du anders mit mir reden!«

»Ich bin Abu Seïf, der Vater des Säbels, und zehn Männer deiner Sorte vermöchten nichts gegen meine Klinge!«

»Aferihn – brav so! So muß man reden, wenn man sich zu handeln fürchtet.«

»Zu handeln? Sind diese Zehn zur Stelle? Wäre dies der Fall, so wollte ich dir im Augenblick beweisen, daß ich die Wahrheit gesagt habe!«

»Die Zehn sind nicht nötig; es genügt Einer.«

»Wolltest du vielleicht dieser Eine sein?«

»Pah, du würdest es nicht erlauben!«

»Warum nicht?«

»Weil du dich fürchtest. Du tötest mit dem Munde, nicht aber mit dem Säbel.«

Ich hatte einen verstärkten Ausfall seines Zornes auf diese Worte erwartet, sah mich aber getäuscht. Er verbarg diesen Grimm hinter einer kalten, tödlichen Ruhe, nahm seinem Nachbar den Säbel vom Gürtel und reichte ihn mir.

»Hier nimm und verteidige dich! Aber ich sage dir, selbst wenn du die Fertigkeit Aframs und die Stärke Kelads hättest, so würdest du beim dritten Hiebe eine Leiche sein.«

Ich nahm den Säbel.

Es war eine eigentümliche Situation, in der ich mich befand. Der »Vater des Säbels« mußte nach orientalischen Begriffen ein ausgezeichneter Fechter sein, aber ich wußte, daß der Orientale durchschnittlich ein ebenso schlechter Fechter als schlechter Schütze ist. Mit der Fertigkeit Aframs und der Stärke Kelads war es wohl nicht gar so weit her. Ich hatte noch mit keinem Orientalen nach den Regeln der Fechtkunst die Klinge gekreuzt, und wenn mir auch der dargereichte, an der »halben und ganzen Schwere«, also an der »Parierung« dünne, und an der »halben und ganzen Schwäche« so starke und schwere Säbel ziemlich ungewohnt war, so hatte ich dennoch große Lust, dem »Vater des Säbels« die Ueberlegenheit der europäischen Waffenführung zu beweisen.

Die ganze Bemannung des Schiffes war uns nahe getreten, und in allen Mienen spiegelte sich die Ueberzeugung, daß ich wirklich bei dem dritten Hiebe des Abu Seïf ein toter Mann sein werde.

Er drang so schnell, wild und regellos auf mich ein, daß ich keinen Moment Zeit hatte, Position zu nehmen. Ich parierte seine unreine Winkelquart und versuchte, mir sofort eine Blöße zu verschaffen; zu meinem Erstaunen aber ging er bei meinem Zirkelhiebe ganz prachtvoll unter meiner Klinge durch. Er traversierte und gab eine Finte; sie gelang ihm nicht. Nun traversierte ich ebenso und schlug Espadon; mein Hieb kam zum Sitzen, obgleich es meine Absicht nicht war, ihn sehr zu verletzen. Voll Wut darüber vergaß er sich, trat zurück und gab im Sprunge abermals Winkelquart; ich trat einen halben Schritt vor, setzte mit harter Festigkeit in die Linie ein, und – die Waffe flog ihm aus der Hand und über Bord in das Wasser.

Ein Schrei erscholl ringsumher. Ich aber trat zurück und senkte die Waffe.

Er stand vor mir und starrte mich an.

»Abu Seïf, du bist ein sehr geschickter Fechter!«

Diese meine Worte brachten ihn wieder zu sich; aber ich sah gegen meine Erwartung nicht das Zeichen des Grimmes, sondern nur der Ueberraschung in seinem Angesicht.

»Mensch, du bist ein Ungläubiger und hast doch Abu Seïf besiegt!« rief er aus.

»Du hast es mir leicht gemacht, denn dein Fechten ist kein edles und überlegtes. Mein zweiter Hieb kostete dich Blut, und mein dritter nahm dir die Waffe; ja, ich bin gar nicht zum dritten Hieb gekommen, während dein dritter mich töten sollte. Hier hast du den Säbel; ich bin in deiner Hand.«

Diese – freilich gewagte – Appellation an seinen Edelmut hatte einen guten Erfolg.

»Ja, du bist in meiner Gewalt, du bist mein Gefangener; aber du hast dein Schicksal in deiner eigenen Hand.«

»Inwiefern?«

»Wenn du tust, was ich von dir verlange, so wirst du bald wieder frei sein.«

»Was soll ich tun?«

»Du wirst mit mir fechten?«

»Ja.«

»Und es mich so lehren, wie es bei den Nemsi gelehrt wird?«

»Ja.«

»Du wirst dich, so lange du auf meinem Schiffe bist, von keinem fremden Auge sehen lassen?«

»Gut!«

»Und das Deck auf meinen Befehl sofort verlassen, wenn ein anderes Fahrzeug in Sicht kommt?«

»Ja.«

»Du wirst mit deinem Diener kein Wort sprechen.«

»Wo ist er?«

»Hier auf dem Schiffe.«

»Gebunden?«

»Nein, er ist krank.«

»Er hat eine Wunde?«

»Er ist am Arm verwundet und hat ein Bein gebrochen, daß er sich nicht erheben kann.«

»So kann ich dir das verlangte Versprechen nicht geben. Mein Diener ist mein Freund, den ich pflegen muß; du wirst mir dies erlauben!«

»Ich erlaube es nicht; aber ich verspreche dir, daß er gut verpflegt wird.«

»Das genügt mir nicht. Wenn er das Bein gebrochen hat, so muß ich es ihm einrichten. Es ist wohl hier keiner, welcher das versteht.«

»Ich selbst verstehe es. Ich bin so gut wie ein Dscherrah[55]55
  Wundarzt.


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; ich habe ihm seine Wunde verbunden und auch sein Bein geschient. Er hat keine Schmerzen mehr und ist mit mir zufrieden.«

»Ich muß dies aus seinem Munde erfahren.«

»Ich beteure es dir bei Allah und dem Propheten! Willst du mir nicht versprechen, nicht mit ihm zu reden, so werde ich dafür sorgen, daß du ihn nicht zu sehen bekommst. Aber ich habe noch mehr von dir zu verlangen.«

»Fordere!«

»Du bist ein Christ und wirst dich hüten, einen der meinen zu verunreinigen?«

»Gut.«

»Du hast Freunde unter den Inglis?«

»Ja.«

»Sind es große Leute?«

»Es sind Paschas unter ihnen.«

»So werden sie dich auslösen?«

Das war ja etwas ganz Neues! Also er wollte mich nicht töten, sondern sich meine Freiheit bezahlen lassen.

»Wie viel verlangst du?«

»Du hast nur wenig Gold und Silber bei dir; du kannst dich nicht selbst loskaufen.«

Also er hatte meine Taschen doch untersucht. Was ich in den Aermeln meiner türkischen Jacke eingenäht hatte, war von ihm nicht gefunden worden. Es wäre allerdings zum Lösegeld auch zu wenig gewesen. Daher antwortete ich:

»Ich habe nichts; ich bin nicht reich.«

»Ich glaube es, obgleich deine Waffen ausgezeichnet sind und du Instrumente bei dir führst, welche ich gar nicht kenne. Aber du bist vornehm.«

»Ah!«

»Und berühmt.«

»Ah!«

»Du hast es diesem hier auf dem Sambuk gesagt.«

»Ich habe Spaß gemacht.«

»Nein, du hast im Ernst gesprochen. Wer so stark ist und den Säbel so zu führen weiß, wie du, der kann nichts anderes sein, als ein großer Zabit[56]56
  Offizier.


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, für den sein Padischah gern ein gutes Lösegeld geben wird.«

»Mein König wird meine Freiheit nicht mit Geld bezahlen; er wird sie umsonst von dir fordern.«

»Ich kenne keinen König der Nemsi; wie also will er mit mir reden und mich zwingen, dich frei zu lassen?«

»Er wird es durch seinen Eltschi[57]57
  Gesandten.


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tun.«

»Auch diesen kenne ich nicht. Es gibt keinen Eltschi der Nemsi hier in dieser Gegend.«

»Der Gesandte ist in Stambul beim Großherrn. Ich habe ein Bu-Dscheruldu, das ihr hier Bjuruldu nennt, und bin also einer, der in dem Schatten des Sultans steht.«

Er lachte.

»Hier gilt der Padischah nichts; hier hat nur der Großscherif von Mekka zu gebieten, und ich bin mächtiger als diese beiden. Ich werde weder mit deinem König noch mit seinem Gesandten über dich verhandeln.«

»Mit wem sonst?«

»Mit den Inglis.«

»Warum mit diesen?«

»Weil sie dich auswechseln sollen.«

»Gegen wen?«

»Gegen meinen Bruder, der sich in ihrer Hand befindet. Er hat mit seiner Barke eines ihrer Schiffe angegriffen und ist von ihnen gefangen genommen worden. Sie haben ihn nach Eden[58]58
  Aden an der Straße Bah-el-Mandeh.


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geschafft und wollen ihn töten; nun aber werden sie ihn für dich frei lassen müssen.«

»Vielleicht irrst du dich. Ich gehöre nicht zu den Inglis. Sie werden mich wohl in deinen Händen lassen und deinen Bruder töten.«

»So stirbst du auch. Du kannst schreiben und wirst einen Brief an sie anfertigen, den ich ihnen übergeben lasse. Machst du den Brief gut, so werden sie dich auswechseln; machst du ihn aber schlecht, so hast du dich selbst getötet. Also überlege dir den Brief recht sehr; du hast noch viele Tage Zeit.«

»Wie viele?«

»Wir haben ein böses Meer vor uns; aber ich werde, so viel es angeht, auch des Nachts fahren. Wenn uns der Wind günstig bleibt, sind wir in vier Tagen in Dschidda. Von da bis in die Gegend von Sanah, wo ich mein Schiff verbergen werde, haben wir beinahe ebenso weit. Du hast also eine volle Woche Zeit, über dein Schreiben nachzudenken, denn erst von Sanah aus werde ich den Boten abgehen lassen.«

»Ich werde den Brief schreiben.«

»Und du versprichst mir, keinen Fluchtversuch zu unternehmen?«

»Das kann ich dir nicht versprechen.«

Er sah mir einige Zeit lang ernst in das Gesicht.

»Allah akbar, Gott ist groß, und ich habe es nicht geglaubt, daß unter den Christen auch ehrliche Leute sind. Also du willst mir entfliehen?«

»Ich werde jede Gelegenheit dazu benutzen.«

»So werden wir auch nicht fechten; du könntest mich erschlagen und in das Wasser springen, um dich durch Schwimmen zu retten. Kannst du schwimmen?«

»Ja.«

»Bedenke, daß hier im Wasser viele Fische sind, die dich fressen würden!«

»Ich weiß es.«

»Ich werde dich streng bewachen lassen. Der Mann hier neben mir wird stets an deiner Seite sein. Du hast ihn beleidigt; er wird dich nicht aus den Augen lassen, bis du entweder frei oder gestorben bist.«

»Was wird in diesen beiden Fällen mit meinem Diener werden?«

»Ihm wird nichts geschehen. Zwar hat er eine große Sünde begangen, da er der Diener eines Ungläubigen ist; aber er ist weder ein Türke noch ein Giaur, er wird seine Freiheit mit dir oder nach deinem Tode erhalten. Jetzt kannst du auf dem Deck bleiben; sobald es dir dein Wächter aber gebietet, gehst du hinab, wo du in deine Kammer eingeschlossen wirst.«

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