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Автор книги: Старонемецкий эпос


Жанр: Зарубежная старинная литература, Зарубежная литература


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Abenteuer 18
Wie Siegmund heimkehrte und Kriemhild daheim blieb

 
1107 Der Schwäher Kriemhildens gieng hin, wo er sie fand.
Er sprach zu der Königin: "Laßt uns in unser Land:
Wir sind unliebe Gäste, wähn ich, hier am Rhein.
Kriemhild, liebe Fraue, nun folgt uns zu dem Lande
mein.
 
 
1108 "Daß man in diesen Landen uns so verwaiset hat
Eures edeln Mannes durch böslichen Verrath,
Ihr sollt es nicht entgelten: hold will ich euch sein
Aus Liebe meines Sohnes und des edeln Kindes sein.
 
 
1109 "Ihr sollt auch, Frau, gebieten mit all der Gewalt,
Die Siegfried euch verstattete, der Degen wohlgestalt.
Das Land und auch die Krone soll euch zu Diensten
stehn.
Euch sollen gern gehorchen Die in Siegfriedens Lehn."
 
 
1110 Da sagte man den Knechten: "Wir reiten heim
vor Nacht."
Da sah man nach den Rossen eine schnelle Jagd:
Bei den verhaßten Feinden zu leben war ein Leid.
Den Frauen und den Maiden suchte man ihr Reisekleid.
 
 
1111 Als König Siegmund gerne weggeritten wär,
Da bat ihre Mutter Kriemhilden sehr,
Sie sollte bei den Freunden im Lande doch bestehn.
Da sprach die Freudenarme: "Das könnte schwerlich
geschehn.
 
 
1112 "Wie vermocht ichs, mit den Augen den immer
anzusehn,
Von dem mir armen Weibe so leid ist geschehn?"
Da sprach der junge Geiselher: "Liebe Schwester mein,
Du sollst bei deiner Treue hier mit deiner Mutter sein.
 
 
1113 "Die dir das Herz beschwerten und trübten dir den Muth,
Du bedarfst nicht ihrer Dienste, du zehrst von meinem
Gut."
Sie sprach zu dem Recken: "Wie könnte das geschehn?
Vor Leide müst ich sterben, wenn ich Hagen sollte sehn."
 
 
1114 "Dessen überheb ich dich, viel liebe Schwester mein.
Du sollst bei deinem Bruder Geiselher hier sein;
Ich will dir wohl vergüten deines Mannes Tod."
Da sprach die Freudenlose: "Das wäre Kriemhilden
Noth."
 
 
1115 Als es ihr der Junge so gütlich erbot,
Da begannen auch zu flehen Ute und Gernot
Und ihre treuen Freunde, sie möchte da bestehn:
Sie hätte wenig Sippen unter Siegfriedens Lehn.
 
 
1116 "Sie sind euch alle fremde," sprach da Gernot.
"Wie stark auch einer gelte, so rafft ihn doch der Tod.
Bedenkt das, liebe Schwester, und tröstet euern Muth:
Bleibt hier bei euern Freunden, es geräth euch wahrlich
gut."
 
 
1117 Da gelobte sie dem Bruder, im Lande zu bestehn.
Man zog herbei die Rosse Denen in Siegmunds Lehn,
Als sie reiten wollten gen Nibelungenland;
Da war auch aufgeladen der Recken Zeug und Gewand.
 
 
1118 Da gieng König Siegmund vor Kriemhilden stehn
Und sprach zu der Frauen: "Die in Siegfrieds Lehn
Warten bei den Rossen: reiten wir denn hin,
Da ich gar so ungern hier bei den Burgunden bin."
 
 
1119 Frau Kriemhild sprach: "Mir rathen hier die Freunde
mein,
Die besten, die ich habe, bei ihnen soll’ ich sein.
Ich habe keinen Blutsfreund in Nibelungenland."
Leid war es Siegmunden, da er dieß an Kriemhild fand.
 
 
1120 Da sprach König Siegmund: "Das laßt euch Niemand
sagen:
Vor allen meinen Freunden sollt ihr die Krone tragen
Nach rechter Königswürde, wie ihr vordem gethan:
Ihr sollt es nicht entgelten, daß ihr verloren habt
den Mann.
 
 
1121 "Fahrt auch mit uns zur Heimat um euer Kindelein:
Das sollt ihr eine Waise, Frau, nicht laßen sein.
Ist euer Sohn erwachen, er tröstet euch den Muth.
Derweil soll euch dienen mancher Degen kühn
und gut."
 
 
1122 Sie sprach: "Mein Herr Siegmund, ich kann nicht
mit euch gehn.
Ich muß hier verbleiben, was halt mir mag geschehn,
Bei meinen Anverwandten, die mir helfen klagen."
Da wollten diese Mären den guten Recken nicht
behagen.
 
 
1123 Sie sprachen einhellig: "So möchten wir gestehn,
Es sei in dieser Stunde uns erst ein Leid geschehn.
Wollt ihr hier im Lande bei unsern Feinden sein,
So könnte Helden niemals eine Hoffahrt übler
gedeihn."
 
 
1124 "Ihr sollt ohne Sorge Gott befohlen fahren:
Ich schaff euch gut Geleite und heiß euch wohl bewahren
Bis zu euerm Lande; mein liebes Kindelein
Das soll euch guten Recken auf Gnade befohlen sein."
 
 
1125 Als sie das recht vernahmen, sie wolle nicht hindann,
Da huben Siegfrieds Mannen all zu weinen an.
Mit welchem Herzensjammer nahm da Siegmund
Urlaub von Kriemhilden! Da ward ihm Unfreude kund.
 
 
1126 "Weh dieses Hofgelages!" sprach der König hehr.
"Einem König und den Seinen geschieht wohl
nimmermehr
Einer Kurzweil willen, was uns hier ist geschehn:
Man soll uns nimmer wieder hier bei den Burgunden
sehn."
 
 
1127 Da sprachen laut die Degen in Siegfriedens Heer:
"Wohl möchte noch die Reise geschehen hieher,
Wenn wir den nur fanden, der uns den Herrn erschlug.
Sie haben Todfeinde bei seinen Freunden genug."
 
 
1128 Er küsste Kriemhilden: kläglich sprach er da,
Als er daheim zu bleiben sie so entschloßen sah:
"Wir reiten arm an Freuden nun heim in unser Land!
All mein Kummer ist mir erst jetzo bekannt."
 
 
1129 Sie ritten ungeleitet von Worms an den Rhein:
Sie mochten wohl des Muthes in ihrem Sinne sein,
Wenn sie in Feindschaft würden angerannt,
Daß sich schon wehren solle der kühnen Niblungen
Hand.
 
 
1130 Sie erbaten Urlaub von Niemanden sich.
Da sah man Geiselheren und Gernot minniglich
Zu dem König kommen; ihnen war sein Schade leid:
Das ließen ihn wohl schauen die kühnen Helden
allbereit.
 
 
1131 Da sprach wohlgezogen der kühne Gernot:
"Wohl weiß es Gott im Himmel, an Siegfriedens Tod
Bin ich ganz unschuldig: ich hört auch niemals sagen,
Wer ihm Feind hier wäre: ich muß ihn billig beklagen."
 
 
1132 Da gab ihm gut Geleite Geiselher das Kind.
Er bracht ohne Sorgen, die sonst bei Leide sind,
Den König und die Recken heim nach Niederland.
Wie wenig der Verwandten man dort fröhlich
wiederfand!
 
 
1133 Wie’s ihnen nun ergangen ist, weiß ich nicht zu sagen.
Man hörte hier Kriemhilden zu allen Zeiten klagen,
Daß ihr Niemand tröstete das Herz noch den Muth
Als ihr Bruder Geiselher: der war getreu und auch gut.
 
 
1134 Brunhild die schöne des Uebermuthes pflag:
Wie viel Kriemhild weinte, was fragte sie darnach!
Sie war zu Lieb und Treue ihr nimmermehr bereit;
Bald schuf auch ihr Frau Kriemhild wohl so ungefüges
Leid.
 
Abenteuer 19
Wie der Nibelungenhort nach Worms kam

 
1135 Als die edle Kriemhild so verwitwet ward,
Blieb bei ihr im Lande der Markgraf Eckewart
Zurück mit seinen Mannen, wie ihm die Treu gebot.
Er diente seiner Frauen willig bis an seinen Tod.
 
 
1136 Zu Worms am Münster wies man ihr ein Gezimmer an,
Weit und geräumig, reich und wohlgethan,
Wo mit dem Gesinde die Freudenlose saß.
Sie gieng zur Kirche gerne, mit großer Andacht
that sie das.
 
 
1137 Wo ihr Freund begraben lag, wie fleißig gieng sie
Sie that es alle Tage mit trauerndem Sinn
Und bat seiner Seele Gott den Herrn zu pflegen:
Gar oft bejammert wurde mit großer Treue der Degen.
 
 
1138 Ute und ihr Gesinde sprachen ihr immer zu,
Und doch im wunden Herzen fand sie so wenig Ruh,
Es konnte nicht verfangen der Trost, den man ihr bot.
Sie hatte nach dem Freunde die allergrößeste Noth,
 
 
1139 Die nach liebem Manne je ein Weib gewann:
Ihre große Treue ersah man wohl daran.
Sie klagt’ ihn bis zu Ende, da sie zu sterben kam.
Bald rächte sie gewaltig mit großer Treue den Gram.
 
 
1140 Sie saß in ihrem Leide, das ist alles wahr,
Nach ihres Mannes Tode bis in das vierte Jahr
Und hatte nie zu Gunthern gesprochen einen Laut
Und auch Hagen ihren Feind in all der Zeit nicht
erschaut.
 
 
1141 Da sprach von Tronje Hagen: "Könnte das geschehn,
Daß ihr euch die Schwester gewogen möchtet sehn,
So käm zu diesem Lande der Nibelungen Gold:
Des mögt ihr viel gewinnen, wird uns die Königin hold."
 
 
1142 "Wir wollen es versuchen," sprach der König hehr.
"Es sollen für uns bitten Gernot und Geiselher,
Bis sie es erlangen, daß sie das gerne sieht."
"Ich glaube nicht," sprach Hagen, "daß es jemals
geschieht."
 
 
1143 Da befahl er Ortweinen hin an Hof zu gehn
Und dem Markgrafen Gere: als das war geschehn,
Brachte man auch Gernot und Geiselhern das Kind:
Da versuchten bei Kriemhilden sie es freundlich
und gelind.
 
 
1144 Da sprach von Burgunden der kühne Gernot:
"Frau, ihr klagt zu lange um Siegfriedens Tod.
Der König will euch zeigen, er hab ihn nicht erschlagen:
Man hört zu allen Zeiten euch so heftig um ihn klagen."
 
 
1145 Sie sprach: "Des zeiht ihn Niemand, ihn schlug Hagens
Hand.
Wo er verwundbar wäre, macht ich ihm bekannt.
Wie konnt ich michs versehen, er trüg ihm Haß im Sinn!
Sonst hätt ichs wohl vermieden," sprach die edle
Königin,
 
 
1146 "Daß ich verraten hätte seinen schönen Leib:
So ließ’ ich nun mein Weinen, ich unselig Weib!
Hold werd ich ihnen nimmer, die das an ihm gethan!"
Zu flehn begann da Geiselher, dieser waidliche Mann.
 
 
1147 Sie sprach: "Ich muß ihn grüßen, ihr liegt zu sehr mir an.
Von euch ist’s große Sünde: Gunther hat mir gethan
So viel Herzeleides ganz ohne meine Schuld:
Mein Mund schenkt ihm Verzeihung, mein Herz
ihm nimmer die Huld."
 
 
1148 "Hernach wird es beßer," ihre Freunde sprachen so.
"Wenn ers zu Wege brächte, daß wir sie sähen froh!"
"Er mags ihr wohl vergüten," sprach da Gernot.
Da sprach die Jammersreiche: "Seht, nun leist
ich eur Gebot:
 
 
1149 "Ich will den König grüßen." Als er das vernahm,
Mit seinen besten Freunden der König zu ihr kam.
Da getraute Hagen sich nicht, zu ihr zu gehn:
Er kannte seine Schuld wohl: ihr war Leid
von ihm geschehn.
 
 
1150 Als sie verschmerzen wollte auf Gunther den Haß,
Daß er sie küssen sollte, wohl ziemte sich ihm das.
Wär ihr mit seinem Willen so leid nicht geschehn,
So dürft er dreisten Muthes immer zu Kriemhilden gehn.
 
 
1151 Es ward mit so viel Thränen nie eine Sühne mehr
Gestiftet unter Freunden. Sie schmerzt’ ihr Schade sehr.
Doch verzieh sie allen bis auf den Einen Mann:
Niemand hätt ihn erschlagen, hätt es Hagen nicht
gethan.
 
 
1152 Nun währt’ es nicht mehr lange, so stellten sie es an,
Daß die Königstochter den großen Hort gewann
Vom Nibelungenlande und bracht ihn an den Rhein:
Ihre Morgengabe war es und must ihr billig eigen sein.
 
 
1153 Nach diesem fuhr da Geiselher und auch Gernot.
Achtzighundert Mannen Frau Kriemhild gebot,
Daß sie ihn holen sollten, wo er verborgen lag
Und sein der Degen Alberich mit seinen besten
Freunden pflag.
 
 
1154 Als man des Schatzes willen vom Rhein sie kommen sah,
Alberich der kühne sprach zu den Freunden da:
"Wir dürfen ihr wohl billig den Hort nicht entziehn,
Da sein als Morgengabe heischt die edle Künigin.
 
 
1155 "Dennoch sollt es nimmer," sprach Alberich,
"geschehn,
Müsten wir nicht leider uns verloren sehn
Die gute Tarnkappe mit Siegfried zumal,
Die immer hat getragen der schönen Kriemhild Gemahl.
 
 
1156 "Nun ist es Siegfrieden leider schlimm bekommen,
Daß die Tarnkappe der Held uns hat genommen,
Und daß ihm dienen muste all dieses Land."
Da gieng dahin der Kämmerer, wo er die Schlüßel
liegen fand.
 


 
1157 Da standen vor dem Berge, die Kriemhild gesandt,
Und mancher ihrer Freunde: man ließ den Schatz
zur Hand
Zu dem Meere bringen an die Schiffelein
Und führt’ ihn auf den Wellen bis zu Berg in den Rhein.
 
 
1158 Nun mögt ihr von dem Horte Wunder hören sagen:
Zwölf Leiterwagen konnten ihn kaum von dannen
tragen
In vier Tag und Nächten aus des Berges Schacht,
Hätten sie des Tages den Weg auch dreimal gemacht.
 
 
1159 Es war auch nichts anders als Gestein und Gold.
Und hätte man die ganze Welt erkauft mit diesem Gold,
Um keine Mark vermindern möcht es seinen Werth.
Wahrlich Hagen hatte nicht ohne Grund sein begehrt.
 
 
1160 Der Wunsch lag darunter, ein golden Rüthelein:
Wer es hätt erkundet, der möchte Meister sein
Auf der weiten Erde wohl über jeden Mann.
Von Albrichs Freunden zogen mit Gernot Viele hinan.
 
 
1161 Als Gernot der Degen und der junge Geiselher
Des Horts sich unterwanden, da wurden sie auch Herr
Des Landes und der Burgen und der Recken wohlgestalt:
Die musten ihnen dienen zumal durch Furcht
und Gewalt.
 
 
1162 Als sie den Hort gewannen in König Gunthers Land,
Und sich darob die Königin der Herrschaft unterwand,
Kammern und Thürme die wurden voll getragen;
Man hörte nie von Schätzen so große Wunder wieder
sagen.
 
 
1163 Und wären auch die Schätze noch größer tausendmal,
Und wär der edle Siegfried erstanden von dem Fall,
Gern wäre bei ihm Kriemhild geblieben hemdebloß.
Nie war zu einem Helden eines Weibes Treue so groß.
 
 
1164 Als sie den Hort nun hatte, da brachte sie ins Land
Viel der fremden Recken; wohl gab der Frauen Hand,
Daß man so große Milde nie zuvor gesehn.
Sie übte hohe Güte: das muste man ihr zugestehn.
 
 
1165 Den Armen und den Reichen zu geben sie begann.
Hagen sprach zum König: "Läßt man sie so fortan
Noch eine Weile schalten, so wird sie in ihr Lehn
So manchen Degen bringen, daß es uns übel
muß ergehn."
 
 
1166 Da sprach König Gunther: "Ihr gehört das Gut:
Wie darf ich mich drum kümmern, was sie mit ihm thut?
Ich konnt es kaum erlangen, daß sie mir wurde hold;
Nicht frag ich, wie sie theilet ihr Gestein und rohes
Gold."
 
 
1167 Hagen sprach zum König: "Es vertraut ein kluger Mann
Doch solche Schätze billig keiner Frauen an:
Sie bringt es mit Gaben wohl noch an den Tag,
Da es sehr gereuen die kühnen Burgunden mag."
 
 
1168 Da sprach König Gunther: "Ich schwur ihr einen Eid,
Daß ich ihr nie wieder fügen wollt ein Leid,
Und will es künftig meiden: sie ist die Schwester mein."
Da sprach wieder Hagen: "Laßt mich den Schuldigen
sein."
 
 
1169 Sie nahmen ihre Eide meistens schlecht in Hut:
Da raubten sie der Witwe das mächtige Gut.
Hagen aller Schlüßel dazu sich unterwand.
Ihr Bruder Gernot zürnte, als ihm das wurde bekannt.
 
 
1170 Da sprach der junge Geiselher: "Viel Leides ist geschehn
Von Hagen meiner Schwester: dem sollt ich widerstehn:
Wär er nicht mein Blutsfreund, es gieng’ ihm
an den Leib."
Wieder neues Weinen begann da Siegfriedens Weib.
 
 
1171 Da sprach König Gernot: "Eh wir solche Pein
Um dieses Gold erlitten, wir solltens in den Rhein
All versenken laßen: so gehört’ es Niemand an."
Sie kam mit Klaggebärde da zu Geiselher heran.
 
 
1172 Sie sprach: "Lieber Bruder, du sollst gedenken mein,
Lebens und Gutes sollst du ein Vogt mir sein."
Da sprach er zu der Schwester: "Gewiss, es soll geschehn,
Wenn wir wiederkommen: eine Fahrt ist zu bestehn."
 
 
1173 Gunther und seine Freunde räumten das Land,
Die allerbesten drunter, die man irgend fand;
Hagen nur alleine verblieb um seinen Haß,
Den er Kriemhilden hegte: ihr zum Schaden that er das.
 
 
1174 Eh der reiche König wieder war gekommen,
Derweil hatte Hagen den ganzen Schatz genommen:
Er ließ ihn bei dem Loche versenken in den Rhein.
Er wähnt’, er sollt ihn nutzen; das aber konnte nicht sein.
 
 
1175 Bevor von Tronje Hagen den Schatz also verbarg,
Da hatten sie’s beschworen mit Eiden hoch und stark,
Daß er verhohlen bliebe, so lang sie möchten leben:
So konnten sie’s sich selber noch auch Jemand anders
geben.
 
 
1176 Die Fürsten kamen wieder, mit ihnen mancher Mann.
Kriemhild den großen Schaden zu klagen da begann
Mit Mägdlein und Frauen; sie hatten Herzensnoth.
Da stellten sich die Degen, als sännen sie auf seinen Tod.
 
 
1177 Sie sprachen einhellig: "Er hat nicht wohlgethan."
Bis er zu Freunden wieder die Fürsten sich gewann,
Entwich er ihrem Zorne: sie ließen ihn genesen;
Aber Kriemhild konnt ihm wohl nicht feinder
sein gewesen.
 
 
1178 Mit neuem Leide wieder belastet war ihr Muth,
Erst um des Mannes Leben und nun, da sie das Gut
Ihr so gar benahmen: da ruht’ auch ihre Klage,
So lang sie lebte, nimmer bis zu ihrem jüngsten Tage.
 
 
1179 Nach Siegfriedens Tode, das ist alles wahr,
Lebte sie im Leide noch dreizehen Jahr,
Daß ihr der Tod des Recken stäts im Sinne lag:
Sie wahrt’ ihm immer Treue; das rühmen
ihr die Meisten nach.
 
 
1180 Eine reiche Fürstenabtei hatte Frau Ute
Nach Dankrats Tod gestiftet von ihrem Gute
Mit großen Einkünften, die es noch heute zieht:
Dort zu Lorsch das Kloster, das man in hohen Ehren sieht.
 
 
1181 Dazu gab auch Kriemhild hernach ein großes Theil
Um Siegfriedens Seele und aller Seelen Heil
Gold und Edelsteine mit williger Hand;
Getreuer Weib auf Erden ward uns selten noch bekannt.
 
 
1182 Seit Kriemhild König Gunthern wieder schenkte Huld
Und dann doch den großen Hort verlor durch seine
Schuld,
Ihres Herzeleides ward da noch viel mehr:
Da zöge gern von dannen die Fraue edel und hehr.
 
 
1183 Nun war Frau Uten ein Sedelhof bereit
Zu Lorsch bei ihrem Kloster, reich, groß und weit,
Dahin von ihren Kindern sie zog und sich verbarg,
Wo noch die hehre Königin begraben liegt in einem Sarg.
 
 
1184 Da sprach die Königswitwe: "Liebe Tochter mein,
Hier magst du nicht verbleiben: bei mir denn sollst du sein,
Zu Lorsch in meinem Hause, und läst dein Weinen
dann."
Kriemhild gab zur Antwort: "Wo ließ’ ich aber meinen
Mann?"
 
 
1185 "Den laß nur hier verbleiben," sprach Frau Ute.
"Nicht woll es Gott vom Himmel," sprach da die Gute.
"Nein, liebe Mutter, davor will ich mich wahren:
"Ein Mann muß von hinnen in Wahrheit auch
mit mir fahren."
 
 
1186 Da schuf die Jammersreiche, daß man ihn erhub
Und sein Gebein, das edle, wiederum begrub
Zu Lorsch bei dem Münster mit Ehren mannigfalt:
Da liegt im langen Sarge noch der Degen wohlgestalt.
 
 
1187 Zu denselben Zeiten, da Kriemhild gesollt
Zu ihrer Mutter ziehen, wohin sie auch gewollt,
Da muste sie verbleiben, weil es nicht sollte sein:
Das schufen neue Mären, die da kamen über Rhein.
 
Abenteuer 20
Wie König Etzel um Kriemhilden sandte

 
1188 Das war in jenen Zeiten, als Frau Helke starb
Und der König Etzel um andre Frauen warb,
Da riethen seine Freunde in Burgundenland
Zu einer stolzen Witwe, die war Frau Kriemhild genannt.
 
 
1189 Seit ihm die schöne Helke erstarb, die Königin,
Sie sprachen: "Sinnt ihr wieder auf edler Frau Gewinn,
Der höchsten und der besten, die je ein Fürst gewann,
So nehmet Kriemhilden; der starke Siegfried
war ihr Mann."
 
 
1190 Da sprach der reiche König: "Wie gienge das wohl an?
Ich bin ein Heide, ein ungetaufter Mann,
Sie jedoch ist Christin sie thut es nimmermehr.
Ein Wunder müst es heißen, käm sie jemals hieher."
 
 
1191 Die Schnellen sprachen wieder: "Vielleicht, daß
sie es thut
Um euern hohen Namen und euer großes Gut.
Man soll es doch versuchen bei dem edeln Weib:
Euch ziemte wohl zu minnen ihren wonniglichen Leib."
 
 
1192 Da sprach der edle König: "Wem ist nun bekannt
Unter euch am Rheine das Volk und auch das Land?"
Da sprach von Bechlaren der gute Rüdiger:
"Kund von Kindesbeinen sind mir die edeln Könige
hehr,
 
 
1193 "Gunther und Gernot, die edeln Ritter gut;
Der dritte heißt Geiselher: ein Jeglicher thut,
Was er nach Zucht und Ehren am besten mag begehn:
Auch ist von ihren Ahnen noch stäts dasselbe geschehn."
 
 
1194 Da sprach wieder Etzel: "Freund, nun sage mir,
Ob ihr wohl die Krone ziemt zu tragen hier;
Und hat sie solche Schöne, wie man sie zeiht,
Meinen besten Freunden sollt es nimmer werden leid."
 
 
1195 "Sie vergleicht sich an Schöne wohl der Frauen mein,
Helke der reichen: nicht schöner könnte sein
Auf der weiten Erde eine Königin:
Wen sie erwählt zum Freunde, der mag wohl trösten
den Sinn."
 
 
1196 Er sprach: "So wirb sie, Rüdiger, so lieb als ich dir sei.
Und darf ich Kriemhilden jemals liegen bei,
Das will ich dir lohnen, so gut ich immer kann;
Auch hast du meinen Willen mit großer Treue gethan.
 
 
1197 "Von meinem Kammergute laß ich so viel dir geben,
Daß du mit den Gefährten in Freude mögest leben;
Von Rossen und von Kleidern, was ihr nur begehrt,
Des wird zu der Botschaft euch die Genüge gewährt."
 
 
1198 Zur Antwort gab der Markgraf, der reiche Rüdiger:
"Begehrt’ ich deines Gutes, das ziemte mir nicht sehr.
Ich will dein Bote gerne werden an den Rhein
Mit meinem eignen Gute; ich hab es aus den Händen
dein."
 
 
1199 Da sprach der reiche König: "Wann denkt ihr zu fahren
Nach der Minniglichen? So soll euch Gott bewahren
Dabei an allen Ehren und auch die Fraue mein;
Und möge Glück mir helfen, daß sie uns gnädig
möge sein."
 
 
1200 Da sprach wieder Rüdiger: "Eh wir räumen dieses Land,
Müßen wir uns rüsten mit Waffen und Gewand,
Daß wir vor den Königen mit Ehren dürfen stehn:
Ich will zum Rheine führen fünfhundert Degen
ausersehn.
 
 
1201 "Wenn man bei den Burgunden mich
und die Meinen seh,
Daß dann einstimmig das Volk im Land gesteh,
Es habe nie ein König noch so manchen Mann
So fern daher gesendet, als du zum Rheine gethan.
 
 
1202 "Und wiß, edler König, stehst du darob nicht an,
Sie war dem besten Manne, Siegfrieden unterthan,
Siegmundens Sohne; du hast ihn hier gesehn:
Man mocht ihm große Ehre wohl in Wahrheit
zugestehn."
 
 
1203 Da sprach der König Etzel: "War sie dem Herrn
vermählt,
Sie war so hohes Namens der edle Fürst erwählt,
Daß ich nicht verschmähen darf die Königin.
Ob ihrer großen Schönheit gefällt sie wohl meinem
Sinn."
 
 
1204 Da sprach der Markgraf wieder: "Wohlan, ich will
euch sagen,
Wir heben uns von hinnen in vierundzwanzig Tagen.
Ich entbiet es Gotelinden, der lieben Fraue mein,
Daß ich zu Kriemhilden selber wolle Bote sein."
 
 
1205 Hin gen Bechelaren sandte Rüdiger
Boten seinem Weibe, der Markgräfin hehr,
Er werbe für den König um eine Königin:
Der guten Helke dachte sie da mit freundlichem Sinn.
 
 
1206 Als die Botenkunde die Markgräfin gewann,
Leid war es ihr zum Theile, zu sorgen hub sie an,
Ob sie wohl eine Herrin gewänne so wie eh.
Gedachte sie an Helke, das that ihr inniglich weh.
 
 
1207 Nach sieben Tagen Rüdiger ritt aus Heunenland,
Worüber frohgemuthet man König Etzeln fand.
Man fertigte die Kleider in der Stadt zu Wien;
Da wollt er mit der Reise auch nicht länger mehr
verziehn.
 
 
1208 Zu Bechlaren harrte sein Frau Gotelind
Und die junge Markgräfin, Rüdigers Kind,
Sah ihren Vater gerne und Die ihm unterthan;
Da ward ein liebes Harren von schönen Frauen gethan.
 
 
1209 Eh der edle Rüdiger aus der Stadt zu Wien
Ritt nach Bechlaren, da waren hier für ihn
Kleider und Gewaffen auf Säumern angekommen.
Sie fuhren solcherweise, daß ihnen wenig ward
genommen.
 
 
1210 Als sie zu Bechlaren kamen in die Stadt,
Für seine Heergesellen um Herbergen bat
Der Wirth mit holden Worten: die gab man ihnen da.
Gotelind die reiche den Wirth gar gerne kommen sah.
 
 
1211 Auch seine liebe Tochter, die Marfgräfin jung,
Ob ihres Vaters Kommen war sie froh genung,
Aus Heunenland die Helden, wie gern sie die sah!
Mit lachendem Muthe sprach die edle Jungfrau da:
 
 
1212 "Willkommen sei mein Vater und Die ihm unterthan."
Da ward ein schönes Danken von manchem werthen
Mann
Freundlich geboten der jungen Markgräfin.
Wohl kannte Frau Gotlind des edeln Rüdiger Sinn.
 
 
1213 Als sie des Nachts nun bei Rüdigern lag,
Mit holden Worten fragte die Markgräfin nach,
Wohin ihn denn gesendet der Fürst von Heunenland?
"Meine Frau Gotlind," sprach er, "ich mach
es gern euch bekannt.
 
 
1214 "Meinem Herren werben soll ich ein ander Weib,
Da ihm ist erstorben der schönen Helke Leib.
Nun will ich nach Kriemhilden reiten an den Rhein:
Die soll hier bei den Heunen gewaltge Königin sein."
 
 
1215 "Das wollte Gott!" sprach Gotlind, "möcht uns dies
Heil geschehn,
Da wir so hohe Ehren ihr hören zugestehn.
Sie ersetzt uns Helken vielleicht in alten Tagen;
Wir mögen bei den Heunen sie gerne sehen Krone
tragen."
 
 
1216 Da sprach Markgraf Rüdiger: "Liebe Fraue mein,
Die mit mir reiten sollen von hinnen an den Rhein,
Denen sollt ihr freundlich bieten euer Gut:
Wenn Helden reichlich leben, so tragen sie hohen
Muth."
 
 
1217 Sie sprach: "Da ist nicht Einer, wenn er es gerne nähm,
Ich wollt ihm willig bieten, was Jeglichem genehm,
Eh ihr von hinnen scheidet und Die euch unterthan."
Da sprach der Markgraf wieder: "Ihr thut mir Liebe
daran."
 
 
1218 Hei! was man reicher Zeuge von ihrer Kammer trug!
Da ward den edeln Recken Gewand zu Theil genug
Mit allem Fleiß gefüttert vom Hals bis auf die Sporen;
Die ihm davon gefielen, hatte Rüdger sich erkoren.
 
 
1219 Am siebenten Morgen von Bechlaren ritt
Der Wirth mit seinen Degen. Sie führten Waffen mit
Und Kleider auch die Fülle durch der Baiern Land.
Sie wurden auf der Straße von Räubern selten angerannt.
 
 
1220 Binnen zwölf Tagen kamen sie an den Rhein.
Da konnte diese Märe nicht lang verborgen sein:
Dem König und den Seinen ward es kund gethan,
Es kämen fremde Gäste. Der Wirth zu fragen begann,
 
 
1221 Ob sie Jemand kennte? das sollte man ihm sagen.
Man sah die Saumrosse schwere Lasten tragen:
Wie reich die Helden waren, ward daran erkannt.
Herberge schuf man ihnen in der weiten Stadt zuhand.
 
 
1222 Als die Gäste waren in die Stadt gekommen,
Ihres Aufzugs hatte man mit Neugier wahrgenommen.
Sie wunderte, von wannen sie kämen an den Rhein.
Der Wirth fragte Hagen, wer die Herren möchten sein?
 
 
1223 Da sprach der Held von Tronje: "Ich sah sie noch nicht;
Wenn ich sie erschaue, mag ich euch Bericht
Wohl geben, von wannen sie ritten in dies Land.
Sie wären denn gar fremde, so sind sie gleich
mir bekannt."
 
 
1224 Herbergen hatten die Gäste nun empfahn.
Der Bote hatte reiche Gewänder angethan
Mit seinen Heergesellen, als sie zu Hofe ritten.
Sie trugen gute Kleider, die waren zierlich geschnitten.
 
 
1225 Da sprach der schnelle Hagen: "So viel ich mag verstehn,
Da ich seit langen Tagen den Herrn nicht hab ersehn,
So sind sie so zu schauen, als wär es Rüdiger
Aus der Heunen Lande, dieser Degen kühn und hehr."
 
 
1226 "Wie sollt ich das glauben," der König sprachs zuhand,
"Daß der von Bechelaren kam in dieses Land?"
Kaum hatte König Gunther das Wort gesprochen gar,
So nahm der kühne Hagen den guten Rüdiger wahr.
 
 
1227 Er und seine Freunde liefen ihm entgegen:
Da sprangen von den Rossen fünfhundert schnelle
Degen.
Wohl empfangen wurden die von Heunenland;
Niemals trugen Boten wohl so herrlich Gewand.
 
 
1228 Da rief von Tronje Hagen mit lauter Stimme Schall:
"Nun sei’n uns hochwillkommen diese Degen all,
Der Vogt von Bechelaren mit seiner ganzen Schar."
Man empfieng mit Ehren die schnellen Heunen fürwahr.
 
 
1229 Des Königs nächste Freunde drängten sich heran:
Da hub von Metzen Ortewein zu Rüdigern an:
"Wir haben lange Tage hier nicht mehr gesehn
Also liebe Gäste, das muß ich wahrlich gestehn!"
 
 
1230 Sie dankten des Empfanges den Recken allzumal.
Mit dem Heergesinde giengen sie zum Saal,
Wo sie den König fanden bei manchem kühnen Mann.
Der stand empor vom Sitze: das ward aus höfscher Zucht
gethan.
 
 
1231 Wie freundlich dem Boten er entgegengieng
Und allen seinen Degen! Gernot auch empfieng
Den Gast mit hohen Ehren und Die ihm unterthan.
Den guten Rüdger führte der König an der Hand heran.
 
 
1232 Er bracht’ ihn zu dem Sitze, darauf er selber saß.
Den Gästen ließ er schenken (gerne that man das)
Von dem guten Methe und von dem besten Wein,
Den man mochte finden in den Landen um den Rhein.
 
 
1233 Geiselher und Gere waren auch gekommen,
Dankwart und Volker, die hatten bald vernommen
Von den werthen Gästen. Sie waren wohlgemuth:
Sie empfiengen vor dem König die Ritter edel und gut.
 
 
1234 Da sprach von Tronje Hagen zu Gunthern seinem Herrn:
"Mit Dienst vergelten sollten stäts eure Degen gern,
Was uns der Markgraf zu Liebe hat gethan;
Des sollte Lohn empfangen der schönen Gotlinde
Mann."
 
 
1235 Da sprach der König Gunther: "Ich laße nicht
das Fragen:
Wie beide sich gehaben, das sollt ihr mir sagen,
Etzel und Frau Helke in der Heunen Land?"
Der Markgraf gab zur Antwort: "Ich mach es gern euch
bekannt."
 
 
1236 Da erhob er sich vom Sitze und Die ihm unterthan
Und sprach zu dem König: "Laßt mich Erlaub empfahn,
Daß ich die Märe sage, um die mich hat gesandt
Etzel der König hieher in der Burgunden Land."
 
 
1237 Er sprach: "Was man uns immer durch euch entboten
hat,
Erlaub ich euch zu sagen ohne der Freunde Rath.
Die Märe laßt vernehmen mich und die Degen mein:
Euch soll nach allen Ehren zu werben hier gestattet sein."
 
 
1238 Da sprach der biedre Bote: "Euch entbietet an den Rhein
Seine treuen Dienste der große König mein,
Dazu den Freunden allen, die euch zugethan;
Auch wird euch diese Botschaft mit großer Treue gethan.
 
 
1239 "Euch läßt der edle König klagen seine Noth:
Sein Volk ist ohne Freude, meine Frau die ist todt,
Helke die reiche, meines Herrn Gemahl:
An der sind schöne Jungfraun nun verwaist in großer
Zahl,
 
 
1240 "Edler Fürsten Kinder, die sie erzogen hat;
Darum hat im Lande nun große Trauer Statt:
Sie haben leider Niemand mehr, der sie so treulich pflegt,
Drum wähn ich auch, daß selten des Königs Sorge
sich legt."
 
 
1241 "Nun lohn ihm Gott," sprach Gunther, "daß er
die Dienste sein
So williglich entbietet mir und den Freunden mein.
Ich hörte gern die Grüße, die ihr mir kund gethan;
Auch wollen sie verdienen Die mir treu und unterthan."
 
 
1242 Da sprach von Burgunden der edle Gernot:
"Die Welt mag wohl beklagen der schönen Helke Tod
Um manche höfsche Tugend, der sie gewohnt
zu pflegen."
Das bestätigte Hagen und mancher andre Degen.
 
 
1243 Da sprach wieder Rüdiger, der edle Bote hehr:
"Erlaubt ihr mir, Herr König, so sag ich euch noch mehr,
Was mein lieber Herre euch hieher entbot:
Er lebt in großem Kummer seit der Königin Helke Tod.
 
 
1244 "Man sagte meinem Herren, Kriemhild sei ohne Mann,
Da Siegfried gestorben: und sprach man wahr daran,
Und wollt ihr ihrs vergönnen, so soll sie Krone tragen
Vor König Etzels Recken: das gebot mein Herr ihr
zu sagen."
 
 
1245 Da sprach König Gunther mit wohlgezognem Muth:
"Sie hört meinen Willen, wenn sie es gerne thut.
Das will ich euch berichten von heut in dreien Tagen:
Wenn sie es nicht weigert, wie sollt ichs Etzel versagen?"
 
 
1246 Man ließ Gemach bescheiden den Gästen allzuhand.
Sie fanden solche Pflege, daß Rüdiger gestand,
Er habe gute Freunde in König Gunthers Lehn.
Gerne dient’ ihm Hagen: ihm war einst Gleiches
geschehn.
 
 
1247 So verweilte Rüdiger bis an den dritten Tag.
Der Fürst berief die Räthe, wie er weislich pflag,
Und fragte seine Freunde, ob sie es gut gethan
Däuchte, daß Kriemhild Herrn Etzeln nähme
zum Mann.
 
 
1248 Da riethen sie es alle; nur Hagen stands nicht an.
Er sprach zu König Gunther, diesem kühnen Mann:
"Habt ihr kluge Sinne, so seid wohl auf der Hut,
Wenn sie auch folgen wollte, daß ihr doch nimmer
es thut."
 
 
1249 "Warum," sprach da Gunther, "ließ’ ich es nicht
ergehn?
Was künftig noch der Königin Liebes mag geschehn,
Will ich ihr gerne gönnen: sie ist die Schwester mein.
Wir müsten selbst drum werben, sollt es ihr zur Ehre
sein."
 
 
1250 Da sprach aber Hagen: "Das sprecht ihr unbedacht.
Wenn ihr Etzeln kenntet wie ich und seine Macht,
Und ließt ihr sie ihn minnen, wie ich euch höre sagen,
Das müstet ihr vor Allen mit großem Rechte beklagen."
 
 
1251 "Warum?" sprach da Gunther, "leicht vermeid ich das,
Ihm je so nah zu kommen, daß ich durch seinen Haß
Leid zu befahren hätte, würd er auch ihr Mann."
Da sprach wieder Hagen: "Mich dünkt es nimmer
wohlgethan."
 
 
1252 Da lud man Gernoten und Geiselhern heran,
Ob die Herren beide däuchte wohlgethan,
Wenn Frau Kriemhild nähme den mächtgen König hehr.
Noch widerrieth es Hagen und auch anders Niemand
mehr.
 
 
1253 Da sprach von Burgunden Geiselher der Degen:
"Nun mögt ihr, Freund Hagen, noch der Treue pflegen:
Entschädigt sie des Leides, das ihr ihr habt gethan.
Was ihr noch mag gelingen, das säht ihr billig neidlos an."
 
 
1254 "Wohl habt ihr meiner Schwester gefügt so großes Leid,"
Sprach da wieder Geiselher, der Degen allbereit,
"Ihr hättets wohl verschuldet, wäre sie euch gram:
Noch Niemand einer Frauen so viel der Freuden
benahm."
 
 
1255 "Daß ich das wohl erkenne, das sei euch frei bekannt.
Und soll sie Etzeln nehmen und kommt sie in sein Land,
Wie sie es fügen möge, viel Leid thut sie uns an.
Wohl kommt in ihre Dienste da mancher waidliche
Mann."
 
 
1256 Dawider sprach zu Hagen der kühne Gernot:
"Es mag dabei verbleiben bis an Beider Tod,
Daß wir niemals kommen in König Etzels Land.
Laßt uns ihr Treue leisten: zu Ehren wird
uns das gewandt."
 
 
1257 Da sprach Hagen wieder: "Das laß ich mir Niemand
sagen;
Und soll die edle Kriemhild Helkens Krone tragen,
Viel Leid wird sie uns schaffen, wo sie’s nur fügen kann:
Ihr sollt es bleiben laßen, das ständ euch Recken beßer an."
 
 
1258 Im Zorn sprach da Geiselher, der schönen Ute Kind:
"Wir wollen doch nicht alle meineidig sein gesinnt.
Was ihr geschieht zu Ehren, laßt uns froh drum sein.
Was ihr auch redet, Hagen, ich dien ihr nach der Treue
mein."
 
 
1259 Als das Hagen hörte, da trübte sich sein Muth.
Geiselher und Gernot, die stolzen Ritter gut,
Und Gunther der reiche vereinten endlich sich,
Wenn es Kriemhild wünsche, sie wolltens dulden
williglich.
 
 
1260 Da sprach Markgraf Gere: "So geh ich ihr zu sagen,
Daß sie den König Etzel sich laße wohlhagen.
Dem ist so mancher Recke mit Furchten unterthan,
Er mag ihr wohl vergüten, was sie je Leides gewann."
 
 
1261 Hin gieng der schnelle Degen, wo er Kriemhilden sah.
Sie empfieng ihn gütlich; wie balde sprach er da:
"Ihr mögt mich gern begrüßen und geben Botenbrot,
Es will das Glück euch scheiden nun von all eurer Noth.
 
 
1262 "Es hat um eure Minne, Frau, hiehergesandt
Der Allerbesten einer, der je ein Königsland
Gewann mit vollen Ehren und Krone durfte tragen:
Es werben edle Ritter: das läßt euch euer Bruder sagen."
 
 
1263 Da sprach die Jammerreiche: "Verbiete doch euch Gott
Und allen meinen Freunden, daß sie keinen Spott
Mit mir Armen treiben: was sollt ich einem Mann,
Der je Herzensliebe von gutem Weibe gewann?"
 
 
1264 Sie widersprach es heftig. Da traten zu ihr her
Gernot ihr Bruder und der junge Geiselher.
Sie baten sie in Minne zu trösten ihren Mut.
Und nehme sie den König, es gerath ihr wahrlich gut.
 
 
1265 Bereden mochte Niemand doch die Königin
Noch einen Mann zu minnen auf Erden fürderhin.
Da baten sie die Degen: "So laßt es doch geschehn,
Wenn ihr denn nicht anders wollt, daß euch der Bote
möge sehn."
 
 
1266 "Das will ich nicht versagen," sprach die Fraue hehr.
Ich empfange gerne den guten Rüdiger
Ob seiner höfschen Sitte: wär er nicht hergesandt,
Jedem andern Boten, dem blieb’ ich immer unbekannt."
 
 
1267 Sie sprach: "So schickt den Degen morgen früh heran
Zu meiner Kemenate. Ich bescheid ihn dann:
Wes ich mich berathen, will ich ihm selber sagen."
So war ihr jetzt erneuert das große Weinen und Klagen.
 
 
1268 Da wünschte sich auch anders nichts der edle Rüdiger,
Als daß er schauen dürfte die Königin hehr.
Er wuste sich so weise: könnt es irgend sein,
So müst er sie bereden, diesen Recken zu frein.
 
 
1269 Früh des andern Morgens nach dem Messgesang
Kamen die edeln Boten; da hub sich großer Drang.
Die mit Rüdigeren zu Hofe sollten gehn,
Die sah man wohlgekleidet, manchen Degen ausersehn.
 
 
1270 Kriemhilde die arme, in traurigem Muth
Harrte sie auf Rüdiger, den edeln Boten gut.
Er fand sie in dem Kleide, das sie für täglich trug:
Dabei hatt ihr Gesinde reicher Kleider genug.
 
 
1271 Sie gieng ihm entgegen zu der Thüre hin
Und empfieng Etzels Recken mit gütlichem Sinn.
Nur selbzwölfter trat er herein zu der Fraun;
Man bot ihm große Ehre; wer möcht auch beßre Boten
schaun?
 
 
1272 Man hieß den Herren sitzen und Die in seinem Lehn.
Die beiden Markgrafen sah man vor ihr stehn,
Eckewart und Gere, die edeln Ritter gut.
Um der Hausfrau willen sahn sie Niemand wohlgemuth.
 
 
1273 Sie sahen vor ihr sitzen manche schöne Maid.
Da hatte Frau Kriemhild Jammer nur und Leid.
Ihr Kleid war vor den Brüsten von heißen Thränen naß.
Das sah der edle Markgraf, der nicht länger vor ihr saß.
 
 
1274 Er sprach in großen Züchten: "Viel edles Königskind,
Mir und den Gefährten, die mit mir kommen sind,
Sollt ihr, Frau, erlauben, daß wir vor euch stehn
Und euch melden, weshalb unsre Reise sei geschehn."
 
 
1275 "Ich will euch gern erlauben," sprach die Königin,
"Was ihr wollt, zu reden; also steht mein Sinn,
Daß ich es gerne höre: ihr seid ein Bote gut."
Da merkten wohl die Andern ihren abgeneigten Muth.
 
 
1276 Da sprach von Bechelaren der Markgraf Rüdiger:
"Euch läßt entbieten, Herrin, Etzel der König hehr
Große Lieb und Treue hierher in dieses Land;
Er hat um eure Minne viel gute Recken gesandt.
 
 
1277 "Er entbeut euch freundlich Liebe sonder Leid;
Er sei stäter Freundschaft nun euch hinfort bereit
Wie Helken einst, der Königin, die ihm am Herzen lag:
Ihr sollt die Krone tragen, deren sie vor Zeiten pflag."
 
 
1278 Da sprach zu ihm die Königin: "Markgraf Rüdiger,
Wenn meines Herzeleides Jemand kundig war,
Der würde mir nicht rathen zu einem zweiten Mann:
Ich verlor der Besten Einen, die je ein Weib noch
gewann."
 
 
1279 "Was tröstet mehr im Leide", sprach der kühne Mann,
"Als freundliche Liebe? Wer die gewähren kann
Und hat sich den erkoren, der ihm zu Herzen kommt,
Der erfährt wohl, daß im Leide nichts so sehr als Liebe
frommt.
 
 
1280 "Und geruht ihr zu minnen den edeln Herren mein,
Zwölf reicher Kronen sollt ihr gewaltig sein.
Dazu von dreißig Fürsten giebt euch mein Herr
das Land,
Die alle hat bezwungen seine vielgewaltge Hand.
 
 
1281 "Ihr sollt auch Herrin werden über manchen werthen
Mann,
Die meiner Frauen Helke waren unterthan,
Und viel der schönen Maide, einst ihrem Dienst gesellt,
Von hoher Fürsten Stamme," sprach der hochbeherzte
Held.
 
 
1282 "Dazu giebt euch der König, gebot er euch zu sagen,
Wenn ihr geruht die Krone bei meinem Herrn zu tragen,
Gewalt die allerhöchste, die Helke je gewann:
Alle Mannen Etzels werden euch da unterthan."
 
 
1283 "Wie möchte jemals wieder," sprach die Königin,
"Eines Helden Weib zu werden gelüsten meinem Sinn?
Mir hat der Tod an Einem so bittres Leid gethan,
Daß ichs bis an mein Ende nimmermehr verschmerzen
kann."
 
 
1284 Die Heunen sprachen wieder: Viel reiche Königin,
Das Leben geht bei Etzeln so herrlich euch dahin,
Daß ihr in Wonnen schwebet, weigert ihr es nicht;
Mancher ziere Degen steht in des reichen Königs Pflicht.
 
 
1285 "Helkens Jungfrauen und eure Mägdelein,
Sollten die beisammen je Ein Gesinde sein,
Dabei möchten Recken wohl werden wohlgemuth.
Laßt es euch rathen, Fraue, es bekommt euch wahrlich
gut."
 
 
1286 Sie sprach mit edler Sitte: "Nun laßt die Rede sein
Bis morgen in der Frühe, dann tretet zu mir ein,
Daß ich auf die Werbung euch gebe den Bescheid."
Da musten Folge leisten die kühnen Degen allbereit.
 
 
1287 Als zu den Herbergen sie kamen allzumal,
Nach Geiselhern zu senden die edle Frau befahl
Und nach ihrer Mutter: den Beiden sagte sie,
Ihr gezieme nur zu weinen und alles Andere nie.
 
 
1288 Da sprach ihr Bruder Geiselher: "Mir ahnt, Schwester
mein,
Und gerne mag ichs glauben, dein Leid und deine Pein
Wird König Etzel wenden; und nimmst du ihn
zum Mann,
Was Jemand anders rathe, so dünkt es mich wohlgethan."
 
 
1289 "Er mag dirs wohl ersetzen," sprach wieder Geiselher.
"Vom Rotten bis zum Rheine, von der Elbe bis ans Meer
Weiß man keinen König gewaltiger als ihn.
Du magst dich höchlich freuen, heischt er dich
zur Königin."
 
 
1290 Sie sprach: "Lieber Bruder, wie räthst du mir dazu?
Weinen und Klagen das käm mir eher zu.
Wie sollt ich vor den Recken da zu Hofe gehn?
Hatt ich jemals Schönheit, um die ists lange geschehn."
 
 
1291 Da redete Frau Ute der lieben Tochter zu:
"Was deine Brüder rathen, liebes Kind, das thu.
Folge deinen Freunden, so mag dirs wohlergehn.
Hab ich dich doch so lange in großem Jammer gesehn."
 
 
1292 Da bat sie, daß vom Himmel ihr würde Rath gesandt:
Denn hätte sie zu geben Gold, Silber und Gewand
Wie einst, da er noch lebte, ihr Mann der Degen hehr,
Sie erlebe doch nicht wieder so frohe Stunden nachher.
 
 
1293 Sie dacht in ihrem Sinne: "Und sollt ich meinen Leib
Einem Heiden geben? Ich bin ein Christenweib;
Des müst ich billig Schelte von aller Welt empfahn;
Gäb er mir alle Reiche, es bliebe doch ungethan."
 
 
1294 Da ließ sie es bewenden. Die Nacht bis an den Tag
Die Frau in ihrem Bette voll Gedanken lag.
Ihre lichten Augen trockneten ihr nicht,
Bis sie hin zur Mette wieder gieng beim Morgenlicht.
 
 
1295 Nun waren auch die Könige zur Messezeit gekommen.
Sie hatten ihre Schwester an die Hand genommen
Und riethen ihr zu minnen den von Heunenland.
Niemand doch die Fraue ein wenig fröhlicher fand.
 
 
1296 Da ließ man zu ihr bringen, die Etzel hingesandt,
Die nun mit Urlaub wollten räumen Gunthers Land,
Wie es gerathen möge, mit Nein oder Ja!
Da kam zu Hofe Rüdiger: die Gefährten mahnten ihn da,
 
 
1297 Recht zu erforschen des edeln Fürsten Muth
Und zeitig das zu leisten; das dauchte Jeden gut;
Ihre Wege wären ferne wieder in ihr Land.
Man brachte Rüdigeren hin, wo er Kriemhilden fand.
 
 
1298 Da bat alsbald der Recke die edle Königin
Mit minniglichen Worten, zu künden ihren Sinn,
Was sie entbieten wolle in König Etzels Land.
Der Held mit seinem Werben bei ihr nur Weigerung
fand.
 
 
1299 "Sie wolle nimmer wieder minnen einen Mann."
Dawider sprach der Markgraf: "Das wär nicht recht
gethan:
Was wolltet ihr verderben so minniglichen Leib?
Ihr werdet noch mit Ehren eines werthen Recken
Weib."
 
 
1300 Nichts half es, was sie baten, bis daß Rüdiger
Insgeheim gesprochen mit der Königin hehr,
Er hoff ihr zu vergüten all ihr Ungemach.
Da ließ zuletzt ein wenig ihre hohe Trauer nach.
 
 
1301 Er sprach zu der Königin: "Laßt euer Weinen sein;
Hättet ihr bei den Heunen Niemand als mich allein,
Meine getreuen Freunde und Die mir unterthan,
Er sollt es schwer entgelten, hätt euch Jemand Leid
gethan."
 
 
1302 Davon ward erleichtert der Frauen wohl der Muth.
Sie sprach: "So schwört mir, Rüdiger, was mir Jemand
thut,
Ihr wollt der Erste werden, der rächen will mein Leid."
Da sprach zu ihr der Markgraf: "Dazu bin ich, Frau,
bereit."
 
 
1303 Mit allen seinen Mannen schwur ihr da Rüdiger,
Ihr immer treu zu dienen, und daß die Recken hehr
Ihr nichts versagen wollten in König Etzels Land,
Was ihre Ehre heische: das gelobt’ ihr Rüdigers Hand.
 
 
1304 Da gedachte die Getreue: "Wenn ich gewinnen kann
So viel stäter Freunde, so seh ichs wenig an,
Was auch die Leute reden, in meines Jammers Noth.
Vielleicht wird noch gerochen meines lieben Mannes
Tod."
 
 
1305 Sie gedachte: "Da Herr Etzel der Recken hat so viel,
Denen ich gebiete, so thu ich, was ich will.
Er hat auch solche Schätze, daß ich verschenken kann;
Mich hat der leide Hagen meines Gutes ohne gethan."
 
 
1306 Sie sprach zu Rüdigeren: "Hätt ich nicht vernommen,
Daß er ein Heide wäre, so wollt ich gerne kommen,
Wohin er geböte, und nähm ihn zum Mann."
Da sprach der Markgraf wieder: "Steht darauf, Herrin,
nicht an.
 
 
1307 "Er ist nicht gar ein Heide, des dürft ihr sicher sein:
Er ist getauft gewesen, der liebe Herre mein,
Wenn er auch zu den Heiden wieder übertrat:
Wollt ihr ihn, Herrin, minnen, so wird darüber
noch Rath.
 
 
1308 "Ihm dienen so viel Recken in der Christenheit,
Daß euch bei dem König nie widerfährt ein Leid.
Ihr mögt auch leicht erlangen, daß der König gut
Zu Gott wieder wendet so die Seele wie den Muth."
 
 
1309 Da sprachen ihre Brüder: "Verheißt es, Schwester mein,
Und all euern Kummer laßt in Zukunft sein."
Des baten sie so lange, bis sie mit Trauer drein
Vor den Helden willigte, den König Etzel zu frein.
 
 
1310 Sie sprach: "Ich muß euch folgen, ich arme Königin!
Ich fahre zu den Heunen, wann es geschehe, hin,
Wenn ich Freunde finde, die mich führen in sein Land."
Darauf bot vor den Helden die schöne Kriemhild
die Hand.
 
 
1311 Der Markgraf sprach: "Zwei Recken stehn in eurem
Lehn,
Dazu hab ich noch manchen: so kann es wohl geschehn,
Daß wir euch mit Ehren bringen überrhein,
Ich laß euch nun nicht länger hier bei den Burgunden
sein.
 
 
1312 "Fünfhundert Mannen hab ich und der Freunde mein:
Die sollen euch zu Diensten hier und bei Etzeln sein,
Was ihr auch gebietet; ich selber steh euch bei
Und will michs nimmer schämen, mahnt ihr mich
künftig meiner Treu.
 
 
1313 "Eure Pferdedecken haltet euch bereit;
Was Rüdiger gerathen hat, wird euch nimmer leid.
Und sagt es euern Mägdlein, die ihr euch gesellt,
Uns begegnet unterwegs mancher auserwählte Held."
 
 
1314 Sie hatten noch Geschmeide, das sie zu Siegfrieds Zeit
Beim Reiten getragen, daß sie mit mancher Maid
Mit Ehren reisen mochte, so sie wollt hindann.
Hei! was man guter Sättel den schönen Frauen gewann!
 
 
1315 Hatten sie schon immer getragen reich Gewand,
So wurde des zur Reise die Fülle nun zur Hand,
Weil ihnen von dem König so viel gepriesen ward;
Sie schloßen auf die Kisten, so lang versperrt und gespart.
 
 
1316 Sie waren sehr geschäftig wohl fünftehalben Tag
Und suchten aus dem Einschlag, so viel darinne lag.
Ihre Kammer zu erschließen hub da Kriemhild an,
Sie Alle reich zu machen, Die Rüdigern unterthan.
 
 
1317 Sie hatte noch des Goldes von Nibelungenland:
Das sollte bei den Heunen vertheilen ihre Hand.
Sechshundert Mäule mochten es nicht von dannen
tragen.
Die Märe hörte Hagen da von Kriemhilden sagen.
 
 
1318 Er sprach: "Mir wird Kriemhild doch nimmer wieder
hold:
So muß auch hier verbleiben Siegfriedens Gold.
Wie ließ’ ich meinen Feinden wohl so großes Gut?
Ich weiß gar wohl, was Kriemhild noch mit diesem
Schatze thut.
 
 
1319 "Brächte sie ihn von hinnen, ich glaube sicherlich,
Sie würd ihn nur vertheilen, zu werben wider mich.
Sie hat auch nicht die Rosse, um ihn hinwegzutragen:
Behalten will ihn Hagen, das soll man Kriemhilden
sagen."
 
 
1320 Als sie vernahm die Märe, das schuf ihr grimme Pein.
Es ward auch den Königen gemeldet allen drein:
Sie gedachten es zu wenden. Als das nicht geschah,
Rüdiger der edle sprach mit frohem Muthe da:
 
 
1321 "Reiche Königstochter, was klagt ihr um das Gold?
Euch ist König Etzel so zugethan und hold,
Ersehn euch seine Augen, er giebt euch solchen Hort,
Daß ihr ihn nie verschwendet; das verbürgt euch, Frau,
mein Wort."
 
 
1322 Da sprach zu ihm die Königin: "Viel edler Rüdiger,
Nie gewann der Schätze eine Königstochter mehr
Als die, deren Hagen mich ohne hat gethan."
Da kam ihr Bruder Gernot zu ihrer Kammer heran.
 
 
1323 Mit des Königs Macht den Schlüßel stieß er in die Thür.
Kriemhildens Schätze reichte man herfür,
An dreißigtausend Marken oder wohl noch mehr,
Daß es die Gäste nähmen: des freute Gunther sich sehr.
 
 
1324 Da sprach von Bechelaren der Gotelinde Mann:
"Und gehörten all die Schätze noch Kriemhilden an,
Die man jemals brachte von Nibelungenland,
Nicht berühren sollt es mein noch der Königin Hand.
 
 
1325 "Heißt es aufbewahren, da ichs nicht haben will.
Ich bracht aus unserm Lande des Meinen her so viel,
Wir mögens unterweges entrathen wohl mit Fug:
Wir haben zu der Reise genug und übergenug."
 
 
1326 Zwölf Schreine hatten noch ihre Mägdelein
Des allerbesten Goldes, das irgend mochte sein,
Bewahrt aus alten Zeiten: das nun verladen ward
Und viel der Frauenzierde, die sie brauchten
auf der Fahrt.
 
 
1327 Die Macht des grimmen Hagen bedauchte sie zu stark.
Des Opfergoldes hatte sie wohl noch tausend Mark:
Das gab sie für die Seele von ihrem lieben Mann.
Das dauchte Rüdigeren mit großen Treuen gethan.
 
 
1328 Da sprach die arme Königin: "Wo sind die Freunde
mein,
Die da mir zu Liebe im Elend wollen sein
Und mit mir reiten sollen in König Etzels Land?
Die nehmen meines Goldes und kaufen Ross’
und Gewand."
 
 
1329 Alsbald gab ihr Antwort der Markgraf Eckewart:
"Seit ich als Ingesinde euch zugewiesen ward,
Hab ich euch stäts getreulich gedient," sprach
der Degen,
"Und will bis an mein Ende des Gleichen immer
bei euch pflegen.
 
 
1330 "Ich führ auch mit der Meinen fünfhundert Mann,
Die biet ich euch zu Dienste mit rechten Treuen an.
Wir bleiben ungeschieden, es thu es denn der Tod."
Der Rede dankt’ ihm Kriemhild, da ers so wohl ihr erbot.
 
 
1331 Da brachte man die Rosse: sie wollten aus dem Land.
Wohl huben an zu weinen die Freunde all zur Hand.
Ute die reiche und manche schöne Maid
Bezeigten, wie sie trugen um Kriemhilden Herzeleid.
 
 
1332 Hundert schöner Mägdelein führte sie aus dem Land;
Die wurden wohl gekleidet, jede nach ihrem Stand.
Aus lichten Augen fielen, die Thränen ihnen nieder;
Manche Freud erlebten sie auch bei König Etzel wieder.
 
 
1333 Da kam der junge Geiselher und König Gernot,
Mit ihrem Heergesinde, wie es die Zucht gebot:
Die liebe Schwester wollten sie begleiten durch das Land;
Sie hatten im Gefolge wohl tausend Degen auserkannt.
 
 
1334 Da kam der schnelle Gere und auch Ortewein;
Rumold der Küchenmeister der ließ sie nicht allein.
Sie schufen Nachtlager der Frauen auf den Wegen:
Als Marschall sollte Volker ihrer Herberge pflegen.
 
 
1335 Bei Abschiedsküssen hatte man Weinen viel vernommen,
Eh sie zu Felde waren von der Burg gekommen.
Ungebeten gaben Viele Geleit ihr durch das Land.
Vor der Stadt schon hatte sich König Gunther gewandt.
 
 
1336 Eh sie vom Rheine führen, hatten sie vorgesandt
Ihre schnellen Boten in der Heunen Land,
Dem Könige zu melden, daß ihm Rüdiger
Zum Gemahl geworben die edle Königin hehr.
 
 
1337 Die Boten fuhren schnelle: Eil war ihnen Noth
Um die große Ehre und das reiche Botenbrot.
Als sie mit ihren Mären waren heimgekommen,
Da hatte König Etzel so Liebes selten vernommen.
 
 
1338 Der frohen Kunde willen ließ der König geben
Den Boten solche Gaben, daß sie wohl mochten leben
Immerdar in Freuden hernach bis an den Tod:
Mit Wonne war verschwunden des Königs Kummer
und Noth.
 

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