Текст книги "Old Firehand"
Автор книги: Karl May
Жанр: Классическая проза, Классика
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Da schlang sie die beiden Arme um meinen Hals, legte ihren Mund mir auf die Lippen und nach einem langen, langen Kusse, während dessen die wilde Jagd immer vorwärts tobte, klang es:
»Könnte ich leben, so wäre es nur und allein für Dich. O, welches Glück, welche Seligkeit müßte es sein, der Liebe gehorchen zu dürfen!«
Die Ahnung des Todes ging durch ihr Herz und machte den künstlich hineingepflanzten Muth erzittern. Es schwieg die Rache, die darin geglüht, und Alles war vergessen, was einst bestimmend auf ihr Denken und Wollen gewirkt hatte. Sie hielt es für ein Glück, zu sühnen, was sie an ihrer Weiblichkeit verbrochen hatte, und diese Sühne mußte mir den Himmel geben, nach welchem ich mit meinen heißesten Wünschen strebte. Sollte er mir mit dem dahinfließenden Leben verloren gehen? Nein, tausendmal nein; das durfte nicht geschehen!
Mit dem festen Vorsatze, Stich zu halten, blickte ich zurück.
Längst hatten wir den Lauf des Wassers verlassen und waren in die freie Ebene eingebogen, über welche wir, parallel mit dem Saume des uns zur Linken liegenden Waldes dahinflogen. Parranoh war jetzt eine ziemliche Strecke zurückgeblieben, und Swallow bewieß sich also dem Braunen weit überlegen. Hinter dem weißen Häuptling, einzeln oder in kleinen Gruppen, folgten die Indianer, welche die Verfolgung nicht aufgeben wollten, trotzdem wir immer größeren Vorsprung gewannen.
Mich wieder umdrehend, sah ich, daß Winnetou abgesprungen war und hinter seinem Pferde stand. Er lud die erbeutete Büchse. Auch ich parirte meinen Hengst. Sanft ließ ich Ellen niedergleiten, stieg nach und legte sie in das Gras. Zum Laden blieb mir nicht mehr Zeit; denn Parranoh war schon zu nahe. Ich sprang also wieder auf und griff zum Tomahawk.
Der Verfolger hatte unsre Bewegungen wohl bemerkt, ließ sich aber in der Hitze der Verfolgung fortreißen und stürmte, das Schlachtbeil schwingend, auf mich ein. Da krachte der Schuß des Apachen; der Feind zuckte zusammen und stürzte, zu gleicher Zeit von meiner Waffe getroffen, mit tief gespaltenem Haupte vom Pferde.
Winnetou wandte den leblosen Körper mit dem Fuße um und sprach:
»Die Schlange von Athabaskah wird nicht mehr zischen und den Häuptling der Apachen nennen mit dem Namen eines Pimo. Mein Bruder nehme seine Waffen zurück.«
Wirklich trug der Gefallene Messer, Beil, Revolver und Stutzen von mir; ich nahm eiligst mein Eigenthum wieder an mich und sprang zu Ellen zurück, während Winnetou den Braunen einfing.
Mit Entzücken bemerkte ich, daß die Verwundung, welche von einem Streifschusse herrührte, nicht gefährlich sei. Zum Verbinden war keine Zeit, denn während des gehabten Aufenthaltes waren uns die Indsmen fast so nahe gekommen, daß sie uns mit ihren Kugeln erreichen konnten. Wir saßen wieder auf, und fort ging es mit erneuter Schnelligkeit.
Da plötzlich blitzte es zu unsrer Linken hell und glänzend auf wie Waffenschimmer, eine zahlreiche Truppe Reiter flog von dem Waldessaume her zwischen uns und die Verfolger hinein, schwenkte gegen diese um und stürmte in gestrecktem Galoppe ihn entgegen.
Es war ein Detachement Dragoner von Wilkes Fort, welche durch einen Streifzug in die Gegend geführt worden waren.
Kaum hatte Winnetou die Helfer erblickt, so riß er seinen Gaul herum, schoß an ihnen vorüber und mit hochgeschwungenem Tomahawk unter die Ogellalla‘s hinein, welche kaum Zeit gehabt hatten, den Lauf ihrer Pferde zu hemmen. Ich hingegen stieg ab, um nach der Wunde Ellen‘s zu sehen.
Mit dem tiefen Rothe der Scham ließ sie es geschehen, daß ich die getroffene Stelle enthüllte und in aller Eile einen nothdürftigen Verband auf dieselbe legte. Jetzt war sie ganz Weib, und mit Entzücken las ich in ihrem Auge die Liebe, welche mir voll und innig aus demselben entgegenleuchtete. Zwar war sie schwach, aber mehr aus Schreck und Angst als in Folge des Blutverlustes, und als ich sie jetzt wieder auf das Pferd heben wollte, trat sie kopfschüttelnd zu dem Braunen, dessen Zügel mir Winnetou im Vorbeisprengen zugeworfen hatte, und saß im nächsten Augenblicke auf seinem Rücken.
»Wirst Du Dich erhalten können?« fragte ich besorgt.
»Ich muß wohl stark bleiben, da Du ohne mich nicht leben kannst,« antwortete sie mit einem Lächeln des Glückes, und den Arm erhebend, fügte sie hinzu: »Dort fliehen die Rothen. Vorwärts!«
Es war so, wie sie sagte. Ihres Anführers beraubt, dessen Zuruf sie zum Widerstande ermuthigt oder wenigstens ihre Flucht geregelt hätte, jagten sie, die Dragoner immer in ihren letzten Gliedern, denselben Weg zurück, welchen wir gekommen waren, und es war also zu vermuthen, daß sie in unserm Thalkessel ihre Zuflucht suchen wollten.
Jetzt ließen wir wieder ausgreifen, schossen an den zahlreich am Boden liegenden gefallenen Indianern vorüber und erreichten in Folge der Schnelligkeit unserer Thiere die Soldaten noch eine ziemliche Strecke vor dem Wasserthore.
Es kam sehr viel darauf an, die Wilden sich nicht in der Felsenwindung festsetzen zu lassen, sondern gleich mit ihnen einzudringen; deßhalb ließ ich Ellen zurück und trieb Swallow durch Busch und Dorn, über Stock und Stein an der ganzen Reihe der Verfolgenden vorüber und war bald an der Seite Winnetou‘s, welcher sich immerfort würgend an die Fersen der Flüchtenden geheftet hatte.
Jetzt bogen sie links nach dem Thore ein, und eben wollte der Vorderste sein Pferd in die Enge lenken, als aus derselben ein Schuß fiel und er leblos vom Thiere stürzte. Sofort krachte es zum zweiten Male; der Nächste ward bügellos, und da die bestürzten Wilden sich auf diese Weise den Eingang verwehrt und zu gleicher Zeit von uns fast umzingelt sahen, so brachen sie in der Richtung nach dem Mankizila durch und flogen, immer wieder verfolgt von den Dragonern, dem Wasserlaufe entlang davon.
Nicht geringer als die Bestürzung der Wilden war auch mein Erstaunen über die Schüsse, welche unsre Absicht so kräftig unterstützten oder vielmehr unnöthig machten. Aber ich sollte nicht lange im Zweifel über den muthigen Schützen sein; denn noch war der Hufschlag der Davonreitenden nicht verhallt, so lugte aus einem Walde von struppigen Barthaaren eine gewaltige Nase, über welcher ein Paar kleine, listige Aeuglein funkelten, vorsichtig hinter der Felskante hervor, und da kein feindliches Wesen zu bemerken war, so schoben sich die übrigen Körpertheile vertrauensvoll hinter dem recognoscirenden Riechorgane her.
»Segne meine Augen, Sir! Welche Büchse hat denn auch Euch wieder hierher geschossen, wenn ich mich nicht irre?« fragte der kleine Mann, ebenso erstaunt über meinen Anblick, wie ich über den seinen.
»Sam, Ihr seid‘s. Wie kommt denn Ihr in das Thor? Habe Euch doch mit diesen meinen eigenen Augen fortreiten sehen!«
»Fortreiten, Sir? Danke für den Ritt! War eine Bestie, die gar nicht von der Stelle kam und ihre alten Knochen mir so zwischen den Beinen herumschüttelte, daß diesem alten Coon die seinigen auseinandergegangen wären, wenn er das dumme Thier nicht hätte laufen lassen. Bin dann wieder zurückgeschlichen, hihihi; dachte mir, daß die Rothen alle hinter Euch her sein und die ›Festung‹ leer gelassen haben würden, wie mir scheint. Fand es auch so. Haben sich schön gewundert, als sie wieder zurückkamen und machten Gesichter, meine ich, Gesichter, hihihi! Aber wo bringt Ihr denn die Commisleute her, Sir?«
»Stießen unterwegs auf uns, Sam; kamen grad zur rechten Zeit.«
»Glaube es. Aber kommt nur herein, wenn ich mich nicht irre; liegen Alle noch da, Alle, wie sie niedergemacht worden sind, meine ich.«
Winnetou war uns vorangegangen, und wir folgten ihm, die Pferde nachziehend. Im Innern der »Burg« angekommen, sahen wir ihn an der Stelle stehen, an welcher wir gestern so heiß gekämpft hatten; zu seinen Füßen lag die Leiche eines Mannes, welchen wir sofort alle erkannten: es war Old Firehand.
Die starken Glieder lang ausgestreckt, lag er auf dem Rücken, sodaß wir die Wunde sahen, welche die Kugel Parranoh‘s in seine Brust gerissen hatte. Die Augen waren geschlossen; um die eingefallenen Wangen und den fest zusammengekniffenen Mund lag noch der Ausdruck muthiger Todesverachtung, die ihm bis zum letzten Augenblicke seines thatenreichen Lebens treu geblieben war. Eins aber machte uns schaudern: der nackte, blutigrothe Schädel; man hatte ihn scalpirt, und die prachtvollen, langen, grauen Locken – wo waren sie nur? Parranoh hatte sie nicht bei sich gehabt – ah, dort am Pfahle hingen sie als Siegestrophäe bei den andern Scalpen. Ellen konnte den Anblick nicht ertragen und warf sich laut schluchzend über den geliebten Todten.
Wir traten zurück, um ihrem Schmerze seine Rechte zu lassen. Es war einer der trübsten Augenblicke meines Lebens, und selbst im Auge Winnetou‘s, des festen, stolzen, und unerschütterlichen Mannes glänzte es wie eine Thräne, als er, die Hand schwer auf meine Schulter legend, sagte:
»Die Seele des Apachen ist dunkel, und sein Herz ist ohne Licht; er möchte sein Haupt legen neben das seines Freundes und todt sein wie er. Mein weißer Bruder mache glücklich die Tochter Ribanna‘s, der Rose vom Quicourt!« —
Es war mehrere Wochen später, als wir zu Vieren in jene Gegend kamen, wo ich Ellen zum ersten Male gesehen und bei ihrem Erscheinen an den flats-ghost gedacht hatte. Sie ritt auf Parranoh‘s Braunen dicht an meiner Seite, sodaß wir warm die Hände in einander legen konnten. Schon vor mehreren Tagen hatten wir von einigen Westmännern gehört, daß der Schwiegersohn Forsters, also Ellens Bruder, von Omaha nach New-Venango gezogen sei, um die vom Feuer zerstörten Besitzungen des verunglückten Oelprinzen wieder in den früheren Stand zu setzen.
Ihm galt heut, nachdem wir den Schauplatz unsrer letzten Abenteuer in Begleitung der Dragoner verlassen hatten, unser Besuch, und wir hatten uns vorgenommen, uns bei ihm von den gehabten Strapazen gehörig auszuruhen.
»Hier ist die Stelle, an welcher wir uns begrüßten, Ellen!«
»Wars zum Glück oder wars zum Unglück?« fragte sie, dem leuchtenden Blick tief in mein Auge senkend.
»Es war zum Glück; willst Du es glauben?«
»Ich glaube es!« – Das waren einige Worte; aber der aus dem innersten Herzen heraufsteigende Klang der tiefen, sonoren Stimme sagte mir mehr, als eine lange Rede.
Unbekümmert um unser Zurückbleiben war Winnetou fortgeritten; sein kleiner Nachbar aber schien weniger Nachsicht zu haben und mahnte uns mit ungeduldigem Rufe:
»Wenn nur dieses alte Coon hier wüßte, was dahinten für ein Meeting abgehalten wird. Die kleine Miß mag doch vorwärts machen, wenn ich mich nicht irre! Die Sonne ist nun fort und Sam Hawkens sehnt sich nach Manchem, was hier nicht zu haben ist, meine ich!« – —
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