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Текст книги "Von Bagdad nach Stambul"


  • Текст добавлен: 29 августа 2016, 18:40


Автор книги: Karl May


Жанр: Классическая проза, Классика


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»Emir, ich habe Vertrauen zu dir; darum höre. Ich bin ein Verfolgter. Frage mich nicht, wer mein Vater war. Dieser starb plötzlich eines gewaltsamen Todes, und seine Freunde flüsterten heimlich, er sei getötet worden, weil er einem Anderen im Wege gestanden habe. Ich, sein Sohn, aber habe ihn gerächt und mußte fliehen mit den Meinigen. Vorher jedoch lud ich alles, was ich an Wertsachen retten konnte, auf eine Anzahl von Kamelen und sandte sie unter der Obhut eines treuen Untergebenen voraus über die Grenze des persischen Reiches. Dann folgten wir auf einem anderen Wege nach. Ich wußte, daß man uns verfolgen würde, und darum leitete ich die Dzadgir[48]48
  Häscher.


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irre, indem wir den Weg durch das wilde Kurdistan nahmen. Und nun, Emir, sage mir, ob du mich begleiten willst, so weit als unser Weg derselbe ist; doch überlege wohl, daß ich ein Flüchtling bin.«

Er schwieg, und ich antwortete sofort:

»Hassan Ardschir-Mirza[49]49
  Mirza heißt eigentlich »Sohn eines Herrn«. Vor dem Namen bedeutet es einen gebildeten Herrn und ist ein Ehrentitel. Hinter dem Namen bedeutet aber Mirza einen Prinzen. Diesen Titel führen besonders die persischen Beglerbegs (Statthalter einer Provinz).


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, ich werde mit dir ziehen, solange als ich dir und den Deinigen nützlich sein kann.«

Er reichte mir die Hand und sagte:

»Ich danke dir, Emir! Und deine Gefährten?«

»Sie gehen dahin, wohin ich gehe. Darf ich fragen, welches dein Ziel ist?«

»Hadramaut.«

Hadramaut! Dieses Wort elektrisierte mich. Das unerforschte, gefährliche Hadramaut! Da war plötzlich alle Abspannung und aller Mißmut verschwunden, und ich erkundigte mich im lebhaftesten Tone:

»Wirst du dort erwartet?«

»Ja; ich habe einen Freund daselbst, den ich durch einen Boten von meiner Ankunft unterrichten ließ.«

»Darf ich dich nach Hadramaut begleiten?« fragte ich nun. »So weit, Emir? Ein solches Opfer könnte ich vom besten Freunde nicht fordern.«

»Es ist kein Opfer, das ich bringe; ich begleite dich gerne, wenn es dir genehm ist.«

»So sei willkommen, Herr! Du sollst bei uns bleiben, so lange es dir gefällt. Jetzt aber muß ich dir noch mitteilen, daß ich vor der Reise nach Hadramaut erst Kerbela besuche.«

»Kerbela? Ah, wir sind ja am Ende des Monates Dsu ‚l hedsche, und der Moharrem bricht an. Am zehnten dieses Monates ist das große Pilgerfest in Kerbela.«

»Ja; die Hadsch el mani jat[50]50
  Totenkarawane.


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ist längst schon unterwegs, und auch ich ziehe nach Kerbela, um an der Leidensstätte Hosseïns meinen Vater zu begraben. Du siehst, daß es dir fast unmöglich sein wird, uns zu begleiten!«

»Warum unmöglich? Weil ich ein Christ bin, der nicht nach Kerbela gehen darf? Ich war bereits in Mekka, trotzdem nur der Moslem dort Zutritt hat.«

»Man würde dich zerreißen, wenn du in Kerbela erkannt würdest!«

»Man hat mich in Mekka auch erkannt und dennoch nicht zerrissen!«

»Emir, du bist ein kühner Mann! Ich weiß, daß mein Vater in Allahs Händen ruht, ob seine Leiche nun in Teheran oder in Kerbela begraben liegt. Ich würde nie nach Kerbela, Nedschef[51]51
  Dort liegt der Kalif Ali begraben.


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oder Mekka pilgern, denn Muhammed, Ali, Hassan und Hosseïn waren Menschen, wie wir es sind; aber ich habe den letzten Willen meines Vaters, der in Kerbela ruhen wollte, getreu zu erfüllen und werde mich aus diesem Grunde der Totenkarawane anschließen. Willst du an meiner Seite bleiben, so bin ich es nicht, der dich verraten würde; auch mein Haus wird schweigen; aber meine Diener teilen nicht meine Meinung über die Lehre des Propheten; sie würden die ersten sein, die dich töteten.«

»Laß dies nur meine Sorge sein. Wo wirst du deine Kamele treffen?«

»Kennst du Ghadhim bei Bagdad?«

»Die Perserstadt? Ja; sie liegt am rechten Ufer des Tigris, Madhim gegenüber, und ist mit Bagdad durch eine Pferdebahn verbunden.«

»Dort erwarten mich meine Kameltreiber, die auch die Leiche meines Vaters bei sich haben.«

»So begleite ich dich zunächst bis dorthin, und das übrige wird sich finden. Aber, bist du in Ghadhim sicher?«

»Ich hoffe es. Zwar werde ich verfolgt, aber der Pascha von Bagdad würde mich nicht ausliefern.«

»Traue keinem Türken; traue auch keinem Perser! Du bist so vorsichtig gewesen, durch Kurdistan zu gehen; warum willst du diese weise Vorsicht jetzt aufgeben? Du kannst Kerbela erreichen, auch ohne daß du dich der Leichenkarawane anschließest.«

»Ich kenne keinen Weg.«

»Ich werde dich führen.«

»Kennst du die Pfade?«

»Nein, aber ich werde sie finden. Allah hat mir die Gabe verliehen, ohne Führer Orte zu finden, die ich noch nie betreten habe.«

»Es geht dennoch nicht, Emir. Ich muß nach Ghadhim zu meinen Leuten.«

»So gehe heimlich hin, und vermeide dann Bagdad und die Totenkarawane!«

»Herr, ich bin kein Feigling. Sollen meine Leute glauben, daß ich mich fürchte?«

»Gut, auch du bist kühn! Das freut mich, denn wir passen zusammen und reisen zusammen.«

»Ich stimme bei, Emir, doch mache ich eine Bedingung. Ich bin reich, sehr reich; ich fordere, daß du alles, was du brauchst, nur allein von mir nimmst!«

»Dann bin ich dein Diener, der Lohn empfängt.«

»Nein; du bist mein Gast, mein Bruder, dessen Liebe mir erlaubt, für ihn zu sorgen. Ich schwöre bei Allah, daß ich nicht mit dir reite, wenn du diese Bedingung nicht annimmst!«

»Du zwingst mich durch diesen Schwur, deinen Wunsch zu erfüllen. Du bist voll Güte und Vertrauen zu mir, obgleich du mich nicht kennst!«

»Du meinst, ich kenne dich nicht? Hast du uns nicht aus der Hand der Bebbeh errettet? Hat nicht Amad el Ghandur von dir erzählt? Wir werden beieinander bleiben, und ich werde für das wenige, das ich dir bieten kann, von dir Schätze erhalten, nach denen ich bisher vergebens gerungen habe, weil ich keinen fand, der sie besaß – Schätze des Geistes. Emir, ich bin kein gewöhnlicher Perser, aber ich kann mich nicht mit dir vergleichen. Ich weiß, daß in deinem Lande ein Knabe kenntnisreicher ist, als bei uns ein Mann; daß ihr in Gütern schwelgt, deren Namen wir nicht einmal kennen. Ich weiß, daß unser Land eine Einöde ist gegen das eurige, und daß der ärmste eurer Leute mehr Rechte besitzt, als der Wessir von Farsistan. Ich weiß noch vieles andere, und ich erkenne auch den Grund: ihr habt Mütter; ihr habt Frauen; wir aber haben keins von beiden. Gib uns gute Mütter, so werden unsere Kinder sich auch bald mit den euren messen können. Das Herz der Mutter ist der Boden, in dem der Geist des Kindes Wurzel schlägt. O Mohammed, ich hasse dich, denn du hast unseren Frauen die Seele genommen und sie zu Sklavinnen der Sinnenlust gemacht; du hast dadurch unsere Kraft gebrochen, unser Herz versteinert, unsere Länder verödet und alle jene, die dir folgen, um das wahre Glück betrogen!«

Er hatte sich erhoben und rief seine Anklage gegen den Propheten mit lauter Stimme aus. Ein Glück, daß keiner seiner Leute ihn zu hören vermochte! Erst nach einer beträchtlichen Pause wandte er sich wieder zu mir:

»Kennst du den Weg von hier nach Bagdad?«

»Ich bin ihn noch nie geritten, aber ich werde mich dessenungeachtet nicht verirren. Wir können zwei Richtungen einschlagen: die eine führt nach den Hamrin-Bergen im Südwest, und die andere bringt uns längs des Djalah bis hinab nach Ghadhim.«

»Wie weit, denkst du, daß es von hier bis Ghadhim ist?«

»Auf dem ersteren Wege können wir in fünf, auf dem andern aber bereits in vier Tagen dort anlangen.«

»Führen diese Wege durch bewohnte Gegenden?«

»Ja, und eben deshalb scheinen sie mir die besten zu sein.«

»So gibt es also noch andere Wege?«

»Allerdings; aber wir müssen durch Strecken reiten, in denen nur die räuberischen Beduinen umherschweifen.«

»Von welchem Stamme sind sie?«

»Es sind meist Dscherboa, über deren Grenzen zuweilen wohl auch einmal ein Trupp der Beni Lam herüberirrt.«

»Fürchtest du sie?«

»Fürchten? Nein! Aber der Vorsichtige wählt unter zwei Wegen stets den ungefährlichen. Ich habe einen Paß des Großherrn bei mir, und dieser wird am Djalah und im Westen dieses Flusses respektiert, bei den Dscherboa aber nicht.«

»Und dennoch möchte ich mich für den einsamen Weg entscheiden, da ich ein Flüchtling bin. So nahe der persischen Grenze, möchte ich mich von den Verfolgern doch nicht erreichen lassen.«

»Vielleicht ist deine Ansicht die richtige; aber bedenke, daß der Weg durch die Steppe, deren Vegetation jetzt unter der Sonnenglut erstorben ist, für die Frauen sehr beschwerlich sein wird.«

»Sie fürchten weder Hunger noch Durst, weder Hitze noch Frost; sie fürchten nur das Eine, daß ich ergriffen werde. Ich habe Wasserschläuche bei mir und Speisevorräte auf wenigstens acht Tage für uns alle.«

»Und kannst du dich wirklich auf deine Leute verlassen?«

»Vollständig, Emir.«

»Gut, so wollen wir durch das Gebiet der Dscherboa reiten; Allah wird uns schützen. Uebrigens werden wir, sobald wir die Ebene erreichen, sehr schnell vorwärts kommen, während deine Kamele das jetzige bergige Terrain nur mühevoll überwinden. So sind wir also einig und brauchen nur zu warten, bis unsere Wunden den Aufbruch erlauben.«

»Nun erfülle mir eine Bitte,« sagte er zaghaft. »Ich habe mich bei meinem Aufbruche mit allem Nötigen sehr reichlich versehen. Auf weiten Reisen verschwinden die Kleider vom Körper, und da ich wußte, daß ich bis Hadramaut keinen guten Bazar finden würde, so habe ich auch einen Vorrat an Gewändern mitgenommen. Eure Kleider sind nicht mehr euer würdig, und ich bitte dich, von mir zu nehmen, was ihr braucht!«

Dieser Vorschlag war mir ebenso willkommen als bedenklich. Hassan Ardschir-Mirza hatte recht: wir drei hätten uns in keinem zivilisierten Orte sehen lassen können, ohne für echte Vagabunden gehalten zu werden; aber ich wußte auch, daß der Engländer sich nichts schenken lassen würde, und sodann war es ja auch für mich ein Ehrenpunkt, die Freundschaft des Persers nicht gleich am ersten Tage in Anspruch zu nehmen. Uebrigens war es mir auch sehr gleichgültig, in meinem nichts weniger als hoffähigen Gewande von einem Araber gesehen zu werden. Ein echter Beduine taxiert den Mann nach seinem Pferde und nicht nach seinem Mantel, und in dieser Beziehung hatte ich die Ueberzeugung, den Neid eines jeden zu erregen. Höchstens konnte es einem Wüstensohne beikommen, mich für einen Pferdedieb zu halten, und dies war nach seiner Anschauung ja mehr eine Ehre als eine Schande für mich. Ich antwortete also dem Mirza:

»Ich danke dir! Ich weiß, wie gut du es mit uns meinst, aber ich bitte dich, uns erst in Ghadhim wieder über dieses Anerbieten sprechen zu lassen. Für die Dscherboa sind unsere Kleider noch gut genug, und für die wenigen Tage bis in die Nähe von Bagdad werden wir sie schon noch tragen können. Ich denke, daß wir – —«

Ich hielt inne, denn es war mir, als hätte ich in dem Maulbeergesträuch, das hinter den beiden Eichen stand, ein Geräusch gehört.

»Laß dich nicht stören, Emir; es war ein Tier, vielleicht ein Vogel, eine Tschelpiseh[52]52
  Eidechse.


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oder Maïr-mar[53]53
  »Natterschlange«, Ringelnatter.


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,« sagte der Mirza.

»Ich habe jede Art von Waldgeräusch studiert,« antwortete ich; »dies war kein Tier, sondern ein Mensch.«

Mit einigen langen Sprüngen umkreiste ich das Gesträuch und faßte einen Mann, der eben im Begriffe stand, zu entschlüpfen. Es war einer der persischen Diener.

»Was tust du hier?« fragte ich ihn.

Er antwortete nicht.

»Rede, sonst löse ich dir die Zunge!«

Jetzt öffnete er die Lippen, ließ aber nur ein unartikuliertes Stammeln vernehmen. Da trat der Mirza hinzu und sagte, als er den Mann erblickte:

»Saduk ist‘s? Er kann dir nicht antworten, er ist stumm.«

»Aber was sucht er hier in dem Maulbeergesträuche?«

»Er wird es mir sagen; ich verstehe ihn.«

Und zu dem Diener gewendet, fragte er denselben:

»Saduk, was hast du hier zu schaffen?«

Der Gefragte öffnete die Hand, in der er einige Kräuter und Wacholderbeeren hatte, und versuchte, sich durch Gebärden verständlich zu machen.

»Woher kamst du?«

Saduk zeigte nach rückwärts, dem Lager entgegengesetzt. »Wußtest du, daß wir uns hier befanden?«

Der Diener schüttelte mit dem Kopfe.

»Hast du gehört, was wir gesprochen haben?«

Dasselbe Zeichen erfolgte.

»So gehe, aber störe mich nie wieder!«

Saduk entfernte sich, und sein Herr erklärte mir:

»Saduk ist von Alwah beauftragt worden, Wacholderbeeren, wilden Lauch und andere Kräuter zu suchen, die bei der Zubereitung der Auerhühner gebraucht werden. Er ist nur ganz zufällig in unsere Nähe gekommen.«

»Und hat uns belauscht,« warf ich ein.

»Du hast ja gesehen, daß er dies verneinte.«

»Ich glaube ihm nicht.«

»O, er ist treu!«

»Sein Angesicht gefällt mir nicht. Ein Mensch mit winkeliger, gebrochener Kinnlade ist falsch; dies mag ein Vorurteil sein, aber ich habe es bisher immer bestätigt gefunden. Ist er stumm geboren?«

»Nein.«

»Wodurch hat er denn die Sprache verloren?«

Der Mirza zögerte mit der Antwort, sagte aber dann doch:

»Er hat keine Zunge mehr.«

»Ah! Und erst konnte er sprechen? So ist sie ihm herausgeschnitten worden?«

»Leider!« antwortete der Mirza zurückhaltend.

Ich dachte mit Schaudern an die glücklicherweise jetzt seltene Grausamkeit, ein durch die Zunge geschehenes Vergehen durch Herausschneiden oder gar Herausreißen dieses Gliedes zu bestrafen. Diese Unmenschlichkeit kam besonders im Orient und in den Sklavenstaaten Amerikas vor.

»Hassan Ardschir-Mirza,« begann ich wieder, »ich sehe, daß du über diese Sache nicht gern sprechen möchtest; aber dieser Saduk gefällt mir nicht; ich könnte ihm niemals mein Vertrauen schenken, und seine Gegenwart während unseres Gespräches kommt mir verdächtig vor. Ich bin kein neugieriger Mann, aber ich habe die Gewohnheit, in gefährlichen Lagen auch dem gleichgültigsten Gegenstande meine Aufmerksamkeit zu schenken. Ich bitte dich, mir zu erzählen, wie er um seine Zunge gekommen ist.«

»Ich habe ihn erprobt, Emir; er ist treu und ehrlich. Dennoch aber sollst du erfahren, was meinen Vater bewogen hat, ihn auf diese Weise zu bestrafen.«

»Deinen Vater? Ah, das ist wichtig!«

»Du irrst, Emir! Dieser Saduk war in seiner Jugend Kmankasch[54]54
  Bogenschütze.


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meines Vaters und hatte als solcher das Amt, der Ueberbringer seiner Befehle, Botschaften und sonstigen Sendungen zu sein. Als solcher verkehrte er viel in dem Hause des Muschtahed[55]55
  Wörtlich »Beweisführer« = Oberpriester, der in Persien noch über dem Scheik ul Islam steht.


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und sah die Tochter desselben. Sie gefiel ihm, und er war ein schöner Mann. Er sprang über die Mauer des Gartens, als sie bei den Blumen stand, und wagte es, zu ihr von seiner Neigung zu sprechen. Der Muschtahed befand sich unbemerkt in der Nähe und ließ ihn festnehmen. Aus Rücksicht für meinen Vater wurde er nicht dem Urfgerichte übergeben, das ihn zum Tod verurteilt hätte; aber er hatte mit der Zunge gesündigt, und der Muschtahed drang darauf, daß mein Vater ihm die Zunge nehmen solle. Mein Vater hatte den Muschtahed sehr zu berücksichtigen, und so ließ er einen Maitschunigar[56]56
  Apotheker.


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kommen, der zugleich ein berühmter Arzt war, und dem Bogenschützen die Zunge herausschneiden.«

»Das war fast schlimmer als der Tod. Saduk ist seit jener Zeit stets bei deinem Vater gewesen?«

»Ja. Und seine Schmerzen hat er mit geduldiger Ergebung getragen, denn er ist sanft und freundlich von Charakter. Aber es lag ein Fluch auf der Tat.«

»Wie so?«

»Der Muschtahed starb an Gift; der Arzt lag eines Morgens ermordet vor der Tür seiner Apotheke, und das Mädchen ertrank bei einer Wasserfahrt, als der Kahn eines verhüllten Mannes den ihrigen umstieß.«

»Das ist sehr eigentümlich. Sind die drei Mörder nicht entdeckt worden?«

»Niemals. Ich weiß, was du jetzt denken wirst, Emir; aber deine Vermutung ist eine ungerechte, denn Saduk war sehr oft krank, und er lag grad an den Tagen, an denen die drei den Tod fanden, als Patient in seiner Kammer.«

»Auch dein Vater starb eines nicht natürlichen Todes?«

»Er wurde auf einem Ritte überfallen. Saduk und ein Kajem Makam[57]57
  Leutnant.


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begleiteten ihn. Saduk allein hatte sich gerettet – er blutete aus einer Wunde; mein Vater aber und der Kajem Makam waren tot.«

»Hm! Hat Saduk die Mörder nicht erkannt?«

»Es war dunkel; den einen der Angreifenden erkannte er an der Stimme – den größten Widersacher meines Vaters.«

»An dem du dich gerächt hast?«

»Die Richter sprachen ihn frei, aber er – – ist tot!«

Die Miene des Mirza sagte mir sehr deutlich, welch eines Todes jener Widersacher gestorben sei. Er warf die Hand verächtlich empor und meinte:

»Das ist vorbei; laß uns nach dem Lager zurückkehren!«

Er ging. Ich blieb noch eine Weile, denn was ich jetzt erfahren hatte, gab mir sehr zu denken. Dieser Saduk war entweder ein ganz und gar selbstloser Mensch, wie es nur wenige gibt, oder ein ganz und gar raffinierter Bösewicht. Er durfte nicht aus den Augen gelassen werden. Als ich später in das Lager kam, war man eben beschäftigt, das Mittagsmahl zu bereiten. Ich sagte dem Engländer, daß ich mit dem Perser nach Bagdad und dann nach Kerbela zu reiten Lust hätte, und er erklärte sich sofort bereit, die gefährliche Reise mitzumachen.

Meine Wunde belästigte mich heute nicht im geringsten; ich fühlte mich ganz wohl, und darum griff ich am Nachmittag zum Stutzen, um mich in Begleitung meines Hundes ein wenig in der Gegend umzusehen. Sir David Lindsay wollte mich begleiten, ich aber zog es vor, allein zu sein. Aus alter langjähriger Gewohnheit wollte ich mich zunächst von der Sicherheit des Lagers überzeugen. Die Hauptsache ist dabei, die eigenen Spuren zu verbergen und dann nachzuforschen, ob sich Spuren feindseliger Wesen bemerkbar machen. Ich umschritt also das Lager in mehreren Kreisen, bis ich unten am Flusse anlangte. Da sah ich denn, daß das Gras an dem Ufer desselben in höchst auffälliger Weise niedergetreten war. Eben wollte ich mich der Stelle nähern, als ich hinter mir die Zweige rauschen hörte.

Schnell trat ich hinter einen dichten Busch und duckte mich zur Erde. Ich hörte Schritte unweit meines Versteckes – der stumme Perser trat aus dem Buschrande hervor, sah sich um und ging, als er keinen Beobachter bemerkte, nach dem Flusse zu derselben Stelle, die mir soeben aufgefallen war. Dort stampfte er im Grase herum und kehrte dann ohne Verzug zurück. Ehe er den Rand des Gesträuches wieder erreichte, warf er einen scharfen, mir auffallenden Blick auf zwei Stellen des Gesträuches und wollte dann vorüberhuschen.

Da aber hatte ich ihn mit der Linken bereits bei der Brust und gab ihm mit der Rechten eine Ohrfeige, die ihm jede Widerstandsfähigkeit benahm.

»Chaïntkar – Verräter! Was tust du hier?« fuhr ich ihn an. Er konnte allerdings nicht sprechen, und die unverständlichen Töne, die er hervorstieß, waren jedenfalls mehr eine Folge seines Schreckens, als der Absicht, mir sein Tun zu erklären.

»Siehst du dieses Gewehr?« sagte ich. »Wenn du nicht sofort tust, was ich dir befehle, so schieße ich dich nieder! Nimm deine Kelah[58]58
  Lammfellmütze.


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, schöpfe mit ihr Wasser und gieße es auf das niedergetretene Gras, damit es sich rasch wieder aufrichtet. Du wirst mit der Hand nachhelfen!«

Er machte einige widerstrebende oder vielleicht auch entschuldigende Handbewegungen; aber als ich den Stutzen von der Schulter nahm, gehorchte er, ein Auge auf seine Arbeit und das andere auf die Mündung des Gewehres richtend.

»Nun komm,« sagte ich, als er fertig war; »wir wollen einmal nachsehen, was du hier so auffällig zu beäugeln hattest!«

Ich forschte nach den beiden Punkten, auf die sein Blick gefallen war, und bemerkte an zwei, vielleicht zwanzig Fuß auseinander stehenden Büschen je ein kleines Grasbüschel hangen.

»Ah, ein Zeichen! Das wird interessant! Mache dieses Gras herunter und wirf es in den Fluß!«

Er gehorchte.

»So, nun gehen wir zum Lager. Vorwärts! Wenn du zu entfliehen suchst, so trifft dich meine Kugel, oder es zerreißt dich mein Hund!«

Meine Ahnung hatte mich also nicht getäuscht: dieser Mensch war ein Verräter, obgleich die Tatsache erst noch genauer erwiesen werden mußte. Als wir bei den Andern ankamen, ließ ich den Perser durch einen Diener holen.

»Was ist‘s?« fragte er. »Warum hältst du Saduk beim Gewande?«

»Weil er mein Gefangener ist. Er will dich verderben. Du wirst verfolgt, und er verrät deinen Verfolgern unsern Aufenthalt durch Zeichen, die er ihnen gibt. Ich traf ihn, als er das Gras am Ufer des Flusses niedertrat, und an den Büschen hingen Grasbündel als Zeichen, an welcher Stelle man in das Gesträuch dringen müsse, um zu unserm Lager zu gelangen.«

»Das ist unmöglich!«

»Ich sage es! Verhöre ihn, wenn du ihn verstehen kannst!«

Er legte dem Arrestanten eine Menge Fragen vor, konnte aber aus den darauf folgenden Zeichen und Gebärden weiter nichts entnehmen, als daß Saduk gar nicht begreife, was ich von ihm wolle.

»Siehst du, Emir, daß er unschuldig ist!« meinte der Mirza.

»Nun gut, so werde ich an deiner Stelle handeln,« sagte ich. »Ich hoffe, daß es mir gelingt, dich zu überzeugen, daß dieser Mann ein Verräter ist. Hole nun dein Gewehr und folge mir dann. Sage aber vorher deinen Leuten, daß meine Begleiter einen jeden niederschießen werden, der Miene macht, Saduk zu befreien. Sie sind nicht gewohnt, mit sich scherzen zu lassen. Unten am Rande des Busches mag einer bis zu unserer Rückkehr Wache halten, um es den Andern zu melden, falls er das Nahen einer Gefahr bemerkt.«

»Reiten oder gehen wir?« fragte er.

»Wie weit liegt der Ort von hier, wo ihr euer letztes Nachtlager hieltet?«

»Wir sind mehr als sechs Stunden geritten.«

»So können wir ihn heute nicht erreichen. Wir werden gehen.«

Er holte sein Gewehr. Ich gab Halef und dem Engländer die nötigen Instruktionen. Sie banden den Gefangenen und nahmen ihn zwischen sich. Er befand sich in so sicheren Händen, daß ich mich ohne Sorge entfernen konnte.

Wir gingen zunächst talabwärts, dem Flusse zu. Auf der Hälfte dieses kurzen Weges blieb ich überrascht stehen, denn an einer kleinen Blutbuche hing ein ganz eben solches Grasbüschel wie die beiden, die Saduk in den Fluß hatte werfen müssen.

»Halt, Mirza! Was ist das?« sagte ich.

»Gras,« erwiderte er.

»Wächst dies auf den Bäumen?«

»Allah hu! Wer hat es hierher gehängt?«

»Saduk. Komm zwanzig Fuß nach rechts hinüber, wo ich ein zweites Zeichen vermute!«

Er folgte mir, und meine Vermutung bestätigte sich.

»Ist das aber nicht schon vor uns hier gewesen?« fragte der Perser.

»O Hassan Ardschir-Mirza, wie gut ist es, daß nur ich allein deine Worte höre! Siehst du nicht, daß dieses Gras noch grün und frisch ist? Komm vollends herab zum Flusse, wo ich in ganz entsprechender Distanz die ersten Zeichen fand. Dieser Mensch hat ja förmlich einen zwanzig Fuß breiten Weg abgesteckt, der vom Flusse zum Lager führt. Dort wären wir überfallen und getötet worden, ganz wie dein Vater, der Apotheker, der Muschtahed und seine Tochter sterben mußten.«

»Herr, wenn du recht hättest!«

»Ich habe recht. Bist du ein guter Fußgeher, und getraust du dir, den Weg wiederzufinden, auf welchem ihr von eurem letzten Lagerplatze bis hierher gekommen seid?«

Er bejahte beides, und nun schritten wir am Flusse aufwärts und erreichten recht bald die Stelle, an der ich mit den Haddedihn und den andern Gefährten gelagert hatte, ehe wir den Persern zu Hilfe eilten. Wir waren damals aus Nord gekommen; hier aber bog das Flußtal bald nach Osten um, und wir folgten dieser Richtung. Wir hatten die Krümmung bereits hinter uns, als ich rechter Hand eine starke Weide bemerkte, von deren Stamm zwei Rindenstreifen abgeschlitzt waren.

»In welcher Ordnung seid ihr gewöhnlich geritten?« fragte ich.

»Die Frauensänfte in der Mitte, und die Leute, in zwei Hälften geteilt, vor und hinter derselben.«

»Bei welcher Abteilung war Saduk?«

»Stets bei der hinteren. Er blieb oft zurück, denn er liebt die Blumen und Kräuter, die er gern betrachtet.«

»Er blieb zurück, um unbemerkt für deine Verfolger Zeichen zu hinterlassen. Er ist ein großer Schlaukopf!«

»Wo sind Zeichen?«

»Hier an dieser Weide; komm weiter!«

Nach einer Viertelstunde zeigte der Fluß eine fast dreifache Breite gegen früher, und sein infolgedessen seichteres Wasser bildete eine Furt, die sehr leicht zu passieren war. Hier blieb der Mirza stehen und deutete auf eine junge Birke, die kurz unterhalb ihrer Krone abgeknickt war.

»Vielleicht hältst du auch das für ein Zeichen?« sagte er lächelnd.

Ich untersuchte das Bäumchen.

»Allerdings ist es ein Zeichen. Sieh das Stämmchen an, meinetwegen auch die Stämme der anderen Bäume, die in der Nähe stehen; betrachte ferner die Richtung der Höhen hier, und du wirst finden, daß allein der Westen die Windseite dieses Platzes sein kann. Kein Nord-, Süd– oder Ostwind kann hier so stark sein, daß er die Krone dieses schwanken Bäumchens bricht. Und doch ist sie gebrochen, und zwar so, daß sie nach West zeigt. Fällt dir das nicht auf?«

»Allerdings, Emir!«

»Und nun sieh die Bruchfläche an! Sie ist noch hell, sie kann nur aus der Zeit stammen, in der ihr hier vorüberkamt. Auch hatte es in den letzten Tagen keinen Sturm gegeben, der mächtig genug gewesen wäre, diese Knickung hervorzubringen. Die Krone zeigt nach West, die Richtung, die ihr eingeschlagen habt. Komm weiter!«

»Sollen wir schwimmen?«

»Schwimmen? Warum?«

»Wir sind hier über die Furt herübergekommen.«

»Vielleicht ist das Schwimmen gar nicht nötig, denn der Fluß ist seicht. Laß uns hinüberwaten, und du wirst sehen, daß wir genau an der Stelle, an der ihr in das Wasser rittet, wieder Zeichen finden werden.«

Wir banden unsere Kleider in ein Bündel, das wir auf dem Kopfe trugen. Das Wasser ging uns bald nur über die Knie, bald etwas höher; nur einmal erreichte es meine Achseln. Drüben angekommen, mußte sich der Mirza sogleich von der Richtigkeit meiner Vermutung überzeugen, denn es waren mehrere wilde Traubenranken so zusammengebogen und verbunden, daß sie eine Toröffnung versinnbildlichten.

»Hatte hier Saduk Zeit, das zu tun?« fragte ich.

»Ja. Ich besinne mich, daß die Kamele nicht in das Wasser wollten; wir hatten viele Mühe mit ihnen. Saduk ließ sein Pferd zurück, um eines der Kamele hinüberzubringen, und kehrte dann allein und zuletzt zurück, um sein Pferd nachzuholen.«

»Wie schlau! Glaubst du mir noch immer nicht?«

»Emir, ich beginne allerdings, dir beizustimmen. Aber was wird er in der Ebene, wo es nur Gras gab, für Zeichen gemacht haben?«

»Auch das werden wir erfahren. Aus welcher Richtung seid ihr an diese Stelle gekommen?«

»Vom Aufgang der Sonne. Da drüben ist – – o, Emir, was ist das?«

Er deutete nach Ost – ich folgte der Richtung seines Armes und gewahrte eine dunkle Linie, die sich uns in grader Richtung zu nähern schien.

»Sind das Reiter?« fragte der Perser.

»Allerdings. Schnell, wieder über das Wasser hinüber, denn auf dieser Seite gibt es kein Versteck für uns; drüben aber haben wir Felsen und ein dichtes Gebüsch!«

Der Rückmarsch ward rasch ausgeführt, und nun suchten wir uns ein sicheres Versteck, wo wir die Nahenden leicht beobachten konnten. Erst hier fanden wir Zeit, die Kleider wieder anzulegen.

»Wer mögen diese Leute sein?« fragte der Mirza.

»Hm! Jedenfalls ist hier kein Handelsweg; aber die Furt könnte doch auch anderen bekannt sein. Wir müssen eben warten.«

Die Reiter kamen im Schritte näher und erreichten das jenseitige Ufer. Sie waren jetzt so nahe, daß wir die Gesichter zu unterscheiden vermochten.

»Derigh![59]59
  O wehe!


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« flüsterte der Perser. »Es sind persische Truppen!«

»Auf türkischem Boden?« fragte ich zweifelnd.

»Du siehst ja, daß sie die Kleidung der Beduinen tragen!«

»Sind es Ihlats[60]60
  Ihlats werden aus den Wanderstämmen, Milizen aber aus den Bewohnern der Städte rekrutiert.


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oder Milizen?«

»Ihlats. Ich kenne den Anführer; er war mein Untergebener.«

»Was ist er?«

»Es ist der Susbaschi[61]61
  Befehlshaber von 100 Mann = Hauptmann.


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Maktub Agha, der verwegene Sohn von Ejub Khan.«

Wir sahen sehr genau, daß der Anführer die Weinranke scharf betrachtete; dann sprach er zu seinen Leuten, deutete auf die Ranke und führte sein Pferd in das Wasser. Die Anderen folgten.

»Herr,« flüsterte der Perser in tiefer Erregung, »du hattest in allem recht. Diese Leute sind abgeschickt, um mich zu ergreifen. Dort ist auch der Pendschahbaschi[62]62
  Leutnant, Befehlshaber von 50 Mann.


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Omram, der der Bruderssohn von Saduk ist. Allah, wenn sie uns hier träfen! Dein Hund wird uns doch nicht verraten?«

»Nein; er schweigt.«

Die Verfolger zählten dreißig Mann. Ihr Anführer war sichtbar ein wilder, verwegener Gesell. Er hielt an der Birke und lachte.

»Dusad diwwan – tausend Teufel!« rief er. »Komme her, Pendschahbaschi, und sieh, wie gut wir uns auf den Bruder deines Vaters verlassen können. Hier ist ein neues Zeichen. Jetzt geht es am Flusse hinunter. Vorwärts!«

Sie ritten an uns vorüber, ohne uns zu bemerken.

»Nun, Mirza, bist du überzeugt?«

»Vollständig!« antwortete er. »Aber hier ist keine Zeit zum Reden; wir müssen handeln!«

»Handeln? Was? Wir können nichts tun, als ihnen vorsichtig nachfolgen.«

Wir verließen unser Versteck und folgten den Ihlats in der Weise, daß wir für sie unsichtbar blieben. Es war sehr vorteilhaft für uns, daß sie langsam ritten. Nach einer Viertelstunde kamen sie an den Lagerplatz, von dem aus Mohammed Emin in den Tod geritten war. Sie blieben halten, um die Spuren des Lagers zu betrachten.

Wir aber bogen nun rechts in die Gebüsche ein, wo wir so schnell als möglich vorwärts drangen. Die zu durchlaufende Strecke betrug zehn Minuten, aber schon nach fünf Minuten erreichten wir unser Lager, ich schwitzend, und der Mirza heftig keuchend. Ein einziger Blick überzeugte mich, daß alles in Ordnung sei.

»Haltet euch still, es nahen Feinde!« befahl der Perser; dann sprangen wir zwischen die Büsche hindurch den Berg hinab, wo wir den ausgestellten Posten trafen. Wir brauchten hier kaum eine Minute zu warten, so erschienen die Verfolger. Uns gegenüber blieben sie halten.

»Das wäre ein schöner Platz zum Lagern,« meinte der Susbaschi. »Was denkst du, Omram?«

»Der Tag neigt sich zu Ende, Herr,« antwortete der Pendschahbaschi.

»Gut, bleiben wir hier! Wasser und Gras ist da!«

Das hatte ich nun allerdings nicht erwartet. Das war ja gefährlich für uns. Wir hatten zwar sonst alle Spuren vertilgt, aber an dem Platze, wo wir während der ersten Nacht gelagert hatten, war vom Feuer das Gras verzehrt und die Erde geschwärzt worden, und das hatten wir nicht ganz zu verbergen vermocht. Uebrigens bemerkte ich, daß dort, wo Saduk das Gras niedergestampft hatte, sich dasselbe zwar bereits so ziemlich, aber doch nicht ganz erhoben hatte.

»Allah ‚l Allah! Was tun wir?« fragte Ardschir-Mirza.

»Zu dreien sind wir zu viel; wir können leicht entdeckt werden. Einer ist genug, und das will ich sein. Nehmt den Hund mit, geht zum Lager, und macht euch kampfbereit. Wenn ihr diesen Revolver knallen hört, so könnt ihr bleiben; hört ihr aber die Stimme dieses Stutzen, so bin ich in Gefahr, und ihr müßt mir zu Hilfe eilen. Dann mag Hadschi Halef Omar mir meine schwere Büchse mitbringen.«

»Emir, ich kann dich in dieser Gefahr nicht verlassen!«

»Ich bin hier sicherer, als es die Deinigen dort oben sind. Gehe! Du hinderst mich!«

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